Bundestag soll 15 Milliarden für Bundeswehr freigeben – Kritik an Lambrecht

Für den Ankauf eines F-35-Kampfjets und mehr will der Fachausschuss im Bundestag heute Mittel freigeben. Ministerin Lambrecht will damit Kritik begegnen.
Die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht in der Kritik.
Die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht in der Kritik.Foto: Philipp Schulze/dpa
Von 14. Dezember 2022

Am Mittwoch (14.12.) sollen die Fachausschüsse im Bundestag grünes Licht für Rüstungsprojekte der Bundeswehr im Umfang von 15 Milliarden Euro geben. Ein Teil der Mittel werde aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen kommen, das der Modernisierung der Streitkräfte dienen soll. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht will auf diese Weise auch Kritik an ihrer bisherigen Amtsführung kontern.

Ausschüsse geben grünes Licht für Anschaffungen für 15 Milliarden Euro

Der Löwenanteil der Beschaffungsvorlagen von 8,3 Milliarden Euro soll sich auf die erste Tranche zur Anschaffung eines F-35-Kampfjets von US-Hersteller Lockheed Martin beziehen. Wie die „Welt“ berichtet, sollen weitere 1,35 Milliarden dem Ankauf von 20.000 digitalen Funkgeräten dienen. Sie sollen die noch in Gebrauch befindlichen analogen Geräte aus dem Jahr 1982 ersetzen. Für den Erwerb von 140 Überschnee-Kettenfahrzeugen sollen weitere 552 Millionen Euro aus dem Sonderfonds Verwendung finden.

Aus dem regulären Bundeshaushalt sollen darüber hinaus 273 Millionen Euro kommen. Von diesen will man 118.718 neue Sturmgewehre erwerben. Das Blatt vergisst in diesem Kontext nicht, hinzuzufügen, dass es von der Idee bis zur Ausführung der Bestellung zehn Jahre gebraucht habe. Bei einem Sturmgewehr handelt es sich um eine Standardausrüstung für jeden Soldaten.

Die Anschaffungsvorhaben bedürfen der Zustimmung des Ausschusses für Verteidigung und des Haushaltsausschusses. Es geht vorerst lediglich um die Freigabe der Mittel. Bis zur Durchführung der Transaktionen wird weitere Zeit ins Land ziehen. Das Eintreffen des ersten F-35-Kampfjets für die Bundeswehr wird erst für 2026 erwartet.

Lambrecht fordert für 2023 Aufstockung des Sondervermögens

Ministerin Lambrecht deutet einem Bericht des „t-online“-Portals zufolge an, dass es mit dem im Frühjahr abgesegneten 100-Milliarden-Sondervermögen nicht sein Bewenden haben könne. Um es der Bundeswehr zu ermöglichen, zumindest ihre Verpflichtungen innerhalb der NATO zu erfüllen, bräuchte sie bereits im kommenden Jahr weitere Mittel.

Ein vertraulicher Bericht des Bundesverteidigungsministeriums, aus dem der „Spiegel“ zitiert, sei die Einsatzbereitschaft auch dort „teilweise mit Einschränkungen“ vorhanden. So soll es bezüglich der „Battle Group“ in Litauen an Artilleriekräften und Vollständigkeit im Bereich der Luftverteidigung fehlen.

Selbst abhörsichere Digitalfunkgeräte seien auf deutscher Seite dort nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Dies beeinträchtige die eigenen Positionen mit Blick auf die Verstärkung der Ostflanke und die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe.

„Nur Deutschen zur Kenntnis“

Die „Welt“ argwöhnt, dass selbst dieses Papier aus dem Ministerium von Lambrecht nicht das volle Ausmaß der Mängel in der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr abbildet. Die Rede im Bericht sei nämlich lediglich von den kleinen Kontingenten in Litauen oder der Slowakei sowie in den Auslandseinsätzen in Afrika oder dem Irak. Bereits dort ist die grüne Ampel mit Blick auf die Einsatzfähigkeit schon mit stellenweisen Anmerkungen verbunden.

In der Kerntruppe könnte sich die Lage jedoch noch dramatischer darstellen. Dass man nach Kriegsbeginn im Februar aus den eigenen Beständen noch Waffensysteme, Munition und Ersatzteile an die Ukraine abgegeben hatte, wirkte sich aus. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der NATO zugesagt, ab 2025 eine voll ausgerüstete Heeresdivision, 65 Flugzeuge und 20 Schiffe bereitzuhalten. Es erscheine „illusorisch“, so die „Welt“, dieses Versprechen zu erfüllen. Ministerin Lambrecht versuche dies „bestmöglich zu verschleiern“.

In der am Dienstag versandten „Unterrichtung des Parlaments über die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte“ seien keine Prozentzahlen mehr angegeben. Dies sei eine weitere Einschränkung gegenüber der bisherigen Praxis bei der Übermittlung des „Berichts zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“. Die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte diesen 2015 ins Leben gerufen.

Stattdessen soll der Bericht ein „Gesamtbild“ zeichnen, das auch Personallage und Ausbildungsstand berücksichtige. Am Dienstag ging das Papier mit dem Vermerk „VS – Nur für den Dienstgebrauch – Nur Deutschen zur Kenntnis“ an alle Abgeordneten.

Beunruhigende Andeutungen am Ende des Berichts

„Welt“-Korrespondent Thorsten Jungholt spricht von Unmut in der Truppe selbst, aber auch in der Ampel, über Lambrecht und ihre Amtsführung. Sie habe es „nicht geschafft, auch nur eine Bestellung aufzugeben“, so sein Fazit.

Sogar aus dem „geschönten“ Bericht gehe aus Ausführungen an dessen Ende hervor, dass es um die Einsatzbereitschaft noch schlechter bestellt sein könnte als befürchtet. Die militärischen Zuwendungen an die Ukraine hätten „zu weiteren Einschnitten der Einsatzbereitschaft geführt“. Es sei damit zu rechnen, dass die „unterhalb der Sollvorgaben liegende Verfügbarkeit“ die Ausbildung beeinträchtige.

Auch Marine, Luftwaffe, Sanität und Streitkräftebasis klagen über Defizite an Ressourcen, Material und Personal. Am Ende des Berichts heißt es:

Für den Kernauftrag der Bundeswehr, Landes- und Bündnisverteidigung, muss die Einsatzbereitschaft wieder für die gesamten Streitkräfte hergestellt werden.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass diese nicht im erforderlichen Maße vorhanden sei.

Lambrecht schafft zweite Stabsstelle zur Kommunikation ihrer Errungenschaften

Die Ministerin reagiert angesichts der Situation auf ihre Weise. Lambrecht installiert zusätzlich zum bereits vorhandenen „Stab Informationsarbeit“ noch einen „Beauftragten Politische Beratung für Grundsatzangelegenheiten und Kommunikation“.

Am Mittwoch wendet sie sich zudem zusammen mit Generalinspekteur Eberhard Zorn in einem sogenannten Doppelkopf-Tagesbefehl schriftlich an ihre Soldaten. In der Mitteilung streicht sie ihre Verdienste als Waffeneinkäuferin heraus.

Das Narrativ ist damit gesetzt: Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht versorgt nach Jahren des Kaputtsparens als Erste die Truppe wieder mit modernen Waffen und Gerätschaften. Dies solle schwerer wiegen als allzu detaillierte Angaben im Bericht über die Einsatzfähigkeit.

(Mit Material von AFP)



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