Soldatenfriedhöfe Kreis Düren: Foto- und Blumen-Verbote im Stillen ausgeweitet

Für den Düsseldorfer Rechtsanwalt Ingve Stjerna ist die Kreisverwaltung Düren nun ganz „außer Rand und Band“. Nachdem bereits die neue Friedhofsverordnung im geschichtsträchtigen Hürtgenwald mit einem Ablage- bzw. Abstellverbot für Blumen und Kerzen für Unmut gesorgt hatte, geht man jetzt noch einen Schritt weiter.
Titelbild
Der Eingang zu den Kriegsgräberstätten im Hürtgenwald mit dem Aushang der Friedhofsordnung.Foto: Ingve Stjerna
Von 25. August 2023

Die im August 1952 eingerichteten Soldatenfriedhöfe in Hürtgen und Vossenack bei Aachen gelten als herausragende Kriegsgräberstätten in Deutschland. Im September 2022 beschloss der Kreistag in Düren (NRW) eine neue Friedhofsordnung für die beiden Stätten, offenbar initiiert durch die dortige Kreisverwaltung unter Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU).

Sie enthielt dann ein Verbot, Kränze oder Blumen, Vasen oder andere „Zeichen der Trauerbekundung“ auf der gesamten Kriegsgräberstätte, es sei denn, man zeige dies dem Kreis vorher an und dieser erteile eine Ausnahmegenehmigung.

Als Grund für das Verbot verwies der Kreis Düren damals auf rechtsextreme Vorfälle, die sich auf den besagten Soldatenfriedhöfen ereignet hätten.

Verbot im Stillen ausgeweitet

Im März dieses Jahres weitete der Kreis Düren per interner Dienstanweisung an die Friedhofsverwaltung und den Friedhofswärter für die beiden Kriegsgräberstätten das Verbot aus, was nun durch eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz bekannt wurde.

Nach dieser internen Dienstanweisung ist auch das Aufstellen von Fotos der gefallenen deutschen Soldaten in Uniform verboten. Dies berichtet der Düsseldorfer Rechtsanwalt Ingve Stjerna auf seiner Website.

Gleichzeitig wies man den Friedhofswärter an, dass das Ablegeverbot von „Trauerbekundungen“ entgegen der gültigen neuen Friedhofsordnung nicht für Angehörigen oder Bekannte der Bestatteten gelte. Offenbar sah man, wie der Anweisung zu entnehmen ist, „Regelungsbedarf zur eindeutigen Handhabung“.

Aber wie soll der Friedhofswärter wissen, wer Angehöriger oder Bekannter eines dort bestatteten Soldaten, Zwangsarbeiters oder bei der Minenräumung Verstorbenen ist? Rund 40 Prozent der dort Bestatteten sind unbekannt. Ein Großteil der Angehörigen und Bekannten dürfte bereits selbst verstorben sein. Außerdem stellt sich die Frage, wie bei unterschiedlichen Familiennamen zwischen Bestatteten und Angehörigen das Verwandtschaftsverhältnis nachgewiesen werden soll.

„Verletzung mehrerer Grundrechte“

Zudem sieht Rechtsanwalt Stjerna sowohl in der neuen Friedhofsordnung als auch in der internen Dienstanweisung mit der Ausnahmeregelung grundlegende Rechtsverletzungen, „die gleich mehrere Grundrechte“ betreffen.

Denn für Stjerna ist der Besuch von Soldatenfriedhöfen mit der Ablage von Blumen oder dem Abstellen von Kerzen oder Fotos ein berechtigter Teil des Gedenkens an die im Krieg Gefallenen. Dieses Recht, so sagt er, ist auch durch den in Paragraf 1 Absatz 1 des Gräbergesetzes festgelegten gesetzlichen Sonderstatus von Gräbern von Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft geschützt.

Entsprechend dem Paragraf 1 sei „diesen Opfern kraft des Gesetzes in besonderer Weise zu gedenken und für künftige Generationen die Erinnerung daran wachzuhalten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben“.

