CDU eingeklemmt zwischen linker Regierung und einer AfD bei 34 Prozent

Laut einer aktuellen Umfrage ist die AfD in Thüringen im Moment die stärkste Kraft. Das würde eine Regierungsbildung schwierig machen. Vor allem für die CDU ist das eine problematische Situation: Im Moment wird sie zwischen Linkspartei und AfD zerrieben. Für Profilierung bleibt ihr nahezu kein Raum.
Mario Voigt hat alle Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren zurückgewiesen.
CDU-Landeschef Mario Voigt versucht sich gegen rechts abzugrenzen, die linke Regierung zu stützen und gleichzeitig mit der Partei ein Profil zu entwickeln. Eine Quadratur des Kreises.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 6. Juli 2023

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Wenn am Sonntag in Thüringen Landtagswahl wäre, dann wäre eine Regierungsbildung mehr als schwierig. Nach einer aktuellen Umfrage von Infratest-dimap wäre die AfD mit Abstand die stärkste Partei im Freistaat – deutlich vor der Linkspartei, die mit Bodo Ramelow im Moment den Ministerpräsidenten stellt, und der CDU.

Wie das Meinungsforschungsinstitut im Auftrag von „MDR-Thüringen“ ermittelte, würden 34 Prozent der Thüringer der AfD ihre Stimme geben. Weit abgeschlagen liegt die CDU mit 21 Prozent. Die regierende Linkspartei würde auf 20 Prozent kommen, die SPD läge laut Umfrage bei zehn Prozent. Die Grünen könnten sich mit knapp fünf Prozent Hoffnungen machen, wieder in den Landtag einzuziehen, während es die FDP nach jetzigem Stand mit vier Prozent nicht mehr schaffen würde.

Regierungskoalitionen gegen AfD kaum möglich

Die Regierungsbildung unter solchen Verhältnissen würden sich äußerst schwierig gestalten. Weder die jetzige rot-rot-grüne Regierung noch eine andere, derzeit in Deutschland koalierende Konstellation könnten eine Mehrheit auf sich vereinigen. Derzeit fehlt vielen Beobachtern die Fantasie, wie es gelingen kann, Thüringen wieder regierbar zu machen. Vor allem im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin dürfte man sehr genau auf Thüringen und die Umfragewerte schauen. Kein anderes Bundesland zeigt die Hilflosigkeit der Christdemokraten deutlicher auf als die Zustände in Thüringen: Einst war die CDU die dominierende Kraft im Freistaat. Nun droht sie zwischen der AfD und der linken Regierung zerdrückt zu werden.

Es war Friedrich Merz, der kurz nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden seinen Parteifreunden im Osten die deutliche Ansage machte, dass jedem Parteimitglied ein Ausschluss drohe, wenn es die Hand zur Zusammenarbeit mit der AfD heben würde. „Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben“, sagte Merz damals im Interview mit dem „Spiegel“.

Wie das in der Praxis aussehen soll, gerade wenn gegen die AfD nicht regiert werden kann, das sagte Merz damals nicht. Spätestens jetzt, wo sich die AfD scheinbar auf dem Weg zu einer Volkspartei im Osten befindet, dürfte manchem Parteistrategen in Berlin dämmern, dass die CDU im Moment die Quadratur des Kreises versucht: Sich nach rechts abzugrenzen, trotzdem ein eigenes Profil zu bewahren und parlamentarisch in die Offensive zu kommen – das gelingt der CDU immer schlechter. Hier liegt das Problem der CDU in Thüringen. Schon heute müssen die Christdemokraten, um das Bundesland regierbar zu halten, die Minderheitsregierung aus Linke, Grüne und SPD stützen. Für die eigene Profilierung bleibt da so gut wie kein Raum. Im Gegenteil: Die CDU musste aus „Staatsräson“, weil anders keine Mehrheit gegen die AfD zu organisieren ist, in Thüringen jetzt schon manche Kröte schlucken. Das verärgert auch die eigene Wählerschaft und sie geht der CDU, die in Thüringen auch schon mit absoluter Mehrheit regiert hat, nach und nach von der Fahne.

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CDU stützt linke Regierung

Dass die thüringischen Verhältnisse nicht nur ein Problem der Landes-CDU sind, das musste 2020 auch bitter die damalige CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erfahren. Im Februar wurde überraschend der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Kemmerich mit den Stimmen von AfD und CDU zum thüringischen Ministerpräsidenten gewählt. Die Republik bebte an diesem Tag. Selbst die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich damals am Rande ihrer Reise nach Südafrika zu Wort. Der Vorgang sei nicht hinnehmbar und müsse umgehend rückgängig gemacht werden, gab die Kanzlerin die Richtung vor.

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer sah das wie die Kanzlerin und führte einen Beschluss des Parteivorstandes herbei, der sich in Thüringen für Neuwahlen aussprach. Der thüringische CDU-Landesverband sah das anfangs völlig anders: Man kann die Wähler nicht so lange wählen lassen, bis das Ergebnis passt. Kramp-Karrenbauer gab wenig später auf und trat vom Parteivorsitz zurück.

Die CDU-Thüringen einigte sich dann am Ende doch mit der linken Minderheitsregierung auf vorgezogene Neuwahlen im Herbst 2021. Die Christdemokraten wählten, nachdem FDP-Politiker Kemmerich als Ministerpräsident zurückgetreten war, Bodo Ramelow von den Linken zum Ministerpräsidenten. Zu einer Neuwahl kam es nicht: Abgeordnete der Linken und der CDU hatten damals angekündigt, nicht für eine Auflösung des Landtages zu stimmen. Eine Abstimmung zur Auflösung des Landtages gab es dann bis heute nicht: Zu groß erschien den Linken und den Grünen damals die Gefahr, dass der Antrag nur mit AfD-Stimmen eine Mehrheit finden könnte.

