Sparmaßnahmen: Lindner streicht geplanten Neubau für sein Ministerium

Statt weiteren Büros sollen in Berlin Wohnungen entstehen. Der Bund der Steuerzahler fordert eine „Generalrevision für Prestigebauten“ der Regierung.
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Beim Finanzministerium bleibt zunächst alles beim Alten, nachdem Minister Christian Lindner die Pläne für den Neubau zu den Akten gelegt hat.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 21. März 2023

Wohnungen statt Erweiterungsbau für das Finanzministerium: Im Streit um Sparmaßnahmen im Bundeshaushalt will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die geplante Vergrößerung seiner Behörde verwerfen. Es fehlten bezahlbare Wohnungen.

Daher sei es wenig sinnvoll, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen. „Wir werden stattdessen jetzt prüfen, ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann“, zitiert ihn die „Bild“ in ihrer Dienstagsausgabe. Aus dem Finanzministerium hieß es in der Nacht auf Dienstag, die Pläne für den Neubau würden mit dem Ziel überprüft, diese zu überarbeiten.

Flexibles Arbeiten seit Corona-Krise beliebter

Die Pläne für einen Erweiterungsbau an der Berliner Wilhelmstraße hatte 2019 Lindners Vorgänger und jetziger Bundeskanzler Olaf Scholz auf den Weg gebracht. Das Projekt befindet sich in der Entwurfsphase. Lindner hatte im Haushaltsstreit der Bundesregierung kürzlich einen ähnlichen Erweiterungsbau des Kanzleramts infrage gestellt.

Für diesen sind sogar schon die Bauvorbereitungen angelaufen. Lindner argumentierte, dass seit der Corona-Krise deutlich mehr Menschen mobil arbeiten wollten als zuvor. Im Finanzministerium gebe es bereits 65 Prozent „ortsflexibles Arbeiten“. Die Konsequenz aus dieser Entwicklung sei, dass man die Büroflächen anders nutzen und auch begrenzen könne.

Nicht notwendige Vorhaben überdenken

„Wir müssen raus aus den Schulden. Dazu überdenke ich auch wünschenswerte, aber nicht notwendige Vorhaben“, sagte Lindner der „Bild“.  In dem Erweiterungsbau sollten Beschäftigte arbeiten, die auf sechs verschiedene Standorte in der Hauptstadt verteilt sind. Kosten sollte das Gebäude zwischen 600 und 800 Millionen Euro. Der Baubeginn war frühestens ab 2025 vorgesehen. Wie viel der Abbruch der Planungen den Steuerzahler kosten, sagte Lindner nicht.

Ein Sprecher des Finanzministeriums teilte mit, dass sämtliche Vorhaben der Bundesregierung im Zuge der aktuellen Haushaltsberatungen „auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit“ geprüft würden. Dazu gehörten auch Vorhaben des Bundesfinanzministeriums.

Der rund 800 Millionen Euro teure Neubau neben dem Kanzleramt steht bei Lindner ebenfalls auf dem Prüfstand. Dafür hatte sich der Minister von der Regierung allerdings Kritik eingehandelt, wie Epoch Times berichtete. Demnach stieg die Zahl der Mitarbeiter seit 2019 von etwa 600 auf 857. Ein Stopp der Planung würde den Steuerzahler bereits 100 Millionen Euro kosten, sagte eine Regierungssprecherin.

Projekte „wie aus der Zeit gefallen“

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) forderte in seiner jüngsten Mitteilung zum Thema einen sofortigen Stopp des „Mega-Projekts“. Eine Verdopplung des Kanzleramts wirke angesichts hoher Schulden, Inflation und schwacher Konjunktur „wie aus der Zeit gefallen“.

BdSt-Präsident Reiner Holznagel unterstützte den Vorstoß des Finanzministers: „Dieser Botschaft von Minister Lindner stimmen wir voll zu – sie ist ein wichtiger Beitrag zur zwingend nötigen Haushaltsdisziplin.“

Der geplante Bau mit seinen Dimensionen und Kosten sei „völlig unpassend“ in einer Zeit, in der die Schulden des Bundes neue Rekorde knackten und die Bürger mit Sorge auf ihre Geldbeutel und ihre Zukunft schauten. „Auch die Ursachen müssen endlich angegangen werden“, fordert der Präsident. Seit Jahren steige die Zahl des Personals in den Bundesministerien. „Aufgabenkritik und mehr Effizienz – zum Beispiel durch mehr Digitalisierung – müssen auf die Tagesordnung der Bundesregierung“, fordert Holznagel daher.

Kanzleramt jetzt schon größer als das „Weiße Haus“

Das Bundeskanzleramt sei mit mehr als 25.000 Quadratmetern Nutzfläche bereits jetzt schon größer als das Weiße Haus in Washington oder der Élysée-Palast in Paris. „Und dennoch soll das bestehende Gebäude um ein zweites ergänzt werden“, äußert Holznagel Unverständnis. Die Nutzfläche verdopple sich durch den Neubau.

Grund für die teure Erweiterung sei die stetig wachsende Zahl an Beamten. „Wie so oft, sind bereits vor dem ersten Spatenstich die geplanten Ausgaben stark gestiegen“, führt er weiter aus. So waren für den Neubau Gesamtkosten von ursprünglich 485 Millionen Euro genehmigt. Später korrigierte die Bundesregierung auf 601 Millionen Euro und führte Baukostensteigerungen und Risikokosten als Gründe an.

Zuletzt ging die Regierung von Ausgaben in Höhe von rund 637 Millionen Euro aus. Hinzu kommen laut Holznagel 140 Millionen Euro Risikopuffer für erwartete Baukostensteigerungen. „Zusammen sind nun 777 Millionen Euro eingeplant – dies sind 292 Millionen Euro mehr als zunächst genehmigt“, kritisiert er.

Der BdSt-Präsident fordert „eine Generalrevision für Prestigebauten der Politik“. Das betreffe nicht nur die „Kanzleramts-Verdopplung, sondern auch die kostenintensiven Um- und Erweiterungsbaupläne für den XXL-Bundestag“.  Schließlich stehe auch die Zweiteilung der Regierung nach dem Berlin/Bonn-Gesetz insgesamt zur Disposition.

Schuldenabbau würde fast 200 Jahre dauern

Wie der BdSt auf seiner Internetseite darstellt, betrug die deutsche Staatsverschuldung Ende 2021 rund 2.320 Milliarden Euro. Würden ab sofort keine Schulden mehr aufgenommen und stattdessen jeden Monat eine Milliarde Euro an Verbindlichkeiten getilgt, würde es bis zum Jahr 2216 dauern, bis der Schuldenberg vollständig abgetragen wäre, veranschaulicht der BdSt. Stattdessen steigt die Verschuldung rasant. Betrug sie 2009 noch 4.439 Euro pro Sekunde, waren es 2020 mit 10.000 Euro mehr als doppelt so viel.

Am höchsten ist der Bund verschuldet. Auf ihn entfallen 67 Prozent der Staatsschulden. Danach folgen die Länder mit 27 Prozent. Die Schulden der Gemeinden schlagen mit sechs Prozent zu Buche.

Der Gesamtschuldenstand der öffentlichen Haushalte in Abgrenzung der Maastricht-Kriterien lag im Jahr 2021 bei über 70 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP). Die Bundesbank schätzt, dass rund 35 Prozent der Schulden des Bundes inländische Gläubiger halten und etwa 60 Prozent in der Hand ausländischer Gläubiger liegen.

 

 

 



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