Kabinett einigt sich auf Sparliste – so sehen die Kürzungspläne aus

Die Bundesregierung muss im kommenden Jahr 17 Milliarden Euro im Haushalt einsparen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im November Teile des Haushalts für verfassungswidrig erklärt hat. Heute war die geplante Streichliste Thema im Bundeskabinett. Hier die Sparliste der Bundesregierung im Überblick.
Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz vor der Sitzung des Bundeskabinetts.
Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz vor der Sitzung des Bundeskabinetts. (Archivbild).Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 21. Dezember 2023

In der vergangenen Woche stellten die Spitzen der Ampelkoalition ihre Kürzungspläne für den Bundeshaushalt 2024 vor. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett die Sparliste.

Die Details der Vereinbarung wurden nicht formell beschlossen. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, sind diese der Ministerrunde nur „zur Kenntnis“ gegeben worden. Das Finanzministerium sei schon dabei, „die Verabredung technisch umzusetzen“, so der Sprecher weiter. Gemeinsam mit den betroffenen Ministerien sei man dabei, die „nötigen Formulierungshilfen für den Deutschen Bundestag zügig zu erarbeiten“. Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch zum späten Nachmittag vor die Presse tritt, macht er deutlich: „Die Regierung hält an ihren Zielen fest.“

Widerspruch gegen Sparliste selbst aus der Ampel

Ob der Haushalt in der im Kabinett beschlossenen Form tatsächlich am Ende das Parlament passieren kann, das bleibt abzuwarten. Selbst aus der Ampel kam in den vergangenen Tagen Widerspruch gegen den Entwurf. So kündigte die FDP-Fraktion beispielsweise am vergangenen Sonntag ein Veto gegen die Pläne der Regierung zur Streichung der Steuervergünstigungen für Landwirte an.

„Die FDP-Fraktion hält die starke Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe für nicht zustimmungsfähig“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin. Er ergänzte: „Es wird zu oft von angeblich klimaschädlichen Subventionen gesprochen, ohne auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abschaffung zu schauen.“

„Vor allem brauchen unsere Landwirte faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich“, forderte Dürr. „Genau das wäre bei einer Umsetzung der Pläne gefährdet.“ Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) gesagt: „Um es klar zu sagen, ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe.“ Deshalb werde man miteinander in Regierung und Koalition sprechen müssen. „Ich bin für Alternativen offen“, betonte er.

Tatsächlich könnte das Parlament noch im Beschlussprozess Änderungen vornehmen. Ziel der Ampel ist es, dass der Bundestag den Haushalt Ende Januar beschließt. Am 2. Februar soll der Haushalt dann den Bundesrat passiert haben. Bis dahin gilt die vorläufige Haushaltsführung.


Verfassungswidriger Haushalt reißt Milliardenloch

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 15. November 2023 war der schon beschlossene Haushalt der Regierung um die Ohren geflogen. Plötzlich entstand ein Milliardenloch, da das Gericht Teile des Haushalts für verfassungswidrig erklärt hatte. Plötzlich mussten 17 Milliarden Euro im Haushalt 2024 eingespart werden. Auch der Plan für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) mit Milliardeninvestitionen in die Transformation der Wirtschaft musste überarbeitet werden. Insgesamt ging es um eine Finanzierungslücke von fast 30 Milliarden Euro, wie Regierungssprecher Hebestreit damals mitteilte.
Seit vergangenem Mittwoch liegen die konkreten Einsparpläne der Bundesregierung auf dem Tisch. Das sind die wichtigsten Vorschläge, die inzwischen auch im Bundeskabinett beschlossen wurden:

Streichung von Subventionen

Landwirte müssen auf Steuervergünstigungen verzichten. So sollen für Fahrzeuge in der Land- und Forstwirtschaft künftig Kfz-Steuer anfallen. Damit, so die Prognose der Bundesregierung, sollen 480 Millionen Euro Mehreinnahmen in den Haushalt gespült werden.

Eine der umstrittensten Sparpläne im Haushalt ist die beschlossene Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel. Tausende Bauern haben in dieser Woche in Berlin gegen das geplante Aus demonstriert. Selbst Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte diese Pläne.

Außerdem soll eine sogenannte Plastikabgabe auf Kunststoffverpackungen und -folien eingeführt werden. Die Verursacher sollen diese Abgabe in Zukunft selbst zahlen. Bisher wurde dieser Posten als Leistung an die EU von der Bundesregierung übernommen. Nun möchte man das den Herstellern selbst überlassen. Das soll Zusatzeinnahmen von 1,4 Milliarden Euro bringen.

Kürzungen bei Ministerien

In den Ministerien-Etats wurde ebenfalls der Rotstift angesetzt. So wurde Geld für internationales Engagement zusammengestrichen. Insgesamt 800 Millionen Euro werden deshalb aus den Etats des Auswärtigen Amts, des Wirtschaftsministeriums und des Entwicklungsministeriums gestrichen.

