Preisbremsen: Mehr als 1.000 Anträge von Versorgern – Linkspartei wittert Missbrauch

Bisher haben mehr als 1.000 Energieversorger Erstattungen aufgrund der staatlichen Preisbremsen beantragt. Kritiker rufen nach dem Bundeskartellamt.
Vorsicht vor der Ersatzversorgung – Die Tricks der Grundversorger
Bei Strom und Gas gilt es, auf die richtige Tarifart zu achten.Foto: iStock
Von 14. März 2023

Noch bis zum 31. März haben Unternehmen der Energieversorgung und Lieferanten die Möglichkeit, Anträge auf Entlastung aufgrund der Preisbremsen für Strom und Gas zu stellen. Bislang haben mehr als 1.000 von ihnen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Dies geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine schriftliche Anfrage des Linksfraktionschefs Dietmar Bartsch hervor. Die Zeitungen der Funke-Mediengruppe haben am Dienstag (14.3.) berichtet.

Bislang Erstattungen im Umfang von 2,35 Milliarden Euro beantragt

Mit Stand zum 6. März haben demnach 435 Erdgaslieferanten und 584 Wärmeversorgungsunternehmen Prüfanträge gestellt. Diese beziehen sich auf die Vorauszahlung ihres Erstattungsanspruches. Dieser Anspruch resultiert aus der Umsetzung der Preisbremsen im ersten Quartal, nachdem sie Endverbrauchern und Kunden Entlastungen gewährt hatten.

Die bislang beantragten Erstattungsleistungen umfassen demnach ein Antragsvolumen von insgesamt 2,35 Milliarden Euro. Es sei damit zu rechnen, dass bis zum Ende der Antragsfrist noch weitere eingehen werden.

Bartsch wittert einen Missbrauch der staatlichen Erstattungszusagen durch die Versorgungsunternehmen. Er weist darauf hin, dass die Energiebranche bereits im Vorjahr Rekordgewinne gemacht habe – und die Bundesregierung auf eine Übergewinnsteuer verzichtet hätte.

Bereichern sich Versorger durch die Preisbremsen?

Mittlerweile befänden sich die Preise im Großhandel im freien Fall, dennoch kämen Preissenkungen nicht bei den Verbrauchern an. Auch Verbraucherverbände hatten jüngst geargwöhnt, die Preisbremsen wären zu spät gekommen und seien mittlerweile sogar Preissenkungsbremsen. Sie böten den Versorgern wenig Anreiz, sinkende Großhandelspreise an die Verbraucher weiterzureichen.

Bartsch spricht sogar von einem „schweren Geburtsfehler“ bei den Preisbremsen. Gegenüber den Funke-Zeitungen äußert er:

Einerseits sichert der ungenierte Griff der Konzerne in die Steuerkasse deren Rekordgewinne. Andererseits verhindern sie sinkende Preise für den Endverbraucher, wenn am Ende immer der Steuerzahler einspringt.“

Bereits eine Absenkung der Preisbremsen auf acht Cent bei Gas und 30 Cent für Strom würde den Verbrauchern Entlastung bringen und Gewinnmaximierung auf deren Kosten verhindern. Noch wirksamer wäre ein preisgünstiges Grundkontingent auf Strom und Gas.

Verbraucherverbände empfehlen Anbieterwechsel

Derzeit hätten Neukunden kaum Vorteile von einem Anbieterwechsel. Bestandskunden hingegen bezahlten weiterhin überteuerte Preise, weil die Anbieter keinen Anreiz verspürten, die günstigeren Großhandelspreise weiterzugeben. Großhandels- und Verbraucherpreise stünden deshalb „in einem eklatanten Missverhältnis“.

Verbraucherverbände raten demgegenüber zum Anbieterwechsel. Für Neukunden gebe es bereits wieder attraktive Einstiegspreise. Dennoch fordert auch Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband eine kartellbehördliche Überprüfung des Gebarens der Versorger. Er äußerte gegenüber den Funke-Zeitungen:

Das Bundeskartellamt muss Gas- und Wärmeanbieter überprüfen, damit schwarze Schafe keine zusätzlichen Gewinne auf Kosten der privaten Haushalte machen können.“

Die Unterschiede im Tempo bei der Weitergabe von Preissenkungen hängen vor allem mit der Einkaufspolitik der Anbieter zusammen. Grundversorger wie die Stadtwerke schließen vor allem längerfristige Bezugsverträge über die Terminmärkte. Preisausschläge nach oben und unten werden deshalb in geringerem Maße weitergegeben.

Andere Anbieter kaufen an den Spotmärkten ein und können günstige Preise schneller weitergeben. Gleichzeitig machen sich auch Preisexplosionen wie im Vorjahr ungefilterter bemerkbar. Einige Unternehmen verschwanden dadurch sogar vom Markt.

Habeck will Preisbremsen „reparieren“

Auf eine sogenannte Übergewinnsteuer hatte die Bundesregierung verzichtet, weil sich die FDP gegen eine solche Maßnahme gesperrt hatte. Parteichef Christian Lindner sprach von einem „populistischen“ Vorstoß und wies auf die fehlende juristische Fassbarkeit von Begriffen wie „Übergewinn“ hin. Längerfristig wäre eine solche Maßnahme „ökonomisch gefährlich“, weil sie das Vertrauen in die Marktwirtschaft in Deutschland unterminiere.

Über ein mögliches „Reparaturgesetz“ zu den Preisbremsen zeigt sich jedoch auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gesprächsbereit. Dieses soll verhindern, dass sich Unternehmen an Rückzahlungen im Zuge der Energiepreisbremsen bereichern.

Ursprünglich wollte man erst nach Ende der Preisbremsen zum 31. Dezember 2023 mit den Überprüfungen beginnen. Die Begünstigten sollten ihre Daten offenlegen und im Zweifel die erhaltenen Erstattungen zurückbezahlen müssen. Weil staatliche Einrichtungen nicht ausreichend Kapazitäten hätten, wolle man private Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit der Überprüfung betrauen.

Unternehmen, die eine Preisbremse in Anspruch nehmen, unterlägen zudem einem Boni- und Dividendenausschüttungsverbot.

(Mit Material von dts)



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