„Recht auf Vergessen“ und Falschinformationen: EuGH nimmt Google in die Pflicht

Betroffene von Schmutzkampagnen können sich für Löschungsbegehren bald direkt an Google wenden. Der EuGH hat damit die Rechte Betroffener gestärkt.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Von 9. Dezember 2022

Personen, die von falschen Behauptungen oder unzulässigen Veröffentlichungen betroffen sind, können künftig direkt von Google die Löschung von Einträgen verlangen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag, dem 8. Dezember, in Luxemburg entschieden. (Rechtssache C-460/20)

Bis dato mussten sich Betroffene erst an den Urheber der Informationen selbst wenden – was insbesondere bei im Ausland gehosteten Seiten ohne Impressum häufig Schwierigkeiten bereitet.

Google: „Können Wahrheitsgehalt nicht überprüfen“

Der Bundesgerichtshof hatte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt. Ein Paar aus der Finanzdienstleistungsbranche hatte sich von einer US-amerikanischen Seite gestalkt gefühlt. Das dahinterstehende Unternehmen soll gezielt negative Berichte über Personen oder Unternehmen lancieren. Gegen den Abschluss teurer „Beraterverträge“ soll es jedoch Bereitschaft zeigen, diese wieder zurückzuziehen.

Google hatte sich geweigert, die Links zu den entsprechenden Beiträgen zu entfernen. Man könne den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe nicht beurteilen, hieß es vonseiten des Suchmaschinenriesen.

Das muss Google auch nicht, entschied nun der EuGH. Es reiche aus, wenn Betroffene Beweise vorlegen, die „vernünftigerweise verlangt werden können“, dass eine Seite offensichtlich falsche Angaben über sie enthält. Google muss jedoch nicht von sich aus bei der Suche nach Beweisen mitwirken.

EuGH gebietet bei bekannteren Personen eine Abwägung

Der EuGH unterstrich jedoch auch, dass die Datenschutz-Grundverordnung eine Abwägung von Interessen vorsehe. Dies gelte auch bereits bezüglich des „Rechts auf Vergessens“ beziehungsweise „Vergessenwerdens“, das der Gerichtshof 2014 zumindest für die EU bestätigt hatte. 2019 entschied der Gerichtshof allerdings auch, dass dieses Recht nicht für das globale Internet, sondern nur in der EU gilt – zum Beispiel für google.de, aber nicht für google.com.

Das Recht auf Schutz persönlicher Daten könne sich demnach auch auf alte Presseartikel mit nicht mehr aktuellen oder relevanten Informationen beziehen. Gleichzeitig sei dieses rechtlich geschützte Interesse abzuwägen mit dem allgemeinen Recht auf Informationsfreiheit. Die Abwägung könne dabei umso stärker zugunsten der Informationsfreiheit ausfallen, je stärker der Betroffene im öffentlichen Leben stehe.

Google will EuGH-Erkenntnis nun „prüfen“

Ein Recht auf freie Meinungsäußerung und Information greife allerdings jedenfalls dann nicht, wenn die Inhalte falsch seien. Der EuGH stuft seit der Entscheidung von 2014 Suchmaschinen nicht mehr nur als Transporteure von Inhalten ein, sondern als Datenverarbeiter, die für verbreitete Inhalte mitverantwortlich sind. Die Presse hingegen ist privilegiert und muss solche Inhalte nicht aus ihrem Archivangebot entfernen.

Nun muss der BGH über den Fall unter Einbeziehung der Rechtsansicht des EuGH entscheiden. Google begrüße trotz des dadurch entstehenden Mehraufwandes das Urteil und werde dessen Implikationen prüfen.

Ein Google-Sprecher sagte der „dpa“: „Seit 2014 arbeiten wir daran, das Recht auf Vergessenwerden in Europa umzusetzen und ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Rechten der Menschen auf Zugang zu Informationen und Privatsphäre zu finden.“ Man begrüße die Entscheidung und werde nun das Urteil prüfen.

(Mit Material von dpa)



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