Ohne Hinweis vom Arbeitgeber verfällt der Resturlaub nicht

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch verfallen, wenn der Arbeitnehmer nicht auf seinen Resturlaub hingewiesen wurde. Ist der Hinweis erfolgt, greifen die gesetzlichen Verjährungsfristen.
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Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten rechtzeitig auf drohenden Urlaubsverfall hinweisen.Foto: Istock
Epoch Times21. Dezember 2022

Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten rechtzeitig darauf hinweisen, wenn noch offener Urlaub zu verfallen droht. Ohne einen solchen Hinweis verjähren Urlaubsansprüche aus Vorjahren nicht, wie am 20. Dezember das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied (Az: 9 AZR 266/20). Nach einem weiteren Urteil gilt dies auch nach lang andauernder Krankheit, wenn der oder die Beschäftigte die Arbeit vor Ende März des übernächsten Jahres wieder aufgenommen hat (Az: 9 AZR 245/19).

Im ersten Fall ging es um eine Steuerfachangestellte aus dem Rheinland. Bei Beendigung ihres gut 20-jährigen Arbeitsverhältnisses waren zuletzt noch 90 Urlaubstage offen. Der Arbeitgeber zahlte rund 3.200 Euro für 14 Urlaubstage, der restliche Urlaub sei spätestens mit Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Kalenderjahren verjährt. Wie schon das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sprach ihr nun auch das Bundesarbeitsgericht 17.400 Euro für weitere 76 Tage zu.

Laut Bundesurlaubsgesetz verfiel der Urlaubsanspruch bisher automatisch zum Jahresende oder spätestens am 31. März des Folgejahres. Nach lang andauernder Krankheit galt nach bisheriger BAG-Rechtsprechung eine Frist bis Ende März des übernächsten Jahres.

Urteil des Europäischen Gerichtshofes zugrunde gelegt

Hintergrund der neuen Rechtsprechung sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg aus dem Jahr 2018 und vom September dieses Jahres. Danach müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinweisen.

Schon 2019 hatte dazu das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die gesetzlichen Verfallsfristen ohne einen solchen Hinweis nicht greifen. Nun urteilte das BAG, dass dies auch für die gesetzliche Verjährung gilt. Der Verweis hierauf helfe den Arbeitgebern daher nicht.

Auch das Argument der Arbeitgeber, dass sie vor den EuGH-Urteilen ihre Hinweispflicht noch gar nicht kennen konnten, ließ das Bundesarbeitsgericht mit Blick auf die Vorgaben aus Luxemburg nicht gelten. Der EuGH habe die Wirkung seiner Urteile nicht auf die Zukunft beschränkt.

Frachtfahrer wurde nicht rechtzeitig auf Resturlaub hingewiesen

Im zweiten Fall sprach das Bundesarbeitsgericht daher einem Frachtfahrer am Frankfurter Flughafen weitere Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2014 zu. Krankheitsbedingt konnte er fast fünf Jahre lang seinen Urlaub nicht nehmen. Das BAG entschied, dass ohne Arbeitgeberhinweis auch hier die gesetzliche Verjährung nicht greift.

Da der Frachtfahrer im Jahr 2014 tatsächlich gearbeitet hat, bevor er voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden ist, hätte der Arbeitgeber ihn rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub hinweisen müssen. Weil der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nachkam, blieb ihm der Resturlaub erhalten.

Bei Fällen, in denen der Arbeitnehmer wegen seiner Erkrankung auch mit Arbeitgeberaufforderung den Urlaub innerhalb dieser Frist nicht mehr hätte nehmen können, verfällt dieser bis Ende März des übernächsten Jahres.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bedeutet nun eine arbeitnehmerfreundlichere Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes.

Nach einem BAG-Urteil aus dem Jahr 2019 können Arbeitgeber ihre Hinweispflicht vergleichbar einfach erfüllen. Danach reicht ein Hinweis jeweils zu Jahresbeginn aus, welcher Urlaubsanspruch für das neue Jahr entstanden ist und dass der Arbeitnehmer diesen bis Jahresende nehmen soll.

(afp/il)



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