Stationäre Grenzkontrollen erfolgreicher als erwartet – Schengen-Normalzustand rückt in weite Ferne

Trendwende bei unerlaubten Einreisen? Etwas mehr als zwei Monate nach Einführung stationärer Grenzkontrollen an mehreren Außengrenzen ist die Zahl irregulärer Übertritte nach Deutschland deutlich gesunken. Ministerin Faeser hat diese für vorerst zwei weitere Monate verlängert.
Beamte der Bundespolizei kontrollieren Fahrzeuge an einem Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen.
Beamte der Bundespolizei kontrollieren Fahrzeuge an einem Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen.Foto: Frank Hammerschmidt/dpa
Von 26. Dezember 2023

Eine für viele Skeptiker überraschende Wirkung haben die stationären Grenzkontrollen gezeigt, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser am 16. Oktober angeordnet hatte. Dies geht aus einer Auswertung der Bundespolizei hervor, über die „Welt am Sonntag“ am 24. Dezember berichtet hatte.

Während es an den Grenzen zu Tschechien, Polen und der Schweiz zuvor regelmäßig täglich um die 700 unerlaubte Einreisen gegeben habe, sei deren Zahl auf mittlerweile unter 300 gesunken. Während an der Grenze zu Österreich seit 2015 durchgehend Kontrollen bei der Einreise stattfinden, hatte Faeser zuvor stichprobenartige mobile Kontrollen favorisiert.

Grenzkontrollen erweisen sich als effektiv

Dem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge hatte es an den Grenzen zu den vier genannten Ländern in den 30 Tagen vor dem 16. Oktober insgesamt 18.492 irreguläre Übertritte gegeben. Nach Einführung der stationären Grenzkontrollen seien es nur noch 11.029 gewesen. Dies entspreche einem Minus von 40,4 Prozent.

Noch drastischer sei der Rückgang der illegalen Einreisen entlang der Grenze zu Polen gewesen. Dort habe sich deren Zahl sogar um 56 Prozent von 6.411 auf 2.795 verringert. Die Zahl der Zurückweisungen an der Grenze sei dort gegenüber den 30 Tagen vor der Einführung von vier auf 772 gestiegen. Statistisch zählen auch diese vereitelten Versuche als „Einreisen“.

Insgesamt sei die Zahl der Zurückweisungen um 7,8 angestiegen auf 4.292. Diese sogenannten Pushbacks waren in Deutschland die längste Zeit umstritten. Zumindest mit Blick auf Österreich soll diese Praxis, wie der „exxpress“ berichtete, hingegen Einzug gehalten haben. So soll es im Vorjahr nicht weniger als 15.000 davon in Richtung Österreich gegeben haben.

Maßnahmen in Deutschland nicht allein entscheidend

Zurückweisungen sind in jedem Fall in Fällen möglich, in denen Einreisende bereits in einem anderen Land Asyl beantragt haben, oder bei Vorliegen einer Wiedereinreisesperre. Bis dato überwog in Deutschland demgegenüber die Praxis, unerlaubte Einreisen zuzulassen, sobald der Aufgegriffene zu erkennen gibt, dass er Asyl sucht.

Das war einer der Gründe, warum es im Vorfeld eine Reihe kritischer Stimmen gegen eine Einführung stationärer Grenzkontrollen gegeben hatte. Der zu erwartende Erfolg einer solchen Maßnahme stehe in keinem Verhältnis zu ihren Nebeneffekten. Diese seien beispielsweise Staus an den Grenzen oder Behinderungen für die Wirtschaft. Schlepper, so das Argument, würden sich schnell auf die neue Situation einstellen.

Unterdessen scheinen diese tatsächlich vor der Verlegenheit zu stehen, eine neue Strategie finden zu müssen. Die stationären Grenzkontrollen in Deutschland waren möglicherweise nicht der einzige Grund, warum die Zahl der irregulären Grenzübertritte so stark rückläufig ist.

Die Bundespolizei geht davon aus, dass ähnliche Maßnahmen anderer EU-Staaten wie Polen, Tschechien oder der Slowakei ebenfalls dazu beigetragen haben. Diese Länder waren in der Vergangenheit beliebte Transitstaaten für Asylsuchende. Zudem hatte Serbien seine Kontrollen in Richtung Ungarn verstärkt.

Schuster: Erfolgreiche Grenzkontrollen bedeuten „miserables Zeugnis“ für Schengensystem

Neben illegalen Einreisen haben die Grenzkontrollen dem Bericht zufolge auch noch andere positive Effekte erbracht. So sei die Zahl der Personenfahndungstreffer deutlich nach oben gegangen. Im polnischen Abschnitt stieg deren Zahl in den 30 Tagen nach Einführung von 111 auf 754. Bei den offenen Haftbefehlen waren es zuletzt sogar 152 statt 22 davor.

An allen vier kontrollierten Abschnitten gingen 670 gesuchte Personen ins Netz – im Unterschied zu 284 vor Inkrafttreten der Maßnahmen. Bei den Sachfahndungen stieg die Zahl der Erfolge nach dem 16. Oktober von 194 auf 394. Dazu zählen beispielsweise Diebesgut oder Waffen sowie Spreng- oder Betäubungsmittel.

Sachsens Innenminister Armin Schuster würdigte die Leistungen der Bundespolizei. Für die sächsischen Kollegen verblieben kaum noch Aufgriffe. Die Erfolge zeigten jedoch auch, „wie unverzichtbar Grenzkontrollen aktuell sind“.

Allerdings bedeute die Entwicklung auch ein „miserables Zeugnis für die Funktionsfähigkeit des Schengen-Systems“. Dieses wollte Nancy Faeser, die zuletzt die Grenzkontrollen für weitere zwei Monate verlängern ließ, so schnell wie möglich wiederherstellen.



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