„Festung Europa“ und nationale Souveränität: AfD-Kandidaten für Europawahl stellen sich vor

Ablehnung des Green Deal und links-grüner Deindustrialisierungsbestrebungen, die Ablehnung der Gender- und LGBTQI-Bewegung sowie das Unabhängigmachen von den USA – die AfD-Bewerber für die Europawahl 2024 stellen sich am Sonntag in Magdeburg in Kurzreden vor. Dabei zeichnen sich mehrere Kernpunkte ab.
Der Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah (l.) auf der Bühne mit den AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel.
Der Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah (l.) auf der Bühne mit den AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 30. Juli 2023

Europa zu einer „Festung“ gegen illegale Migration zu machen, die nationale Souveränität Deutschlands wiederzuerlangen und dabei das Land in einen europäischen Staatenbund einzubetten, waren zusammenfassend Kernpunkte in den Reden der AfD-Bewerber um einen Listenplatz für die Europawahl 2024.

Zudem wurden die Ablehnung des Green Deal und links-grüner Deindustrialisierungsbestrebungen, die Ablehnung der Gender- und LGBTQI-Bewegung sowie das Unabhängigmachen von den USA in den Reden mehrfach angesprochen.

Zum Ende des zweiten Tages der Eurowahlversammlung der AfD in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts stehen acht von angestrebten 30 Kandidaten für die EU-Wahl fest. Die Wahl der Kandidaten wurde dabei vorgezogen, noch vor der Abstimmung des Europawahlparteiprogramms. Somit will man sichergehen, dass zum Ende eine unanfechtbare Kandidatenliste steht.

Spitzenkandidat wurde gestern mit 65,7 Prozent Zustimmung der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah. Er ist seit 2022 Mitglied im Bundesvorstand der AfD.

Platz zwei sicherte sich der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. In seiner Bewerbungsrede sprach er sich gegen die „Globalisten“ aus und warnte vor einer drohenden Bargeldabschaffung. Er sagte: „Das Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten, das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere Religion, ja, unsere Heimat.“

Aust: Europäische Zivilisation durch „Masseneinwanderung“ in Gefahr

Auf dem dritten Listenplatz folgt der Thüringer Landtagsabgeordnete René Aust. Als Kandidat wurde er vorgeschlagen von Björn Höcke, dem Vorsitzenden des Thüringer Landesverbands. Aust sagte, die europäische Zivilisation sei durch „Masseneinwanderung“ in Gefahr. Er erhielt 67,8 Prozent Zustimmung.

Die viral bekannt gewordene Europaabgeordnete Christine Anderson sicherte sich Platz vier. Sie sprach sich für einen sofortigen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union aus.

Platz fünf ging an Alexander Jungbluth aus Rheinland-Pfalz, der die „Multikulti“-Politik der EU kritisierte. Er gehört zur „jungen Garde“ der AfD. Im Mai hatte er bundesweit auf sich aufmerksam gemacht, als er äußerte: „Wir wollen nicht, dass überall in Europa Dönerbuden stehen und Shisha-Bars.“ Das passe nicht zur deutschen Kultur. Auch in Magdeburg sprach er sich gegen Multikulti aus. Er rief den Delegierten zu: „Deutschland zuerst.“

Das weitere Aufstellungsverfahren gestaltete sich im Verlauf des Sonnabends zäh. Mehrfach erhielten die Bewerber nicht die erforderliche Mehrheit, sodass für einzelne Plätze mehrere Wahlgänge notwendig waren.

Am Sonntag meldete sich daher Tino Chrupalla in einer Tageseröffnungsrede zu Wort und kritisierte die vielen Nein-Stimmen gegenüber den Bewerbern für einen Europawahl-Listenplatz. Er bat die Parteimitglieder um mehr Zurückhaltung.

