Staatliche Hilfe und Inflationsprämie: Wer profitiert am meisten?

Eine aktuelle Studie des arbeitgebernahen Instituts der Wirtschaft (IW) in Köln zeigt, dass die Bundesregierung bisher erfolgreich die Inflation bei den Beschäftigten abgefedert hat und nur geringe Kaufkraftverluste bei vielen Arbeitnehmern zu verzeichnen sind. Besonders Menschen mit geringem Einkommen haben von den Entlastungspaketen profitiert, während Gutverdiener größere Verluste hinnehmen mussten.
Die Inflation in Deutschland ist wieder leicht gestiegen.
Bisher ist es der Bundesregierung offenbar gut gelungen, die Inflation bei den Beschäftigten abzufedern.Foto: Sven Hoppe/dpa
Von 9. Juli 2023

Bisher ist es der Bundesregierung offenbar gut gelungen, die Inflation bei den Beschäftigten abzufedern. Wenn die Inflationsprämie voll ausgeschöpft wird, ging bei vielen Arbeitnehmern kaum Kaufkraft verloren. Das geht aus einer aktuellen Studie des arbeitgebernahen Instituts der Wirtschaft (IW) in Köln hervor.

Die Studie unter dem Titel „Auswirkungen der Entlastungspakete in der Energiepreiskrise“ schlüsselt als eine der ersten Erhebungen umfänglich auf, wie sich die drei Entlastungspakete bis Ende 2023 auf die verschiedenen Einkommensgruppen auswirken dürften. Mögliche Lohnerhöhungen berücksichtigte die Studie in ihrer Auswertung nicht. Es geht dabei allein um die 240 Milliarden umfassenden 28 Einzelmaßnahmen der Bundesregierung, die die Folgen der Inflation dämpfen sollen.

Kaufkraftverluste fast ausgeglichen

Besonders Menschen mit geringem Einkommen haben demnach von den Programmen in den vergangenen zwei Jahren profitiert, ermittelte die Untersuchung. Die Kaufkraft sei infolge der Preissteigerungen trotzdem gefallen. Bei Geringverdienern lag der Kaufkraftverlust im Durchschnitt bei 15 Prozent. Bei Gutverdienenden seien es knapp zehn Prozent. Dass die Verluste so unterschiedlich sind, erklärt das Institut mit den Unterschieden beim Konsum. Die größten Preissprünge gab es bei Energie und Lebensmitteln. Dieser Preisanstieg schlägt bei Menschen mit einem niedrigeren Einkommen größer durch.

Eine detaillierte Analyse zeigt, dass eine vierköpfige Familie mit einem Jahresbruttoeinkommen von 40.000 Euro in den Jahren 2022 und 2023 zusätzlich 5.388 Euro aufbringen muss. Diese Ausgaben entsprechen 7,6 Prozent für 2022 beziehungsweise 6,8 Prozent für 2023 des Nettoeinkommens. Durch staatliche Unterstützung in Höhe von 8.543 Euro entsteht ein positiver Saldo von 3.155 Euro. Insbesondere die Erhöhungen von Wohngeld und Kinderzuschlag wirken sich positiv auf Familien mit geringem Einkommen aus.

Im Gegensatz dazu erhalten kinderlose Normalverdiener weniger staatliche Hilfe. Ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 45.000 Euro muss aufgrund der Preisanstiege in den Jahren 2022 und 2023 insgesamt 3.360 Euro zusätzlich aufbringen. Die Belastungen belaufen sich auf 6,2 Prozent beziehungsweise 5,4 Prozent des Nettoeinkommens in den beiden Jahren. Vom Staat gibt es 808 Euro Entlastung, es bleibt eine Lücke von 2.552 Euro. Bekommt der Single die volle steuerfreie Einmalzahlung vom Arbeitgeber, wurde er um 448 Euro überkompensiert.

Die größte Lücke bleibt bei Gutverdienern: Bei Singles mit einem Einkommen von 75.000 Euro bleibt nach staatlicher Entlastung eine Lücke von 2.861 Euro – sofern es vom Arbeitgeber keine Inflationsausgleichsprämie gibt. Bei Familien mit 120.000 Euro Jahreseinkommen bleibt eine Lücke von rund 6.000 Euro.

Inflation wesentlicher Faktor

Die Inflationsprämie der Arbeitgeber ist ein wesentlicher Faktor in der Entlastungsrechnung des Instituts der Wirtschaft. Werden die maximal möglichen 3.000 Euro zusätzlich gezahlt, gewinnen Singles mit 25.000 Euro Jahreseinkommen sogar 7,8 Prozent zusätzliche Kaufkraft. Ohne Prämie wären es 9,1 Prozent Verlust. Bei einer Familie mit einem geringen Einkommen von 40.000 Euro würde eine – nicht einmal voll ausgeschöpfte – Inflationsprämie sogar zu einem Kaufkraftplus von 20,6 Prozent führen, heißt es weiter.

Die Studie offenbart hier aber auch ihre Schwachstelle: Die Zahlung der Inflationsprämie war eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber. Während größere Unternehmen es sich eher leisten konnten, ihre Arbeitnehmer zu unterstützen, sind es viele kleine und mittelständische Unternehmen gewesen, die selbst zu kämpfen hatten und daher ihren Arbeitnehmern diese Prämie nicht zahlen konnten.

Familien mit geringem Einkommen profitierten laut IW-Zahlen trotzdem, auch wenn der Arbeitgeber keine Inflationsprämie zahlte. Durch die Wohngeldreform, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, gibt es nun einen größeren Kreis an Anspruchsberechtigten. Zugleich führt die laut IW 3,7 Milliarden Euro teure Reform auch zu höheren Zahlungen. In der IW-Rechnung bringt das einer Familie mit geringem Einkommen knapp 4.300 Euro im Jahr, was ohne die Inflationsprämie mehr als die Hälfte der Entlastung ausmacht.

Nicht alle Maßnahmen waren zielgenau

Gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) wünscht sich Studienautor Martin Beznoska mehr Beachtung dieses Umstands. „Dies sollte berücksichtigt werden, wenn über weitere sozialpolitische Maßnahmen, zum Beispiel über Höhe und Ausgestaltung der Kindergrundsicherung, entschieden wird“, so der Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik beim IW.

Weiter verweist Beznoska darauf, dass nicht alle Maßnahmen in den vergangenen zwei Jahren zielgenau gewesen sind: Teilweise profitierten auch diejenigen, die eigentlich keine staatliche Hilfe gebraucht hätten, etwa ein Single mit einem überdurchschnittlichen Jahreseinkommen von 75.000 Euro. „Hier wäre künftig mehr Augenmaß sinnvoll“, so der Finanzexperte. „Schließlich kommen die Steuerzahler für die hohen Ausgaben auf.“



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