Davon abgesehen findet der Jurist, dass eine unterschiedliche Behandlung von Angehörigen/Bekannten und Dritten schon angesichts des Grundrechts auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) einen weiteren rechtlichen Problemkreis eröffnen würde. Denn ein legitimer Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei für ihn nicht ersichtlich.

Auch die Formulierung in der internen Dienstanweisung, dass für jedermann das Hinterlassen von „Trauerbekundungen“ mit „rechtsgerichteten Botschaften“ oder Fotos „in Wehrmachts- oder SS-Uniform“ generell nicht gestattet ist, hält er für problematisch.

Für viele Familien sei das Foto vom Vater in Uniform das letzte Foto vor dessen Tod, so der Jurist zur Epoch Times. Zudem sei der Begriff der „rechtsgerichteten Botschaft“ viel zu unbestimmt und damit ebenfalls rechtswidrig, so der Düsseldorfer.

Oberverwaltungsgericht lehnte Eilantrag ab

Er berichtet, dass in seiner Familie vier Tote und ein schwer verwundetes Mitglied durch die Kriegshandlungen im Zweiten Weltkrieg zu betrauern sind. „Sie haben ihr Leben bzw. ihre Gesundheit in der Normandie, der Südeifel, in Polen, in Österreich und Russland eingebüßt.“ Aus dieser eigenen Betroffenheit besucht er seit Jahren unter anderem auch die in Deutschland historisch herausragenden Soldatenfriedhöfe Hürtgen und Vossenack im Kreis Düren, um dort durch die Ablage von Blumen oder Kerzen der Kriegsopfer zu gedenken.

Gegen die neue Friedhofsordnung mit dem „Blumenverbot“ klagte der Jurist mittels eines Eilantrags und verlor in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Aachen, woraufhin er Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in Münster einlegte.

Das OVG NRW lehnte eine Intervention gegen das vom Kreis Düren verhängte Verbot der Ablage von „Zeichen der Trauerbekundung“ auf den Soldatenfriedhöfen ab.

Im Gespräch mit Epoch Times zeigte sich der Rechtsanwalt damals fassungslos über die Begründung des OVG. „Denn genau wie das Verwaltungsgericht Aachen vermied auch das Oberverwaltungsgericht NRW eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Friedhofsordnung“, so Stjerna. Ihm bleibt nun noch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht, den er offen ließ.

Sieben „rechtsextreme Vorfälle“ in rund 70 Jahren

Rechtsanwalt Stjerna wollte im vergangenen Jahr vom Kreis Düren wissen, wie oft es die beklagten „rechtsextremen Vorfälle“ auf den besagten Soldatenfriedhöfen zwischen deren Eröffnung 1952 und 2021 gegeben hat.

Die Antwort nannte insgesamt sieben Vorfälle – drei bis 2016 und vier nach 2016. Dabei ging es um Kranzniederlegungen und die Ablage von Symbolen und Zeichen mit rechtsextremem Hintergrund. Nur in einem dieser Fälle sei Strafanzeige wegen Bedrohung des damaligen Friedhofswärters erstattet worden. Bis 2008 gab es keinerlei Friedhofsordnung für die beiden Soldatenfriedhöfe.

5.300 Kriegsgräber in Hürtgen und Vossenack

Die Schlacht im Hürtgenwald zwischen September 1944 und Februar 1945 in der Nordeifel bei Aachen ist als eine der längsten und verlustreichsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs in die Geschichte eingegangen. Tausende deutsche und amerikanische Soldaten kamen hier in erbitterten Waldkämpfen ums Leben.

Darunter waren auch zahlreiche Zivilisten und ausländische Staatsangehörige, vermutlich Zwangsarbeiter. Hinzu kommen über 130 Männer, die nach dem Krieg als Mitglieder von Minensuchkommandos ihr Leben verloren.

Die Soldatenfriedhöfe in Hürtgen und Vossenack im Kreis Düren mit ihren mehr als 5.300 Kriegstoten, angelegt durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge von 1949 bis 1952, sollen Zeugnis dieser Schlacht und ein Ort des Gedenkens, Erinnerns und des Trauerns für Überlebende, Angehörige und alle Menschen sein, die die vielen Todesopfer beklagen.



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