Scholz: Bei Energiewende „Deutschland-Geschwindigkeit“ einlegen

Auf dem Wirtschaftstag des CDU-Wirtschaftsrates sprach Bundeskanzler Olaf Scholz über weitere Schritte der deutschen Energiewende – nachdem er lange warten musste.
Heizungstausch: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht die meisten der Bedenken als nicht mehr gerechtfertigt an.
Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 23. Mai 2023

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trat am Montag, 22. Mai, kurz auf dem Wirtschaftstag des CDU-Wirtschaftsrates in Berlin auf. Zum Anlass des 60-jährigen Bestehens des Wirtschaftsrates der CDU nannte der Kanzler den Unternehmern im Publikum zwei zentrale Themen seiner Politik.

Scholz will, dass Deutschland „klimaneutral wird und zugleich erfolgreiches Industrieland bleibt“. Dafür bedürfe es mehr Mut, mehr Investitionen und vor allem mehr Tempo.

Der Kanzler gestand ein, dass in der letzten Zeit „zu viel liegengeblieben ist in unserem Land“. Das betreffe die Bereiche Energiewende, Infrastrukturausbau, Digitalisierung, Modernisierung der Bundeswehr, Fachkräftesicherung oder wirtschaftliche Diversifizierung angesichts der veränderten geopolitischen Lage. In all diesen Bereichen wolle die Bundesregierung nun voranschreiten. Die Energieerzeugung habe dabei eine hohe Bedeutung: „Strom spielt eine Rolle und Wasserstoff und mehr Strom auch“, sagte Scholz.

Scholz schaltet auf „Deutschland-Geschwindigkeit“

Deutschland habe im vergangenen Jahr bewiesen, dass es bei wichtigen Dingen schnell sein kann. Der Beweis dafür sei, dass das Land die Energieversorgung gesichert habe. Deutschland sei mit einer stabilen Energieversorgung sicher durch den Winter gekommen. Es sei zu keiner „weitreichenden langfristigen ökonomischen Krise gekommen“, so Scholz. Dabei ist zu erwähnen, dass der vergangene Winter eher mild und der Energiebedarf vergleichsweise niedriger war.

Scholz lobte hier die Volkswirtschaft, aber auch alle Verantwortlichen, die diese „große Leistung unseres Landes“ zustande gebracht haben. Das Land habe gezeigt, dass es „Deutschland-Geschwindigkeit“ habe. Diese sei auch für die künftigen Herausforderungen nötig. Eine entscheidende Herausforderung sei unsere künftige Stromversorgung:

Schon 2030 wollen wir 80 Prozent unseres Stromes aus erneuerbaren Energien beziehen.“

Um das zu erreichen, benötige man Tempo. Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Bundesregierung die Stromproduktion um ein Drittel ausweiten, erklärte Scholz. In den 30er-Jahren soll diese dann auf 1.000 Terawattstunden ansteigen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 speisten alle inländischen Kraftwerke laut „Statista“ rund 510 Terawattstunden in das Stromnetz ein.

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Energieabhängigkeit vermeidbar?

Wichtig sei laut Scholz, dass sich Deutschland komplett selbst versorgen kann. „Wir wollen uns nicht abhängig machen von Stromimporten aus anderen Ländern“, betonte der Kanzler. „Wir müssen unseren Strom selber produzieren können, im europäischen Verbund dann nutzbar machen.“ Die Produktionskapazität müsse hierbei groß genug sein, um Deutschland selbst mit ausreichend Strom zu versorgen.

Seit dem Abschalten der letzten drei Kernkraftwerke Mitte April ist jedoch zu beobachten, dass sich die Stromimporte von Deutschland erhöht haben. Waren die Im- und Exporte vor dem Atom-Aus noch ausgeglichen, dominieren nun die Importe. Aus Frankreich und den Niederlanden fließt meist der größte Anteil nach Deutschland.

Aus den Daten der letzten Tage von „Agora Energiewende“ ist zu erkennen, dass Deutschland teilweise bis zu elf Gigawatt (am Abend des 22. Mai) von den Nachbarländern beziehen musste. An bewölkten und windärmeren Tagen kann Deutschland nur noch wenig Strom exportieren.

In der folgenden Grafik sind die Balken unterhalb der Null-GW-Linie Importe:

Scholz

Strom-Import/Export von Deutschland von 20. bis 23. Mai 2023. Foto: Bildschirmfoto Agora Energiewende

Dauerhafte Stromversorgung gewährleisten

Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, sollen Tag für Tag vier bis fünf Windkraftanlagen an Land und neue Photovoltaikanlagen mit einer Fläche von 45 Fußballfeldern entstehen. Die Planung beinhalte auch viele Kilometer Stromleitungen sowie Speicherkapazitäten. Beim Netzausbau will Scholz nun „mit riesiger Anstrengung“ bisherige Planungsverzüge aufheben und aufholen.

Neue gesetzliche Änderungen sollen dieses Vorhaben unterstützen. Das beinhalte auch die Verkürzung der Genehmigungszeiten für neue Anlagen. „Beim gegenwärtigen Gesetzesstand kann es gar nicht funktionieren, dass wir unsere Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien, zur Strom- und Wasserstoffproduktion erreichen“, stellte der Kanzler fest. „All diese Dinge müssen geändert werden und werden auch geändert.“

Aktuell stockt unter anderem der Ausbau der Windkraft in Nordwestdeutschland wegen unbearbeiteter Anträge für Schwertransporte, wie die „Welt“ berichtet. Rund 15.000 Anfragen liegen unbearbeitet bei der zuständigen Behörde. Dem Bericht zufolge sind allein für den Transport der Bauteile einer Windkraftanlage 150 Genehmigungen erforderlich.

Was tun bei „Flautesituationen“?

Der Kanzler gab in seiner Rede indirekt zu, dass Wind und PV-Energien nicht ständig zur Verfügung stehen:

Wenn das Land viel Strom aus erneuerbaren Quellen produziert, muss er auch 24 Stunden und sieben Tage die Woche zur Verfügung stehen.“

Gaskraftwerke, die Wasserstoff-ready sind, sollen dann „Flautesituationen ausgleichen“ und als künftige Grundlastkraftwerke dienen. „In den dreißiger Jahren müssen alle diese vielen Kraftwerke gebaut sein und ihren Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschland gewährleisten.“

Als Optimalzustand stellt sich Scholz vor, dass ausreichend Strom-Produktionskapazitäten „subventionsfrei billigen“ Strom zur Verfügung stellen. „Die Energiewirtschaft kann kein Dauer-Subventionsfall für die Bundesrepublik Deutschland werden.“ Das könne in keinem Land gut gehen und würde auch bei uns nicht funktionieren. „Wir müssen dafür sorgen, dass wir billige Produktionsbedingungen haben für Strom, damit wir in der Zukunft auch billige Strompreise in Deutschland haben.“

Kanzler von der CDU vorgeführt?

Bei der Veranstaltung wurde Scholz allerdings vorgeführt, wie „Der Westen“ berichtet. Man ließ ihn erst lange warten, rund 45 Minuten – bis es ihm irgendwann reichte. Auf einem Video, das im Netz die Runde macht, ist ein offenbar genervter Kanzler zu sehen.



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