Richter verpflichten Habeck zur Herausgabe von Dokumenten zum Atomausstieg

Das Berliner Verwaltungsgericht beendet mit einem Urteil die Blockadehaltung des Habeck-Ministeriums. Dieses hat allerdings noch die Möglichkeit zur Berufung.
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Das Kernkraftwerk Neckarwestheim ging im vergangenen Jahr als letzter deutscher Atommeiler vom Netz. Die Hintergründe zum Atomausstieg muss das Bundeswirtschaftsministerium nun nach einem Gerichtsurteil öffentlich machen.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 15. Februar 2024

Das Bundeswirtschaftsministerium muss die Dokumente zum Atomausstieg öffentlich zugänglich machen. Das entschied das Verwaltungsgericht in Berlin am Mittwoch, teilt die „Welt“ mit. Diesem aktuellen Richterspruch vorausgegangen war ein Urteilsspruch im Prozess zwischen dem Magazin „Cicero“ und dem Ministerium unter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Wie Epoch Times berichtete, hatte das Magazin im Jahr 2022 Einsicht in 166 Dokumente des Ministeriums zu diesem Thema erhalten. Einzig das Wirtschaftsministerium verweigerte die Einsicht.

Unternehmen wandern ab – auch wegen Atom-Aus

Nach dem Aus für russische Gaslieferungen im Jahre 2022 behauptete die Bundesregierung stets: „Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem“ und hielt somit am deutschen Atomausstieg fest. Nach einer kurzen Laufzeitverlängerung gingen die letzten drei Kernkraftwerke am 15. April 2023 vom Netz.

Zwar hat Deutschland aktuell ausreichend Gas, jedoch ein großes Energiekostenproblem. Die Konsequenz: Die Industrie investiert kaum noch, Unternehmen ziehen ins Ausland. Laut „Welt“ habe das auch mit dem Atomausstieg mitten in der Energiekrise zu tun.

Weil die Kernkraftwerke aus der Einsatzreihenfolge der Strombörse gestrichen wurden, verkürzte sich die sogenannte Merit-Order-Kurve zwangsläufig, erläutern Fachleute. Die Folge ist, dass teure Gaskraftwerke auf der Liste nach vorn rutschen. Sie müssen früher angeworfen werden als vorher. Dadurch zahlen die Deutschen noch mehr für Elektrizität als ohnehin schon.

Was die Bundesregierung dazu bewogen hat, mitten in einer Krise aus der Atomkraft auszusteigen, wollte Daniel Gräber, Ressortleiter Kapital bei „Cicero“, wissen und verlangte vom federführenden Bundeswirtschaftsministerium Auskunft. Es sollte den internen Entscheidungsprozess in der volkswirtschaftlich wichtigen Frage des Atomausstiegs transparent machen.

Transparenz ist höher einzuschätzen

Das Umweltinformationsgesetz gab Gräber dafür auch die Rechtsgrundlage an die Hand: Insbesondere in Umweltfragen ist die Exekutive als ausführendes Organ der Öffentlichkeit gegenüber auskunftspflichtig, heißt es da. 

Doch mehr als anderthalb Jahre wies das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Ministerium den Antrag auf Akteneinsicht ab. In zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Berlin argumentierten Habecks Juristen, die Bundesregierung benötige „geschützte Räume“ für einen vertraulichen internen Abstimmungsprozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch hatten sie damit keinen Erfolg.

Am vergangenen Mittwoch, 14. Februar, entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass das Wirtschaftsministerium fast den ganzen internen Schriftverkehr zur Atomfrage an „Cicero“ herausgeben muss.

Die Richter folgten nicht der Auffassung des Ministeriums. Die Möglichkeit von vertraulichen internen Beratungen sei nicht höher zu gewichten als das Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz. Schließlich, heißt es in der Begründung (Aktenzeichen VG 2 K 51/23), bezögen sich die von Gräber angeforderten Unterlagen „auf einen abgeschlossenen Beratungsprozess“.

Zwar machten Habecks Juristen geltend, dass die Atomdebatte innerhalb und außerhalb Deutschlands bisher nicht abgeschlossen sei – und die Bundesregierung daher trotz vollzogenem Atomausstieg das Recht auf vertrauliche Beratungen zu Kernenergie haben müsse.

Zudem würde nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums eine Offenlegung der internen Schriftwechsel auch „den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess im Rahmen künftiger Beratungen innerhalb der Bundesregierung beeinträchtigen und hätte zur Folge, dass künftig ein unbefangener Meinungsaustausch nicht mehr möglich wäre“.

Fast 100 neue Dokumente zur Einsicht

Die Richter mochten dieser Meinung allerdings nicht folgen. Denn dieses pauschale Argument würde letztlich bedeuten, dass niemand in der Bundesregierung mehr verpflichtet werden könnte, Interna welcher Art auch immer der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Das Argument der Habeck-Juristen „genügt den Anforderungen an eine tatsachenbasierte Prognose nicht und läuft auf eine Bereichsausnahme für sämtliche innerhalb der Bundesregierung ausgetauschten Informationen hinaus“, so die Richter.

Nach dem Urteil müssen demnächst mehr als 100 neue Dokumente zum Ende der Atomkraft in Deutschland an „Cicero“ ausgehändigt werden. Damit dürfte der Beratungsprozess, der zum Atomausstieg geführt hatte, doch noch transparent werden.

Eine Aufarbeitung der Energiepolitik wird damit möglich. Die Dokumente, mutmaßt die „Welt“, dürften weitere Erkenntnisse darüber liefern, ob die Entscheidungen auch aus ideologischen und parteipolitischen Gründen getroffen wurden. Auch könnte sich klären, ob Risiken und Folgen zu gering eingeschätzt wurden. Eine Annahme, der die Bundesregierung bislang widerspricht.

Das Ministerium hat allerdings noch Gelegenheit zur Berufung. Diese muss sie innerhalb eines Monats einlegen.



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