Scholz: Kriegskanzler zwischen Zaudern und schlechter Kommunikation?

Knapp ein Jahr nach der russischen Invasion auf die Ukraine gibt es ein gemischtes Fazit zu der Kanzlerschaft von Olaf Scholz (SPD).
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Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und US-Vizepräsidentin Kamala Harris geben sich bei ihrem bilateralen Treffen auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) am 17. Februar 2023 in München die Hand.Foto: Michael Probst/Pool/AFP via Getty Images
Epoch Times18. Februar 2023

Der nahende 24. Februar markiert für Olaf Scholz den Abschluss eines Jahres, wie es so noch kein Bundeskanzler erlebt hat. Ein Kanzler der ökologischen Transformation, der gesellschaftlichen Modernisierung wollte er sein. Nun ist Scholz ein Kriegskanzler.

Der Ukraine-Krieg überlagert alles andere. In diesem schwierigen Umfeld musste der neue Regierungschef seine Rolle erst noch finden.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Bayerischen Hof, wo sich fast alles darum dreht, wie der russische Präsident Wladimir Putin gestoppt werden kann, hält Scholz nach dem per Video zugeschalteten ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskij die zweite Rede.

Aus der Rolle des Zögerlichen, die ihm von Kritikern zugeschrieben wurde, betont er dort eine deutsche Führungsrolle, die die Partner erwarten dürften, auch bei der Militärhilfe und die transatlantische Partnerschaft. Nachdem er die Lieferung von Leopard-2-Panzern bereits zugesagt hat, erklärt er in München: Nun komme es darauf an, „dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies auch wirklich tun“.

Doch das Wort „Kampfpanzer“ markiert nur einen Teil seiner Kanzlerschaft in den vergangenen zwölf Monaten. Reduziert auf einige wenige Schlüsselbegriffe sind auch zu nennen: Zeitenwende, Sondervermögen, Entlastungspakete, Doppel-Wumms, Flüssiggas, Laufzeitverlängerung, Kanzlermachtwort, Inflation.

Zaudern oder Besonnenheit und Gründlichkeit?

Nach und nach wurde erkennbar, wie der Kanzler selbst in seiner Rolle als Bundeskanzler in Kriegszeiten wahrgenommen werden möchte. Den Vorwurf des Zauderns kontert er mit dem Verweis auf Besonnenheit und Gründlichkeit. Anfang des Monats nutzte Scholz eine Rede im Bundestag, um seinen Führungsstil zu erklären. Was er dabei formulierte, war eine Art Scholz-Maxime für das Krisenmanagement.

„Bei alledem behalten wir die Umsicht und die Nervenstärke, die es braucht, um abgewogen zu entscheiden über Krieg und Frieden“, sagte der Kanzler. „Die Erfahrung der vergangenen zwölf Monate zeigt: Nicht die schnelle, laute Forderung setzt sich durch – sondern durchdachte, ordentlich abgestimmte und daher tragfähige Ideen.“

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz umschrieb er seine Ukrainekrieg-Politik mit den Worten: „Sorgfalt vor Schnellschuss – Zusammenhalt vor Solo-Vorstellung.“ Dort bekräftigte er, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben wird.

CDU-Politiker: ein „getriebener Kanzler“

Kritiker wollen diese Selbstdarstellung nicht gelten lassen. Sie sehen darin lediglich den Versuch des Kanzlers, schlecht gemanagte Entscheidungsprozesse in der Ampelkoalition nachträglich zur Strategie zu verklären.

„Durch sein Schweigen und Verklausulieren zu allen wichtigen Krisenentscheidungen verspielt der Kanzler Vertrauen und Gefolgschaft“, sagt der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), der Nachrichtenagentur AFP. „Krise braucht Führung, und Führung braucht Kommunikation.“ Daran hapert es bei Scholz, findet Hardt. Er sieht Scholz als „getriebenen Kanzler“.

Hardt kritisierte insbesondere die Entscheidungsfindung des Kanzlers in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine. Hier zeige sich „das Bild eines getriebenen Kanzlers, der die Partner erst lange durch mangelnde Bereitschaft für Exportgenehmigungen bevormundete und sie jetzt als angebliche Zauderer dastehen lässt“.

Es sei „zu befürchten, dass dies eines Tages auf uns zurückfällt“, sagte Hardt. „Deutschland kann sich nicht in wichtigen Fragen stets unangenehm in den Hintergrund drängen und dann plötzlich Gefolgschaft erwarten.“

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz markiert Scholz seine aktuelle Haltung mit den Worten: „Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern.“ Je früher Putin einsehe, „dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen“.

Strack-Zimmermann: Es hat zu lange gedauert

Knapp ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein kritisches Fazit zum Krisenmanagement von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gezogen. Zwar habe der Kanzler kurz nach Kriegsbeginn mit seiner Zeitenwende-Rede und dem Sondervermögen für die Bundeswehr ein „deutliches Zeichen auch an die internationale Gemeinschaft“ gesetzt, sagte Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP. Das habe in der EU und in der NATO „große Sympathien“ ausgelöst.

„Leider wurde diese Stimmung im Laufe der Monate wieder relativiert, weil es nach den staatstragenden Worten des Kanzlers zu lange gedauert hat, bis Deutschland anfing, die Ukraine auch mit militärischem Material und Waffen wirklich zu unterstützen“, fügte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags hinzu.

Positiv hob Strack-Zimmermann hervor, dass Scholz „als Regierungschef offensiv Industriestandorte besuchte, um sich persönlich ein Bild zu machen, welche Waffen wir überhaupt an die Ukraine liefern könnten“. Prinzipiell hätte sie sich vom Kanzler aber schnellere und couragiertere Entscheidungen gewünscht.

Dazu sagte Strack-Zimmermann: „In einer solchen Krise gehört es dazu, zwar in Abstimmung mit den Verbündeten, aber der geographischen Lage und wirtschaftlichen Potenz entsprechend zu agieren, mutig Führung zu übernehmen und nicht nur dann zu reagieren, wenn der innerdeutsche und internationale Druck zunimmt.“ (afp/er)



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