Flutgebiet: Anlaufstelle der freiwilligen Helfer in der Schule Ahrweiler geräumt – Arzt ist fassungslos

Das Hilfszentrum der ersten Stunde in der Aloisisusschule in Bad Neuenahr wurde am Mittwochabend geräumt. Die Helfer fordern Aufklärung, was mit den Sachspenden, die dort gelagert wurden, geschehen ist.
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Unwetterschäden in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz).Foto: CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images
Epoch Times29. Juli 2021

In Bad Neuenahr wurde am 28. Juli um 19 Uhr die Hilfsstation für Flutopfer in der Aloisisusschule auf Antrag der Stadtverwaltung geräumt. Grund sei das Vorhaben, die Schule zu sanieren, wie die Lokalpresse von Hamm schreibt. Die dort gelagerten Hilfsgüter sollten vom Koordinationsteam vor Ort abgeholt werden, sonst würden sie vernichtet.

Harald Jäschke, Geschäftsführer eines Logistikbetriebes, hatte mehr als 300 Tonnen Hilfsgüter aus Hamm und umliegenden Orten gesammelt und sie in das Hilfszentrum gebracht. Er sagt in der Ortspresse:

„Das ist ein Riesendrama. Die werden dann wahrscheinlich abreisen, mit allem was sie mitgebracht haben, Bulldozer, Lader, Bagger, Stromaggregate. Das wird uns alles verloren gehen durch diese politische Entscheidung.“ Auch für die Helfer würde die Unterkunft fehlen. Die Sporthalle hätten diese erst nutzbar gemacht.

Die Organisatoren und Koordinatoren der Helfer suchen nun dringend einen neuen Standort in der Umgebung, um weiterarbeiten zu können. Nach Angaben des Geschäftsführers Jäschke habe sich auch das THW dagegen ausgesprochen, das Hilfszentrum in der Schule zu räumen, weil es dort eine Krankenstation mit ausgebildeten Ärzten gebe. Viele Helfer reisten ab oder arbeiten nun in anderen Hilfsprojekten vor Ort weiter.

Dr. Lengies war Augenzeuge der Räumung

In der Schule war nicht nur ein Lager für Hilfsgüter entstanden, sondern auch Übernachtungsplätze für Helfer und eine kostenlose Essenausgabe mit bis zu 1.000 Essen täglich – bis die Stadt den 70 Helfern vor Ort die Räumung in vier Stunden zu 19 Uhr schriftlich per Verfügung und unter Strafandrohung ankündigte.

Dr. med. Harald Lengies, niedergelassener Arzt (Chirurg und Psychotherapeut), der am 28. Juli vor Ort in Ahrweiler war, berichtete als Augenzeuge von der Räumung. Er war ursprünglich gekommen, um in psychotherapeutischer Hinsicht zu helfen, nachdem er von zwei Flutopfern erfuhr, die Suizid begangen hatten. Zudem übernahm er chirurgische und andere medizinische Arbeiten.

Für ihn als Mediziner war die Ankündigung unglaublich. In der Grundschule befanden sich neben der medizinischen Unterstützung viele Sachspenden, diese Sachen wurden konfisziert und abgefahren. Er sagt in einem Video, die Menschen hätten nun keine Anlaufstelle mehr, sowohl die Einwohner der Stadt als auch die Helfer.

Herr Wiemer, Vertreter der Stadtverwaltung von Bad Neuenahr-Ahrweiler, forderte die Räumung gemäß § 985 BGB. Gegenüber einem Helfer habe dieser erklärt, dass die Technik eingelagert werde, Sachspenden und anderes würde entsorgt. Die Polizei Koblenz setzte den Beschluss durch, auch Security war vor Ort, so der Videobericht des Arztes.

Die Helfer vor Ort waren irritiert und fassungslos, unter ihnen vereinzelte aus der Querdenker-Szene, wodurch die freiwilligen Helfer per se in die Kritik gezogen wurden. Sie fordern aufzuklären, was mit den Sachspenden geschehen ist.

Zeugen zufolge fuhren auch weiße Transporter vor, die Plünderern zugeordnet wurden, wie Epoch Times im Gespräch mit Helfern erfahren hat. Ein Rettungssanitäter und ein Seelsorger, die zwischen 19:30 und 20:30 Uhr ihre eigenen Sachen aus der Schule holen wollten, bezeugen, dass sich zu dieser Zeit in der Schule Menschen befanden, die sich an den zurückgelassenen Dingen bedienten und ihrer Sprache nach osteuropäisch klangen.

Ärzte beklagen massive Mängel bei medizinischer Grundversorgung

Gleichzeitig beklagen Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst nach der Flutkatastrophe massive Mängel bei der medizinischen Grundversorgung der Menschen in den Hochwasserregionen. Die Gesundheit der Bevölkerung in den Katastrophengebieten sei „massiv bedroht, weil die Infrastruktur nicht funktioniert“, erklärt Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die Situation sei „nach wie vor erschreckend“.

In den betroffenen Regionen herrsche Seuchengefahr. In einigen der betroffenen Orte seien Krankenhäuser und Arztpraxen von den Wassermassen zerstört worden. Durch die Fluten müssten viele Menschen ohne dringend benötigte Medikamente auskommen.

Besonders bei Menschen mit Krankheiten wie Diabetes oder Herzleiden sei die mangelnde medizinische Versorgung ein großes Problem. „Es ist davon auszugehen, dass sie keinerlei medizinische Versorgung haben“, sagte Teichert, die bis 2012 das Gesundheitsamt im flutbetroffenen Landkreis Ahrweiler leitete.

Eine zentrale Aufgabe sei es jetzt, mobile Arzteinheiten zu organisieren und in die Ortschaften zu bringen. Zwar gebe es etwa in Ahrweiler ein provisorisches Zelt für die medizinische Versorgung, Menschen aus anderen betroffenen Dörfern gelangten aber nicht dorthin. „Daher gibt es jetzt ehrenamtliche Initiativen von Ärzten und Pflegekräften, die mit Rucksäcken von Haus zu Haus gehen“, sagte Teichert. (ks)

(Mit Material von dts)



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