Stephan Weil zur Hochwasserlage: „Die Lage ist kritisch, aber stabil“

Nach dem Dauerregen bleibt die Hochwasserlage teilweise weiter kritisch. Vor allem Niedersachsen ist betroffen.
Land unter in Mainz: Das durch Regen und Tauwetter entstandene Hochwasser am Rhein hat vielerorts seinen Höchststand erreicht.
Land unter in Mainz: Das durch Regen und Tauwetter entstandene Hochwasser am Rhein hat vielerorts seinen Höchststand erreicht.Foto: Andreas Arnold/dpa
Epoch Times29. Dezember 2023

Nach tagelangen Dauerregenfällen bleibt die Hochwasserlage in Teilen Deutschlands weiterhin kritisch. Im besonders stark betroffenen Niedersachsen mussten Rettungskräfte dabei auch Menschen retten sowie Siedlungen und Straßenzüge evakuieren. Vor allem an Aller, Leine und Weser ist die Lage angespannt.

Insbesondere in Winsen und Flotwedel an der Aller sowie in der Gemeinde Lilienthal an den Flüssen Wörpe und Wümme waren zahlreiche Hilfskräfte rund um die Uhr im Dauereinsatz. Andernorts entspannte sich die Lage indessen, so fielen die Pegel in Halle an der Saale inzwischen.

Der Deutsche Wetterdienst sagte für heute zum Teil ergiebigen Regen an: „In Staulagen des Bergischen Landes, des Siegerlandes und des Rothaargebirges sowie des Harzes ist Dauerregen mit Mengen von 30 bis 40 l/qm in 24 Stunden gering wahrscheinlich.“ Es sei zudem mit Gewittern zu rechnen. 

Innenministerin: Fast ganz Niedersachsen stehe unter Wasser

„Wir haben eine sehr, sehr angespannte Lage“, sagte die Innenministerin des Bundeslands, Daniela Behrens (SPD), am Freitag im „Deutschlandfunk“. Fast ganz Niedersachsen stehe unter Wasser.

Es sei „wirklich noch keine Entspannung in Sicht“, ergänzte die SPD-Politikerin. Der Wetterprognose zufolge werde es in den nächsten Tage weiter Regen geben, zudem Sturm. Das entspanne die Lage nicht, sondern „verschärft sie an der einen oder anderen Stelle noch“.

300 Anwohner seit Mittwoch evakuiert

„Die Lage ist kritisch, aber stabil“, erklärte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) am Donnerstag nach einem Besuch im Hochwassergebiet in der Gemeinde Hodenhagen.

Es gebe entlang der niedersächsischen Flüsse momentan zwar noch keine nennenswerte Entlastung, aber auch „keinen extremen weiteren Zulauf“. Der Druck auf die Deiche halte vorerst weiter an. Landesweit seien über 100.000 Menschen im Hochwassereinsatz, fügte der Ministerpräsident an.

In Winsen an der Aller wurden am Mittwochabend wegen der Hochwassergefahr 300 Anwohner evakuiert, wie der Landkreis Celle mitteilte. In zwei Siedlungen stand das Wasser demnach bis zu einem halben Meter hoch auf den Straßen, weshalb die Gefahr von Stromschlägen bestand.

Im ebenfalls im Landkreis Celle gelegenen Flotwedel hielten Einsatzkräfte demnach zwei Ortschaften mit Hochleistungspumpen „möglichst“ wasserfrei, hieß es weiter.

Nach Angaben des Landkreises verbauten die durch Einsatzkräfte aus anderen Regionen massiv unterstützten Helfer dort zudem bereits mehr als 150.000 Sandsäcke und ein 1750 Meter langes mobiles Deichsystem. Es bestand die Sorge vor einem Deichbruch, die Evakuierung von Altenheimen war schon vorbereitet.

Der Main in Frankfurt am Main, am 28. Dezember 2023. Foto: KIRILL KUDRYAVTSEV/AFP via Getty Images

In Lilienthal bei Bremen wurden mehrere Straßenzüge im Bereich eines inzwischen völlig durchgeweichten Deichs evakuiert, wie die Gemeinde am 28. Dezember mitteilte. Aufgrund der aktuellen Witterungsverhältnisse sei mit einer kurzfristigen Entspannung nicht zu rechnen. Die Hochwassersituation werde voraussichtlich noch einige Tage angespannt bleiben, fügte sie hinzu.

Die Stadtverwaltung verbot mithilfe einer Allgemeinverfügung das Abbrennen von Feuerwerk an Silvester und Neujahr – um die Einsatzkräfte vor zusätzlichen Einsätzen zu schützen.

Nicht ins Wasser fahren

Mehrfach mussten Einsatzkräfte auch Menschen aus dem Hochwasser retten. In Hannover stürzte ein 75-jähriger Radfahrer auf einer überfluteten Straße und wurde in einen Wald getrieben, wie die Feuerwehr am Mittwochabend mitteilte.

Demnach wurde der Mann vom Wasser der über die Ufer getretenen Leine erfasst und hielt sich an einem Ast fest, wo er mit seinem Mobiltelefon den Notruf wählte. Weil Einsatzkräfte ihn zunächst nicht lokalisieren konnten, wurde das Gebiet im Stadtteil Döhren mit zwei Drohnen abgesucht. Spezialkräfte der Wasserrettung mit Schutzanzügen und Sicherheitsleinen holten ihn aus dem Wald. Laut Feuerwehr hatte der Fahrradfahrer eine Absperrung ignoriert.

Ein mit zwei Menschen vermisstes Kanu meldete die Polizei Hannover. Dies sei im Hochwassergebiet des Flusses Leine entdeckt, dann aber nicht mehr gesehen worden. Die Feuerwehr leitete Suchmaßnahmen an, welche allerdings erfolglos blieben.

Im niedersächsischen Lauenbrück geriet ein 84-jähriger Autofahrer mit seinem Wagen ins Hochwasser der Wümme und blieb dort stecken. Ein Zeuge haben den „offensichtlich orientierungslosen“ Senioren am Mittwochnachmittag in seinem in knietiefen Wasser stehenden Kleinwagen entdeckt, teilte die Polizei in Rotenburg an der Wümme am Donnerstag mit. Gemeinsam mit zur Hilfe gerufenen Polizisten befreite er den Mann. Dieser sei bereits stark unterkühlt gewesen.

Einsätze in anderen Bundesländern

Außer Niedersachsen waren auch Teile Bremens, Nordrhein-Westfalens sowie Thüringens, Sachsens und Sachsen-Anhalts von Hochwasser betroffen.

Viele Einsatzkräfte von Feuerwehr und anderen Organisationen wie dem Technischen Hilfswerk (THW) waren im Einsatz, um Deiche zu sichern und Wasser abzupumpen.

Sandsäcke sichern einen Deich an der Ahse bei Hamm. Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

Bei Hamm in Nordrhein-Westfalen sicherten Einsatzkräfte einen Deich an der Lippe mit tausenden Sandsäcken.

Im Alarmzustand waren die Behörden unter anderem auch entlang der Flüsse Elbe, Saale und Elster in den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Bei Leipzig wurde nach Angaben der landeseigenen Talsperrenverwaltung gezielt ein Auenwald geflutet, um Entlastung zu bringen.

In Sachsen-Anhalt öffneten die Behörden nach Angaben des Umweltministeriums erstmals seit der Jahrhundertflut 2013 das Pretziener Wehr, um Magdeburg und Schönebeck von dem Hochwasser der Elbe zu entlasten. Durch das Wehr wird das Wasser über einen Kanal an den Städten vorbeigeleitet. (afp)



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