AfD profitiert vom Dilemma der anderen Parteien

Im kommenden Jahr soll nun regulär ein neuer Landtag gewählt werden. Der gordische Knoten in Thüringen im Hinblick auf die AfD konnte bisher von den anderen Parteien nicht durchschlagen werden. Die neueste Wahlumfrage zeigt es: Die AfD profitiert vom Dilemma der anderen Parteien.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) führt zwar mit 52 Prozent die Zufriedenheitsliste seiner Arbeit im Bundesland Thüringen an. Trotzdem sind aktuell nur 37 Prozent der Befragten mit der Arbeit seiner Landesregierung zufrieden. Das sind drei Prozentpunkte weniger als noch vor einem Jahr und der schlechteste Wert, den Infratest dimap jemals für Rot-Rot-Grün ermittelt hat.

Auf dem zweiten Platz in der thüringischen Zufriedenheitsskala folgt Thomas Kemmerich (FDP) mit 21 Prozent. Zwar konnte der FDP-Mann noch einmal zwei Punkte im Vergleich zum letzten Jahr zulegen – seine Partei wollen die Wählerinnen und Wähler dann aber doch nicht im Landtag vertreten sehen. Auf Platz drei folgt mit 19 Prozent AfD-Chef Björn Höcke, drei Prozent mehr als im letzten Jahr. SPD-Chef und Innenminister Georg Maier landet mit 17 Prozent auf Platz vier und verlor im Jahresvergleich drei Prozentpunkte. Unverändert bleibt CDU-Fraktionschef Mario Voigt, mit 15 Prozent Zufriedenheit mit seiner Arbeit am Ende der Skala. Schlusslicht bildet der neue grüne Umweltminister Bernhard Stengele. Nur sechs Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit zufrieden.

Was die Regierungskoalition betrifft, so haben die Thüringer offenbar klare Präferenzen. 31 Prozent sprachen sich für ein Bündnis von AfD und CDU aus. Während 78 Prozent der AfD-Anhänger und Anhängerinnen für ein AfD-CDU-Bündnis sind, sind es bei den CDU-Anhängern nur 13 Prozent. Jeweils 27 Prozent der Befragten sprechen sich für eine Neuauflage von Rot-Rot-Grün oder eine Koalition aus CDU, SPD und FDP aus.

Dass eine Mehrheit ein Bündnis zwischen AfD und CDU präferieren, erleichtert die Lage für die Christdemokraten nicht. Je näher die Wahl rückt, desto mehr muss die CDU als bürgerliche Opposition im Landtag ihr Profil schärfen, wenn sie am Ende nicht untergehen möchte. Das geht nicht nur in Abgrenzung zur AfD. Die CDU wird sich auch von der Minderheitsregierung in Thüringen absetzen müssen.

Rütteln an der Brandmauer, ohne sie zu durchstoßen

Der CDU-Fraktionschef Voigt weiß um die schwierige Lage seiner Partei. Immer wieder drohte die AfD in der Vergangenheit Anträgen der CDU zustimmen, so zuletzt bei der Frage von Abständen bei den Windrädern. Die Minderheitsregierung warf der CDU daraufhin vor, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Zwar einigte man sich in letzter Minute auf einen Kompromiss, die Verärgerung der CDU war aber damals deutlich zu spüren. Vor ungebetener Zustimmung seitens der AfD sei man nie sicher, schrieb Mario Voigt Anfang Juni in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Die Folge könne nicht sein, dass die CDU deswegen keine eigenen Vorhaben mehr einbringen könne: „Wenn ein Extremist die Position eines Demokraten übernimmt, wird aus ihm kein Demokrat. Aber umgekehrt wird aus dem Demokraten deswegen auch kein Extremist.“, schreibt der CDU-Fraktionschef. Das klingt, als wenn der CDU-Chef versucht, an der Brandmauer zu rütteln, ohne sie aber zu durchstoßen.

Die Lage im thüringischen Landtag sei, wie sie sei, sagt Voigt. Bis zu den nächsten Wahlen müssten alle Demokraten damit verantwortungsbewusst umgehen und gesprächsfähig bleiben. Gemeint ist: Die Minderheitsregierung unter Führung der Linkspartei muss sich im Zweifelsfall auch bewegen, nicht nur die CDU. Schließlich hatte diese trotz Bauchschmerzen deren Haushalten zugestimmt.

Voigt wirft den linken Parteien Verlogenheit vor: „In meinem Heimatlandkreis stimmen Linke, SPD und Grüne mit der AfD Anträge gegen den CDU-Landrat ab, oder bei jetzigen Bürgermeisterwahlen unterstützen AfD und SPD einen Kandidaten gegen die CDU-Bewerberin.“, schreibt der CDU-Politiker.

Der CDU-Fraktionschef betont aber auch die Abgrenzung zur AfD, mit der es im Landtag keine Zusammenarbeit geben dürfe. „Die Brandmauer nach rechts steht“, so Voigt. „Dafür stehe ich ganz persönlich.“ Die AfD unter Höckes Führung stehe schließlich für einen Kurs des nationalen Sozialismus.

Der Gastbeitrag gibt die Richtung der CDU in den kommenden Monaten vor: Bis zur Wahl 2024 wird sich die CDU in Thüringen immer wieder winden müssen. Auf dem Weg wird vermutlich noch mancher Kompromiss liegen, der den Christdemokraten Bauchschmerzen bereiten dürfte. Ob die Wähler das honorieren, bleibt abzuwarten. Bisher bildet sich das in Umfragewerten jedenfalls nicht ab. Die Bundes-CDU wird daher vermutlich weiter nervös nach Thüringen schauen.



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