Seehofers neue Heimat-Truppe kann jetzt loslegen

Auch fünf Monate nach dem Amtsantritt von Horst Seehofer stehen im Bundesinnenministerium noch die Umzugskisten. Ein Grund: die neue Heimatabteilung, die sich die CSU gewünscht hat, muss im Bundesministerium des Innern erst einmal Platzt finden.
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Horst SeehoferFoto: Carsten Koall/Getty Images
Epoch Times22. August 2018

Auch fünf Monate nach dem Amtsantritt von Horst Seehofer (CSU) stehen im Bundesinnenministerium noch die Umzugskisten. Ein Grund: die neue Heimatabteilung, die sich die CSU gewünscht hat, muss Platz finden in dem klotzigen Bau, der jetzt Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat heißt.

Mit 150 Stellen ist die „Abteilung H“ jetzt die größte Fachabteilung im Haus. Zwei Drittel der Mitarbeiter sind inzwischen eingestellt. „Wir sind jetzt schon handlungsfähig“, betont Abteilungsleiter Michael Frehse (64). Um „gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration“ sollen sich seine Leute kümmern, um Regionalpolitik, Raumplanung und darum, dass in Deutschland überall weitgehend „gleichwertige Lebensverhältnisse“ herrschen.

Das klingt nach einer Riesenaufgabe, aber irgendwie auch sehr unkonkret. Außerdem sind für vieles, was Seehofers neue Truppe richten soll, andere Menschen zuständig: Zum Beispiel Ministerpräsidenten, SPD-Ministerinnen, Oberbürgermeister.

Frehse ist Norddeutscher und Jurist. Romantik und gefühlige Heimeligkeit sind seine Sache nicht. In seinem Büro im Erdgeschoss des Ministeriums steht ein Besprechungstisch mit einer dicken grauen Betonplatte. Der neue Abteilungsleiter sagt: „Unsere Arbeit hat mit Emotionen wenig zu tun. Wenn wir von „Heimat“ sprechen, dann geht es um Infrastruktur, um Kultur, um Daseinsvorsorge. Da müssen sehr handfeste strukturpolitische Entscheidungen getroffen werden.“

Er nennt ein Beispiel: „Seit 1994 ist gut ein Zehntel der bundesweiten Bahnstrecken stillgelegt worden. Wir wollen aber das Umland der Boom-Regionen über die bereits bestehenden Speckgürtel hinaus attraktiver machen.“ Dafür müsse die Verkehrsanbindung besser werden. Das Bundesverkehrsministerium leitet ein anderer CSU-Mann, Andreas Scheuer. Da geht vielleicht was.

Frehse ist fünf Jahre jünger als Seehofer und war früher einmal Vizepräsident der Bundespolizei. Dann ersetzte CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich 2012 die gesamte Spitze der Behörde. Frehse verschwand in den Untiefen des Ministeriums, was sich auch unter Thomas de Maizière (CDU) nicht änderte.

Die „Abteilung H“ soll sich um Gegenden kümmern, die verkümmern. Neue Forschungsinstitute und Bundesbehörden sollen nach dem Willen von Seehofer nicht nur in Großstädten wie München oder Stuttgart angesiedelt werden. Sondern auch da, wo junge Menschen keine Zukunft sehen. Das sind zum Beispiel Städte wie Suhl in Thüringen, wo das Durchschnittsalter der Bevölkerung bei 50 Jahren liegt.

Doch Frehse will seine Einheit nicht als Ost-Abteilung des Ministeriums verstanden wissen. Er sagt: „Wir haben in den letzten knapp 30 Jahren fast ausschließlich nach Osten geschaut und manche Regionen im Westen vernachlässigt.“ Da sei viel nachzuholen.

Frehse und seine „Heimat“-Beamten sind auch für Integration zuständig. Die von einigen Integrationsbeauftragten und Migrantenorganisationen vertretene These, dass sich Einwanderer und Einheimische dafür aufeinander zu bewegen müssten, schätzt man im Seehofer-Ministerium nicht sonderlich. Frehse sagt: „Unter Integration verstehen wir, dass Zuwanderer unsere tradierten Lebensweise so weit annehmen, dass es nicht zu Kollisionen kommt.“

In Bayern, wo es seit fünf Jahren ein Heimatministerium gibt, konnte Seehofer als Ministerpräsident einiges selbst bewegen. Wenn es um die gerechtere Verteilung von Ressourcen in ganz Deutschland geht, ist das viel komplexer. Deshalb hat das Bundeskabinett im Juli eine Kommission gebildet, die unter dem Titel „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ Vorschläge für eine gerechtere Verteilung von Ressourcen erarbeiten soll. Diese Kommission soll die Heimat-Abteilung begleiten.

Vorsitzender der Kommission ist Seehofer. Als Co-Vorsitzende wurden Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) bestimmt. Ende September soll die Kommission erstmals zusammenkommen. Zu dem Termin wird wohl auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erscheinen. Der Abschlussbericht der Kommission soll 2020 vorliegen. Eine ihrer sechs Arbeitsgruppen befasst sich mit „Wirtschaft und Innovation“. Sie muss schon 2019 Vorschläge liefern.

Der Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch, sagt: „Ich hoffe, dass die Kommission einen größeren Tatendrang an den Tag legt, als es Schwarz-Rot in der Vergangenheit getan hat. Dann hat sie unsere Unterstützung.“ Der ländliche Raum sei zuletzt „deutlich vernachlässigt“ worden. Vor allem im Osten bleibe viel zu tun.

„Heimat“ sei in Deutschland zwar ein „vorbelasteter Begriff“, sagt Bartsch. Doch auch die Linke setze sich dafür ein, dass jeder Mensch ein glückliches Leben führen könne, unabhängig davon, wo er geboren wird. „Wer das Heimat nennt, nur zu.“ (dpa)



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