Das Verkehrsministerium wird im kommenden Jahr mit 380 Millionen Euro weniger auskommen müssen. Das Bildungsministerium muss sich um 200 Millionen Euro einschränken.

Die gesetzliche Rente erhält vom Bund 600 Millionen Euro weniger an Zuschuss. Allerdings soll gleichzeitig das jetzige Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 garantiert werden. Das Rentenniveau sagt aus, wie viel Prozent des aktuellen Durchschnittslohns jemand als Rente erhält, der exakt 45 Jahre lang immer zum Durchschnittslohn gearbeitet und Beiträge gezahlt hat.

In der Corona-Krise zahlte der Bund an die Bundesagentur für Arbeit 1,5 Milliarden Euro Zuschüsse. Dieser Betrag soll nun zurückgezahlt werden.

Auch bei der Bundeswehr wurde eine Umbuchung beschlossen. Waffen, die aus eigenen Beständen an die Ukraine geliefert wurden, sollen nachgekauft werden. Das soll jetzt nicht mehr aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, sondern aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr. Dem Bundeshaushalt entstehen so 520 Millionen Euro weniger Ausgaben.

Höherer CO₂-Preis, Ticketsteuer beim Fliegen

Die Programmausgaben des Sondertopfs für Klimaschutz sollen um 12,7 Milliarden Euro reduziert werden. So sollen unter anderem Subventionsprogramme abgeschafft werden, für die sich Produkte am Markt etabliert haben. Das klingt sehr pauschal und wird auch nicht weiter erläutert.

Am Wochenende verkündete das Wirtschaftsministerium bereits das Aus für den Umweltbonus für Elektroautos. Außerdem fällt der Zuschuss zur Absenkung der Netzentgelte beim Strom weg. Hier wollte der Bund ursprünglich 5,5 Millionen Euro zuschießen.

Weiter soll der CO₂-Preis auf Heizöl, Gas und Sprit zum Jahreswechsel statt auf 40 Euro jetzt auf 45 Euro pro Tonne CO₂ steigen. Das soll für Einnahmen im KTF sorgen.

Fliegen wird ab dem kommenden Jahr ebenfalls teurer. Hier soll die Luftverkehrsabgabe für Flugtickets erhöht werden. Zudem soll ein Absenkungsmechanismus abgeschafft werden, der greift, wenn die Einnahmen aus dem Emissionshandel für den Luftverkehr steigen. Das zusammen soll im nächsten Jahr bis zu 650 Millionen Euro bringen.

Bei der Bahn sind dringende Investitionen notwendig, die auch für das nächste Jahr angedacht waren. Das Geld sollte aus dem KTF kommen. Das wurde jetzt gestoppt. Damit trotzdem investiert werden kann, soll das Eigenkapital der Bahn in den nächsten Jahren um bis zu 20 Milliarden Euro erhöht werden.

Allerdings wird es weniger Geld für die Länder geben. Bei den Regionalisierungsmitteln kürzt der Bund 350 Millionen Euro. Das Geld erhalten die Bundesländer zur Finanzierung des Schienenverkehrs.

Kürzungen bei Arbeitslosen und Geflüchteten

An der Erhöhung des Bürgergelds zum Jahresanfang möchte die Ampelkoalition weiter festhalten. Allerdings fallen Bonuszahlungen für Weiterbildungen weg. Totalverweigerer müssen jetzt mit Sanktionen rechnen. Das Finanzministerium rechnet dadurch mit Mehreinnahmen von 250 Millionen Euro.

Geflüchtete möchte man zukünftig schneller in den Arbeitsmarkt integrieren. Dafür möchte die Bundesregierung einen „Job-Turbo für Geflüchtete“ schalten. Dazu gehören häufigerer Kontakt und Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Die Bundesregierung rechnet damit, dass so rund 500 Millionen Euro eingespart werden.

Luftbuchungen und Schuldenbremse

Die in der letzten Zeit gemachten Prognosen sollen noch einmal mit der Realität abgeglichen werden. Das soll mehrere Milliarden Euro einbringen.

So geht die Bundesregierung jetzt von 2,3 Milliarden Euro weniger Zinsausgaben aus. Außerdem greift der Bund rund 3,2 Milliarden Euro tiefer als geplant in eine Rücklage, die während der Flüchtlingskrise angehäuft wurde.

Das reicht allerdings bisher nicht aus, das Milliardenloch zu stopfen. Die Bundesregierung möchte daher noch einmal prüfen, ob es rechtlich möglich ist, 2024 noch einmal die Schuldenbremse auszusetzen. Gerade wird juristisch intensiv geprüft, ob die grundgesetzlich notwendige Erklärung einer Notlage tatsächlich gegeben ist.

Es geht hier zuerst um 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen für Opfer der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal. Die Ampelkoalition will auch mit der Union sprechen, ob diese eine Aussetzung mittragen oder erneut klagen würde. Auch später im Jahr könnte die Schuldenbremse noch ausgesetzt werden – nämlich falls für die Unterstützung der Ukraine deutlich mehr Geld nötig sein sollte, als jetzt absehbar ist.



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