Wasserstoff bis auf Weiteres keine Alternative im Heizungsmarkt

Wer seine Heizungsanlage nach dem „Gebäudeenergiegesetz“ umrüsten will, kann sich die Suche nach einer wasserstoffbetriebenen Alternative sparen: Experten zufolge wird diese Technik für Privathaushalte noch lange unerreichbar und unerschwinglich sein.
Ein Wasserstoffbehälter auf dem Gelände des Energieunternehmens Enertrag in Brandenburg.
Das Symbolbild zeigt einen Wasserstoffbehälter auf dem Gelände des Energieunternehmens Enertrag in Brandenburg.Foto: Christophe Gateau/dpa
Von 19. Juli 2023

Grüner Wasserstoff als Energiequelle für Heizungen wird in absehbarer Zeit ein unerfüllbarer Traum von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bleiben. Das geht aus einem Artikel des Onlineportals „Gebäude Energieberater“ hervor.

Martin Pehnt, der Wissenschaftliche Geschäftsführer und Vorstand des Heidelberger „Instituts für Energie- und Umweltforschung“, habe sämtlichen Hoffnungen, die „Wärmewende“ mithilfe von „klimafreundlich“ erzeugtem Wasserstoffgas zu schaffen, eine Absage erteilt: „Grünen Wasserstoff gibt es aktuell praktisch nicht“, zitiert das Portal „Gebäude Energieberater“ den Fachmann. Auch in Zukunft sehe es damit düster aus: „Künftig wird vor allem die Industrie enorme Mengen davon verbrauchen, um klimaneutral zu werden.“ Der Rest werde nicht ausreichen, um den Gebäudesektor in relevanten Mengen zu bedienen.

„H₂-Ready“ noch in der Entwicklungsphase

Pehnt habe auch auf die hohen Preise verwiesen: einerseits für den eigentlichen Energieträger Wasserstoff, andererseits für die Hardware. Denn „H₂-Ready-Heizungen“ steckten noch in der Entwicklungsphase. Lediglich Brennstoffzellenheizungen sind grundsätzlich erhältlich – wegen der für sie nötigen H₂-Speichertechnik aber teuer und wenig erprobt.

Auch die Umrüstung des deutschen Erdgasnetzes bedeute nicht nur eine große „logistische Herausforderung“, sondern abermals hohe Belastungen für den Geldbeutel.

KEA: „Noch lange äußerst knapp und teuer“

Das sieht Frank Hettler von der „Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH“ (KEA) ganz ähnlich. „Wasserstoff als Ersatz-Brennstoff für aktuell mit Erdgas betriebene Heizungskessel wird noch lange äußerst knapp und teuer sein“. Auch in puncto Energieeffizienz hinke die Technik hinterher, heißt es auf der Website von KEA „ZukunftAltbau.de“: „Im Vergleich zu einer Wärmepumpe ist rund sechsmal mehr Energie notwendig, um dieselbe Wärmemenge zu erzeugen“.

Wärmepumpen machen aus einer Kilowattstunde Strom rund drei Kilowattstunden Wärme, die Wasserstoff-Gasheizung aus zwei Kilowattstunden Strom aufgrund der Umwandlungsverluste nur eine Kilowattstunde Wärme.“ (Quelle: Gebäude Energieberater)

Auch mit der Logistik bei Inbetriebnahme sei es so eine Sache, bestätigt Hettler: „Wenn an einem bestimmten Tag von Erdgas auf Wasserstoff oder zuerst auf eine Mischung umgestellt wird, müssen alle Leitungen und alle angeschlossenen Haushalte mit ihren Geräten bereit sein, Wasserstoff zu transportieren und zu nutzen“, so Hettler. Er gehe davon aus, dass am Ende nur „wenige Heizungen, die an Knotenpunkten des künftigen Wasserstoffnetzes liegen, darüber versorgt werden“ könnten.

Die Website „ZukunftAltbau.de“ wird vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert.

