Kita-Krise in Münster: Eltern gewinnen Prozess gegen die Stadt

Eine richtungsweisende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster könnte den Städten schon bald viel Ärger einhandeln. Es geht um den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz.
Fachkräftemangel als Ausrede? Stadt Münster muss zahlen
Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz bringt die Stadt Münster in arge Bedrängnis.Foto: iStock
Von 3. Dezember 2023

Überall sind Kita-Plätze rar, auch in der Stadt Münster. Das bekamen Eltern zu spüren, die nach einer geeigneten Unterbringung für ihre im Oktober 2022 geborene Tochter suchten. Zwar ist in § 24 des achten Sozialgesetzbuches ein Anspruch auf „frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“ für Kinder vom ersten bis zum dritten Lebensjahr verankert, aber die Praxis sieht oft anders aus. So sahen die Eltern im vorliegenden Fall keine andere Möglichkeit, als die Betreuung für ihren Nachwuchs einzuklagen.

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2023 wurde der Stadt Münster durch das Verwaltungsgericht Münster auferlegt, ab dem 27. Oktober vorläufig einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung zur Verfügung zu stellen. Dieser sollte mindestens 35 Stunden wöchentlich abdecken und in einer Kita oder Kindertagespflege liegen, die binnen 30 Minuten vom Wohnort des Kindes erreichbar ist.

Die Stadt konnte dieser Verpflichtung jedoch nicht nachkommen und teilte den Eltern unter Verweis auf den Fachkräftemangel mit, dass derzeit keine freien Plätze verfügbar seien. Die Eltern wurden lediglich darauf vertröstet, dass ab dem 1. März 2024 zwei neue Kitas eröffnen würden.

Fatale Personalsituation ist keine Begründung

Angesichts der aussichtslosen Situation beantragten die Eltern ein Zwangsgeld von 10.000 Euro zulasten der Stadt. Dieses wurde vom Verwaltungsgericht Münster auf 2.500 Euro reduziert. Wie das Gericht mitteilt, hatte die Stadt ihr Versäumnis nicht hinreichend begründet.

Es reiche nicht aus, dass die Stadt sich darauf berufe, sie sei „in der fatalen Situation, über zu wenig einsatzbereites Personal zu verfügen, und könnte dieses Personal auch nicht rekrutieren, wenn sie unbegrenzte finanzielle Mittel dafür einsetzte“.

Auch der Einwand der Stadt, dass das Jugendamt noch einmal alle Kitas und die Kindertagespflegen überprüft habe und es keine freien Plätze im Wohnkreis von 30 Minuten gebe, entlastete die Stadt nicht von der ihr obliegenden Verpflichtung. Vielmehr sei die Stadt verpflichtet, „alle – auch überobligatorischen – Anstrengungen zu unternehmen, den in ihrem Zuständigkeitsbereich bestehenden Mangel an Betreuungsplätzen zu beheben“.

Die Stadt Münster habe nicht dargelegt, alle Möglichkeiten zur Beschaffung eines wohnortnahen Betreuungsplatzes ausgeschöpft zu haben, argumentierte das Verwaltungsgericht.

Denkbar wäre es insoweit etwa, sich nicht nur nach aktuell freien Plätzen, sondern auch nach solchen zu erkundigen, die in absehbarer Zukunft, etwa durch einen Wohnortwechsel, frei würden.“

Das angedrohte Zwangsgeld von 2.500 Euro diente dazu, der Stadt „ihre umfassende Verpflichtung vor Augen zu führen und sie zu dem ihr aufgegebenen Verhalten zu veranlassen“, argumentierte das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 17. November.

Den Zwangsgeldbeschluss nahm die Stadt jedoch nicht ohne Weiteres hin, sondern legte Beschwerde ein. Am 1. Dezember entschied das Oberverwaltungsgericht zugunsten des Kindes. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Aktenzeichen 12 E 832/23). Ob die Eltern das Zwangsgeld gegen die Stadt Münster vollstrecken lassen, bleibt abzuwarten. Gleiches gilt für die Frage, ob der Beschluss den gesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ins Wanken bringt.



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