Stimmen der Nachbarländer: Die deutsche Flüchtlingspolitik irritiert

Was sagen Frankreich, Niederlande, Spanien, Ungarn, Italien, Slowakei, Tschechien und Polen zur deutschen Flüchtlingspolitik? "Der Bundeskanzlerin sei ein Fehler unterlaufen, für den nun ganz Europa die Zeche zahlen müsse."
Titelbild
Flüchtlinge besteigen einen Bus an der deutsch-österreichischen grenze bei Freilassing.Foto: Barbara Gindl/dpa
Epoch Times16. September 2015

Erst öffnen die Deutschen ihre Grenzen über Nacht für Flüchtlinge, wenige Tage später werden Kontrollen wieder eingeführt. Bei den Nachbarn sorgen die widersprüchlichen Signale für Irritationen. Einige Stimmen der vergangenen Tage:

FRANKREICH: Während die regierenden Sozialisten an Deutschlands Seite nach Lösungen in der Flüchtlingsfrage suchen, zeigt sich die Opposition skeptisch.

Der konservative Ex-Minister Bruno Le Maire sprach von einem „doppelten Fehler“ Merkels. Die Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, warnte, nun könnte sich ein Teil der Flüchtlinge Richtung Frankreich wenden. „Wir sind nicht die Fußmatte von Frau Merkel“, sagte sie dem Sender RTL.

NIEDERLANDE: Die Regierung zeigt Verständnis. Nach Einschätzung der Zeitung „de Volkskrant“ beugt sich Deutschland „der widerspenstigen Realität einer Flüchtlingskrise, die sich immer wieder schneller zu entwickeln scheint als die europäische Antwort darauf.“

SPANIEN: Die Lobeshymnen, mit denen Berlin in den spanischen Medien gefeiert wurde, sind vorerst vorbei. Die linksliberale Zeitung „El País“ hatte zunächst geschrieben, Deutschland befreie sich „endgültig von den Stereotypen und Klischees“, die mit der tragischen Geschichte Europas verbunden seien.

Nach der Einführung der Grenzkontrollen meint das Blatt, das „Sommermärchen“, das Deutschland zum „moralischen Führer Europas“ gemacht habe, sei zu Ende.

UNGARN: Für das führende konservative Wochenblatt „Heti Valasz“ wurde Angela Merkel zur „Bundesmutti“ (so die deutsche Wendung im ungarischen Text), als sie die Flüchtlinge aus Ungarn aufnahm.

Zum anschließenden Rückzieher fragt die Zeitung: „Wird Deutschland mit gefasst-freundlichem Gesichtsausdruck die Grenze schließen? Ist es damit zufrieden, dass (Ungarns Ministerpräsident Viktor) Orban angefangen hat, die Schengen-Regelungen einzuhalten?“

ITALIEN: Nach großer Anerkennung für die Bereitschaft der Kanzlerin, alle Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen, ist jetzt die Rede davon, dass Deutschland sich womöglich übernommen habe.

Das Wort vom „buonismo“, dem Gutmenschentum, macht die Runde. Dieses mache nun wieder dem Realismus Platz, schreibt die rechtspopulistische Zeitung „il Giornale“ und wirft Merkel „überraschende Naivität“ vor.

SLOWAKEI: Die Regierung in Bratislava wehrt sich deutlich gegen jegliche Verpflichtung, selbst Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Die Drohung, „EU-Ländern ihre Förderungen zu kürzen, wenn sie verpflichtenden Quoten für die Flüchtlingsaufnahme nicht zustimmen, ist nichts anderes als ein Vertuschen der Tatsache, dass die eigene Flüchtlingspolitik völlig versagt hat“, sagte Innenminister Robert Kalinak.

Der sozialdemokratische Regierungschef Robert Fico warnte: „Wenn jemand ein Mitgliedsland der EU für eine andere Meinung bestrafen will, bedeutet das das Ende der Europäischen Union.“

TSCHECHIEN: Innenminister Milan Chovanec hat die „inkonsistente Politik Deutschlands“ als größtes Problem bei der Lösung der Flüchtlingskrise gebrandmarkt. Lob für die deutsche Willkommenskultur gab es in Tschechien von Anfang an kaum.

Von links bis rechts wurden Merkels Worte als „Einladung an Wirtschaftsflüchtlinge“ gewertet. Deutschland werde seiner Führungsrolle in Europa nicht gerecht, kritisierte die Zeitung „Lidove noviny“.

POLEN: Der Bundeskanzlerin sei ein Fehler unterlaufen, für den nun ganz Europa die Zeche zahlen müsse, kritisierte die „Rzeczpospolita“ aus Warschau.

„Angela Merkel zerstört Schengen“, warnte das Blatt. Vermutet wurde, dass Deutschland mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen den Druck auf die Gegner eines zentralen EU-Verteilsystems für Flüchtlinge erhöhen wolle. (dpa/ks)



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