Lobende Worte für Orbán und den Weg Ungarns

Positive Worte fanden die Bewerber für die ungarische Migrations- und Familienpolitik von Viktor Orban und seiner Regierung. Der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Marc Jongen setzte sich im Wettbewerb um den sechsten Platz durch. Er begründete seinen Wunsch, ins Europäische Parlament zu wechseln, auch damit, dass es ihn „in die heiße Zone des Kulturkampfs“ gegen links-grüne Ideologen ziehe. Jongen sagte, Orbán wolle in Europa für Ordnung sorgen. Das sei nicht extremistisch. Er forderte ein Referendum über den Verbleib in der EU: Das Volk müsse gefragt werden: „Bringen wir diesen korrupten Laden zum Einsturz?“

Auf Platz sieben der Liste ist der bayerische Europaparlamentsabgeordnete Markus Buchheit gesetzt. Der Politologe und Rechtswissenschaftler, der sich in jungen Jahren in der Jungen Union und CSU engagierte, bevor er 2016 der AfD beitrat, richtete sich in seiner Rede gegen eine Entmachtung des Bundesparlaments oder der Landesparlamente durch supranationale Organisationen wie die WHO, UNO und EU. Er will sich für das Recht auf Heimat einsetzen und zur Professionalisierung der Partei beitragen. „Wir haben große Visionen, wo es mit unserem Land hingehen soll.“

„Fehlender Wille zur Selbstbehauptung“

Prof. Dr. Hans Neuhoff folgt dann auf Listenplatz acht. Der Musikwissenschaftler sowie habilitierter Kultursoziologe, tätig als Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, erklärte in seiner Bewerbungsrede, dass Deutschland und seine europäischen Partner sich in einer Zeit der Entstehung einer neuen Weltordnung entscheiden, ob sie dabei zum Objekt fremder Interessen werden oder ob sie dieses Geschehen aktiv mitgestalten wollen.

„Doch Europa ist nicht bereit dafür, seine Regierungen gleichen Schlafwandlern, die meinen, der Rest der Welt habe sich nach unserem Bilde zu formen.“ Er will sich gegen das Programm der politischen Korrektheit stellen, gegen den wirtschaftlichen Niedergang und einen fehlenden Willen zur Selbstbehauptung.

Das Stadtratsmitglied in Bonn, Sprecher des AfD-Kreisverbandes Bonn und Mitglied im Bundesfachausschuss Außenpolitik sowie in der Bundesprogrammkommission der AfD, will Europa gegen die Versorgungszuwanderung schützen. „Ein offenes Europa, ein offenes Deutschland schafft sich selber ab. Schluss mit dem Irrsinn.“ Ungarn und Orbán hätten gezeigt, man brauche eine Festung Europas. „Das Problem lässt sich nur lösen, wenn Grenzen wieder Grenzen sind.“ Und er fordert, dass die europäischen Staaten wieder fähig sind, sich selbst auch militärisch zu schützen. Deutschland hätte sich in eine geostrategische Auseinandersetzung hereinziehen lassen, „die nicht in unserem Interesse liegt“.

Bewerberin fordert „millionenfache Remigration“

Die Bewerberin Irmhild Boßdorf ist auf Platz neun der Europawahlliste gesetzt. Sie warb mit einem Schlagwort der Identitären Bewegung (IB) erfolgreich um Stimmen. Die Politikerin aus Nordrhein-Westfalen forderte in ihrer Rede eine „millionenfache Remigration“ (Rückkehr ins Herkunftsland) und sagte, eher als den „menschengemachten Klimawandel“ sollten die Deutschen den „menschengemachten Bevölkerungswandel“ fürchten. Die fünffache Mutter will sich ebenso gegen die LGBTQI-Bewegung stellen.

Europawahlversammlung wird unterbrochen

Am Abend solle die Europawahlversammlung unterbrochen werden. Fortgesetzt werden soll die Kandidatenaufstellung in Magdeburg am kommenden Freitag. Das Wahlprogramm soll erst nach der Listenaufstellung beschlossen werden.

Möglich ist auch, dass das Programm erst bei einer zusätzlichen Versammlung diskutiert wird, die spätestens im Januar stattfinden müsste. Erst dann wird feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische Union radikal zu reformieren, sodass wieder mehr Entscheidungen national getroffen werden können. Es könnte sich aber auch das „Dexit“-Lager durchsetzen, das einen Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Haltung zur NATO sein.

(Mit Material von dpa und afp)



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