Onlinesucht: Anteil betroffener Minderjähriger in Corona-Jahren mehr als verdoppelt

Einer Studie zufolge hat Corona die Onlinesucht unter Kindern und Jugendlichen verschärft. Dies zeigt sich etwa bei Computerspielen und sozialen Medien.
Tiktok gehört zum chinesischen Bytedance-Konzern.
Die App TikTok gehört zum chinesischen ByteDance-Konzern. Sie gilt seit einigen Jahren als Treiber der Onlinesucht bei Kindern und Jugendlichen.Foto: Omar Marques/SOPA Images via ZUMA Press
Von 15. März 2023

Eine jüngst von der Krankenkasse DAK präsentierte Studie deutet auf bedenkliche Tendenzen im Bereich der Onlinesucht hin. Betroffen sind demnach etwa 680.000 Kinder und Jugendliche. Das Suchtverhalten bezieht sich demnach vor allem auf Computer und soziale Medien.

Die Zahl der Minderjährigen, die deutliche Anzeichen einer Onlinesucht zeigen, habe sich allein während der Corona-Pandemie mehr als verdoppelt. Die DAK hatte die Untersuchung in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt.

Deutlicher Aufwärtstrend im Vergleich zu 2019

Im Jahr 2019 haben der Studie zufolge 3,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland Suchtverhalten im Bereich der Nutzung von Social Media gezeigt. Apps wie das vom chinesischen KP-Regime kontrollierte TikTok, Snapchat oder Instagram haben daran offenbar einen wesentlichen Anteil.

Im Laufe der vergangenen 15 Jahre hat sich auch die Struktur der Onlinenutzung sozialer Apps deutlich verändert. Dienste wie ICQ, Skype, PHP-4-Foren oder „Knuddels“ haben unter jugendlichen Nutzern mittlerweile fast vollständig an Bedeutung verloren.

Derzeit geht die DAK von 6,7 Prozent aller Jugendlichen aus, deren Nutzungsverhalten bezüglich sozialer Medien auf Onlinesucht hindeutet. Im Bereich der Computerspiele sei die Quote im gleichen Zeitraum ebenfalls von 2,7 auf 6,3 Prozent angestiegen.

Onlinesucht im Bereich von Computerspielen betrifft hauptsächlich männliche Jugendliche

Die Daten zur Studie stammten dabei aus einer repräsentativen Befragung von Personen zwischen 10 und 21 Jahren aus rund 1.200 Familien. Diese gaben Auskunft über ihre Gewohnheiten bei der Nutzung digitaler Medien. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa führte dafür den Angaben zufolge im Zeitraum von drei Jahren deutschlandweit in insgesamt fünf Wellen Befragungen durch.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm spricht nun von einer „alarmierenden“ Entwicklung. Schnelles Handeln sei erforderlich, andernfalls rutschten immer mehr Kinder und Jugendliche in die Mediensucht ab.

Unterschiede im Suchtverhalten zwischen Jungen und Mädchen zeigen sich auch in den einzelnen Segmenten. Bei der Abhängigkeit von sozialen Medien ist die Onlinesucht zwischen den Geschlechtern annähernd gleichmäßig verteilt. 68,4 Prozent der Betroffenen von Onlinesucht im Bereich Gaming sind unterdessen männlich.

Im September 2019 verbrachten Minderjährige an Werktagen durchschnittlich noch 78 Minuten mit Computerspielen. Bereits 113 Minuten waren es im Juni 2022. Im Bereich der sozialen Medien stieg die Nutzungsdauer gegenüber dem Herbst 2019 unterdessen um etwa 35 Prozent. Noch höher waren die Durchschnittswerte in der Zeit des Lockdowns im Frühjahr 2020.

Pathologische Züge lassen sich anhand mehrerer Kriterien festmachen

Onlinesucht bei Kindern und Jugendlichen tritt im Regelfall als problematisches Nutzungsverhalten von digitalen Medien wie Smartphones, Tablets, Computern und Spielekonsolen in Erscheinung. Anhand mehrerer Kriterien lassen sich Rückschlüsse ziehen, inwieweit das Onlineverhalten pathologische Züge annimmt.

Eines davon ist die Präferenz für Online-Aktivitäten. Betroffene verbringen dabei immer mehr Zeit online und vernachlässigen dabei andere wichtige Aktivitäten wie Schule, Arbeit, Familie und Freunde. Ein weiteres Warnsignal für mögliche Onlinesucht ist der Verlust der Kontrolle: Die Betroffenen können sich dann nicht mehr selbst regulieren und verbringen mehr Zeit online, als sie sich vorgenommen haben.

In weiterer Folge drohen der Rückzug aus der realen Welt und weitere negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden. Diese zeigen sich etwa bei Symptomen von Angst, Depression, Schlafstörungen und Problemen im sozialen Umfeld. Häufig brauchen von Onlinesucht Betroffene auch immer mehr Zeit online, um das gleiche Gefühl der Befriedigung zu erreichen.

Onlinesucht geht häufig mit anderen psychischen Erkrankungen einher

Statistiken zeigen darüber hinaus, dass die Nutzung digitaler Medien in Deutschland insgesamt stark zugenommen hat, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Laut der JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest 2021 nutzen mittlerweile 99 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland das Internet. Dabei waren 98 Prozent täglich online. Bis zu 96 Prozent aller Kinder und Jugendlichen verfügten 2021 bereits über ein Handy oder Smartphone, mehr als 70 Prozent besaßen einen PC oder Laptop.

Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Internetangeboten insgesamt beträgt dabei etwa 228 Minuten pro Tag. 35 Prozent der befragten Jugendlichen gaben selbst an, dass sie das Gefühl haben, zu viel Zeit online zu verbringen.

Es gibt auch einige Hinweise darauf, dass bestimmte Jugendliche einem höheren Risiko ausgesetzt sind, von Onlinesucht betroffen zu sein. Zum Beispiel scheinen Jugendliche, die bereits an anderen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder ADHS leiden, besonders gefährdet zu sein. Darüber hinaus spricht vieles dafür, dass Jugendliche, die soziale Isolation erfahren oder Schwierigkeiten haben, Beziehungen zu anderen aufzubauen, auch ein höheres Risiko für Onlinesucht aufweisen.

(Mit Material der dpa)



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