„Oranienburg droht überall“: Wagenknecht wirft Bundesregierung Gefährdung der Energieversorgung vor

Der Skandal um die überforderte Stromversorgung in der Stadt Oranienburg könnte nicht der einzige bleiben, befürchtet BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Sie fordert Minister Habeck und Bundesnetzagentur-Chef Müller dazu auf, den Bürgern vor Ort Rede und Antwort zu stehen.
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Das Umspannwerk Oranienburg ist am Limit.Foto: Epoch Times
Von 17. April 2024

Die Nachricht der Oranienburger Stadtwerke an die Bundesnetzagentur über die nicht mehr ausreichenden Kapazitäten des Stromnetzes der Stadt bewegt weiter die Gemüter. Während BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht die Verantwortung bei der Energiepolitik der Bundesregierung sieht, weist diese jede Schuld von sich. Das Bundeswirtschaftsministerium betrachtet die Situation in der Stadt als Einzelfall und beschuldigt deren Entscheidungsträger, die Entwicklung falsch eingeschätzt zu haben.

Oranienburg seit der Jahrtausendwende deutlich gewachsen

Am 8. April hatte der Versorger gegenüber der Bundesnetzagentur deutlich gemacht, dass die vorhandenen Leistungskapazitäten im Hochspannungsnetz der Stadt an ihre Grenzen stießen. Es sei demnach bis auf Weiteres nicht mehr möglich, weitere Haushalte und Unternehmen anzuschließen. Auch an die Versorgung weiterer Wärmepumpen und E-Auto-Ladestationen sei nicht zu denken.

Die Einwohnerzahl der Stadt im Landkreis Oberhavel ist seit der Jahrtausendwende deutlich gewachsen. Im Jahr 2000 waren es noch weniger als 30.000 gewesen. Bis 2015 war die Bevölkerungszahl der Stadt auf mehr als 43.500 gestiegen – mittlerweile liegt sie bei knapp 48.000 und bewegt sich auf die 50.000 zu.

Der Bevölkerungszuwachs ist dabei hauptsächlich durch Stadtflucht bedingt und stellt eine sogenannte Speckgürtel-Zuwanderung dar. Das Stadtzentrum von Berlin ist lediglich 35 Kilometer entfernt, die Verkehrsverbindungen wurden stetig ausgebaut. Die Dynamik wird dadurch gebremst, dass sich in vielen Grundstücken noch Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg befinden. Dies verhindert in vielen Fällen eine Erschließung.

Früherer Stadtwerke-Chef als willkommener Sündenbock?

Das Bundeswirtschaftsministerium und die Grünen werfen nun der Stadt Oranienburg vor, die Dynamik des Zuzugs nicht richtig eingeschätzt zu haben. Dies habe dazu geführt, dass man den erforderlichen Netzausbau nicht eingeplant und erforderliche Entscheidungen zu spät getroffen habe.

Die Bundesnetzagentur will eine Untersuchung einleiten und habe deshalb von der Stadt weitere Informationen angefordert. Gegenüber Medien hieß es aus der Behörde:

„Netzbetreiber haben ihr Netz vorausschauend zu ertüchtigen, um grundsätzlich Problemen mit mangelnder Kapazität vorzubeugen.“

Inwieweit dies in Oranienburg nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, könne man bisher nicht sagen. Der frühere Stadtwerke-Geschäftsführer Alireza Assadi, der nach Differenzen mit Verwaltung und Stadtvertretung 2022 einer einvernehmlichen Vertragsauflösung zustimmte, gäbe einen potenziellen Sündenbock ab.

Das umso mehr, als es bereits 2017 ein Schreiben des Stromversorgers E.dis an die Stadtwerke gegeben haben soll. In diesem seien mögliche problematische Entwicklungen angeklungen, wie sie sich derzeit in der Stromversorgung der Stadt manifestieren.

IHK: „Bestandskunden der Stadtwerke müssen sich keine Sorgen machen“

In einer Erklärung der Stadt gegenüber der „Märkischen Allgemeinen“, der Strombedarf der wachsenden Stadt und ihrer Industrie habe sich „sich stärker gesteigert als erwartet“. Ein im Vorjahr auf den Weg gebrachtes neues Umspannwerk, das 35 Millionen Euro kosten wird, soll frühestens Ende 2026 bereitstehen.

Die Stadt kündigt an, dass dieses „die Kapazitäten am Übergang zwischen dem Hochspannungsnetz und dem Netz der Stadtwerke erweitern und damit für die Zukunft eine stabile Stromversorgung sicherstellen“ werde. Man gehe jedoch „davon aus, dass man diesen Bedarf früher hätte erkennen können und dementsprechend hätte handeln müssen“.

Die „Tagesschau“ erläutert zudem, dass es keine verpflichtende Beteiligung angrenzender Gemeinden an den Erträgen von Windparkbetreibern gebe. Seit einem Jahr gebe es dies als freiwillige Möglichkeit. Die Betreiber seien jedoch sehr zurückhaltend, weshalb auch von dieser Seite noch keine Entlastung von Oranienburg Platz greife.

IHK-Sprecher Christian Streege zufolge müsse sich jedoch jemand, der einen bestehenden Vertrag mit den Stadtwerken habe, keine Sorgen machen. Der aktuelle Bedarf könne gedeckt werden, darüber hinaus sei man im Gespräch mit E.dis und der Bundesnetzagentur im Gespräch.

Wagenknecht: „Oranienburg wird kein Einzelfall bleiben“

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht will diese einfache Erklärung für die Situation jedoch nicht gelten lassen. Sie sieht einen Zusammenhang mit dem politischen Transformationsdruck der vergangenen Jahre. Die Stadt selbst hatte auf die steigende Anzahl an Wärmepumpen hingewiesen. Wagenknecht hält es für wahrscheinlich, dass es ähnliche Entwicklungen auch in anderen Kommunen und bei anderen Stadtwerken geben werde.

Gegenüber der „Märkischen Allgemeinen“ betont sie, dass eine Situation wie in Oranienburg überall drohe. Grund dafür sei das Bestreben der Bundesregierung, nachhaltige Mobilität und Energieversorgung mit der Brechstange erzwingen zu wollen:

„Den Bürgern Wärmepumpen und E-Autos zu verordnen, ist nicht nur klimapolitisch undurchdacht, sondern auch gnadenlos naiv mit Blick auf unsere Stromversorgung.“

Wagenknecht forderte Habeck und den Chef der zuständigen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, zum Abhalten eines „umgehenden“ Ortstermins mit Bürgern vor Ort auf. Fälle wie der gegenwärtige zeigten, dass „die Politik der Bundesregierung die Energieversorgung Deutschlands nicht sichert, sondern gefährdet“, so die Bundestagsabgeordnete. Experten befürchten, dass sich Neubauprojekte in Oranienburg bis zu zwei Jahre verzögern könnten.



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