Wind- und Sonnenstrom zur H2-Herstellung verwenden

Wasserstoff, so „ZukunftAltbau.de“, könne generell allerdings eine wichtige Rolle für den „Schwerlastverkehr und die Industrie“ spielen – und zwar in seiner Eigenschaft als speicherbarer Energieträger. Das „steigende Ökostromangebot“ aus Wind und Sonne könne die nötige Energie liefern, um normales Wasser per Elektrolyseverfahren in Sauerstoff (O₂) und Wasserstoff (H₂) aufzuspalten. Das einmal so gespeicherte H₂ könne zu einem beliebigen Zeitpunkt abgerufen werden. Somit erfülle der Wasserstoff zumindest seinen Zweck als „Bindeglied der Energiewende“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte während der Ministerpräsidentenkonferenz am 15. Juni in Berlin mit Vertretern der Länder vereinbart, „die notwendigen Entscheidungen“ für ein künftiges Wasserstoff-„Kernnetz“ noch im Laufe des Jahres 2023 zu treffen.

Habeck ruderte zurück

Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte selbst bereits vor einem Monat davor gewarnt, beim Heizen allzu große Hoffnungen in die Wasserstofftechnologie zu setzen. Er freue sich zwar, wenn Gasheizungen mit Wasserstoff laufen könnten. „Ich fürchte nur, dass es dafür nicht reicht“, sagte Habeck der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Denn der vorhandene Wasserstoff werde erst einmal für Bereiche wie die Stahlindustrie benötigt, in denen die „Transformation“ der deutschen Wirtschaft nicht anders funktioniere.

Noch Ende Mai hatte Habeck angekündigt, erste „wichtige Wasserstoff-Infrastrukturen“ bis spätestens 2032 in Betrieb nehmen zu wollen.

Experten gehen davon aus, dass jährlich mindestens 1,5 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff in Deutschland benötigt würden. Auch hier wäre das Land auf Importe angewiesen – beispielsweise aus Norwegen, den USASpanien, Australien, Chile, Marokko, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten oder der Ukraine.

Warten auf das neue Heizungsgesetz

Nach dem Entwurf des „Gebäudeenergiegesetzes“ (GEG) sollen neue Heizungen grundsätzlich zu mindestens 65 Prozent mit „erneuerbaren“ Kraftstoffen laufen. Bei Gasbestandsheizungen heißt das: neben Erdgas zu 65 Prozent Biogas oder „grüner“ Wasserstoff. Als Alternative bleiben Holzheizungen und Ölheizungen vorerst erlaubt, vorausgesetzt, sie schaffen die 65-Prozent-Regel. Das Wirtschaftsministerium setzt für die „Wärmewende“ aber vor allem auf elektrisch betriebene Wärmepumpen.

Die Vorgaben sollen für die meisten Gebäude nicht gleich ab dem 1. Januar 2024 gelten, sondern erst nach und nach. Außerdem gibt es eine Reihe von Ausnahmen. So sollen „fossile“ Gasheizungen noch bis Mitte 2028 eingebaut werden können.

Davon sei aber abzuraten, meint unter anderem die grüne Parteichefin Ricarda Lang: „Wer den Leuten einredet, dass Gas- und Ölheizungen sich lohnen, betreibt aktive Verbrauchertäuschung“, so Lang in einem Zeitungsbericht im Juni, „die Zeit, in der neue Öl- und Gasheizungen eingebaut werden sollten, ist vorbei.“

Frank Hettler von der „Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH“ geht ebenfalls davon aus: Da die „Gaspreisbremse“ Ende April 2024 auslaufe, werde das Erdgas automatisch teurer. Dazu komme noch die geplante Erhöhung der CO₂-Bepreisung durch die Bundesregierung. Hettler rechnet mit einem ersten Anstieg der „Kosten von 0,65 Cent pro Kilowattstunde auf 0,76 Cent“ im Lauf des Jahres 2024. Danach würden wohl „0,98 Cent pro Kilowattstunde“ fällig, Tendenz jährlich steigend, „um die Klimafolgekosten des Gasverbrauchs preislich nach und nach zumindest etwas mehr abzubilden“. Weil die Nutzerzahlen von Erdgas sinken würden, dürften sich auch die Netzkosten pro Haushalt nach oben bewegen.

GEG und kommunale Wärmepläne Hand in Hand

Der neue Gesetzentwurf berücksichtigt die angestrebte Kopplung der Neuregelungen mit der obligatorischen Aufstellung von Wärmeplänen durch die Kommunen.

Das GEG, ein Prestige-Projekt der Ampelregierung, wurde kurz vor der Sommerpause auf Eis gelegt: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte entschieden, dass den Abgeordneten mehr Zeit gewährt werden müsse, um sich eingehend damit zu beschäftigen.



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