Unfallflucht bald nur noch eine Ordnungswidrigkeit?

Bundesjustizminister Buschmann will Straftat herabstufen und entkriminalisieren – allerdings nur, wenn es keine Verletzten gibt.
Justizminister Marco Buschmann will Unfallflucht ohne Personenschäden entkriminalisieren.
Bundesjustizminister Marco Buschmann will Unfallflucht ohne Personenschäden künftig anders bewerten.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 26. April 2023

Wer einen Unfall verursacht und das Weite sucht, könnte bald weitgehend ungeschoren davonkommen. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen der FDP geht – und nur dann, wenn es bei dem Zwischenfall keine Verletzten gibt. Bundesjustizminister Marco Buschmann plant eine teilweise Entkriminalisierung von Unfallverursachern. Wer sich unerlaubt von einem Unfallort entfernt, begeht laut derzeit gültigem Gesetz eine Straftat. Dafür kann es eine Geldbuße und Gefängnis bis zu drei Jahren geben. Buschmann möchte das nun zur Ordnungswidrigkeit herabstufen und lediglich mit einer Geldstrafe belegen. Das geht aus einem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums hervor, über das das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) berichtet.

Eckpunktepapier an Fachverbände geschickt

„Durch die Herabstufung der Unfallflucht nach reinen Sachschäden zur Ordnungswidrigkeit würde einer undifferenzierten Kriminalisierung des Unfallverursachers entgegengewirkt“, heißt es in dem Papier, das das Ministerium von Buschmann kurz nach Ostern mit der Bitte um Stellungnahme an Fachverbände verschickt hat.

Gefängnis bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe sollen Richter künftig nur noch bei Unfällen mit Personenschaden verhängen. Sobald es körperlich Geschädigte gebe, sei es stets erforderlich, „am Unfallort zu verbleiben und sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben“, heißt es in dem Ministeriumspapier. Das gelte „trotz der mit der Selbstanzeige des Unfalls verbundenen Selbstbezichtigung einer ggf. mitverwirklichten Begleittat“ – etwa einer Trunkenheitsfahrt.

Keine Anzeige mehr bei Trunkenheitsfahrt

„Vor diesem Hintergrund gibt es umgekehrt aber gute Argumente dafür, von einer Strafbewehrung der unterlassenen Selbstanzeige des Unfalls bei reinen Sachschäden abzusehen“, heißt es in dem Eckpunktepapier weiter. Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs, in dem die Unfallflucht geregelt ist, durchbreche nämlich das Prinzip der „Straflosigkeit der Selbstbegünstigung“. Wer also künftig alkoholisiert einen Unfall mit Blechschaden verursacht, soll rechtlich nicht mehr gezwungen sein, am Unfallort zu bleiben und auch eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer zu riskieren.

Bisher müssen Unfallbeteiligte eine „angemessene Zeit“ am Unfallort warten. Als Alternative dazu bringt das Bundesjustizministerium die Einrichtung einer Meldepflicht und -stelle ins Spiel. „Denkbar wäre etwa eine Meldung über eine standardisierte Onlinemaske, ggf. auch mit hochzuladenden Bildern vom Unfallort und Schaden, oder eine am geschädigten Fahrzeug zu fixierende Schadensmeldung, bei deren ordnungsgemäßer Vornahme keine tatbestandsmäßige Handlung vorläge“, heißt es in dem Papier weiter.

Anders als Eckpunktepapiere zu anderen Gesetzesinitiativen und Reformplänen hat das Bundesjustizministerium seine Pläne für eine mögliche Entkriminalisierung der Unfallflucht ohne Personenschäden bislang nicht öffentlich gemacht. Es wurde bisher nur an Fachverbände verschickt. Diese können nun bis zum 23. Mai schriftlich Stellung nehmen.

ADAC befürwortet Reform

Öffentlich geäußert hat sich beispielsweise der ADAC. Wie das ZDF berichtet, antwortete der ADAC, dass er den Vorstoß der FDP befürworte: Wer heute nach einem Parkrempler einen Zettel mit seinen Daten hinterlässt, wird zwingend als Straftäter verfolgt – er hätte eine ‚angemessene Zeit‘ warten müssen. Das geht an der Realität vorbei“, schreibt eine Sprecherin. Darum habe sich der ADAC wie auch der Verkehrsgerichtstag seit Jahren für eine Reform eingesetzt. Die Ahndung einer einfachen Unfallflucht als Ordnungswidrigkeit führe nicht zur Schlechterstellung der Geschädigten, betont der ADAC.

Widerspruch kam vom hessischen Justizminister Roman Poseck (CDU). Die Verkehrsunfallflucht müsse eine Straftat bleiben, „und das ohne Abstriche“. Es gehe nicht um ein „Kavaliersdelikt“, betonte Poseck. Viele Unfallopfer würden schon jetzt auf Sachschäden sitzen bleiben. „Es liegt auf der Hand, dass sich bei einer Entkriminalisierung der Verkehrsunfallflucht noch mehr Verkehrsteilnehmer ihren Pflichten entziehen werden“, glaubt der Justizminister Hessens.



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