Wechselt die Ampel auf Rot, wenn China davor steht?

Was passiert in der neuen Koalition in Bezug auf Peking? Übt das Auswärtige Amt unter einer grünen Ministerin scharfe Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen, während das Kanzleramt Merkels Chinapolitik fortsetzt? Es wird nicht einfach.
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Am Internationalen Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember 2021 in Hollywood: „No Rights No Games“. Sie protestierten gegen die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen der Kommunistischen Partei Chinas.Foto: FREDERIC J. BROWN/AFP via Getty Images
Von 17. Dezember 2021
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Die Ampel-Regierung steht. Kaum im Amt, wird die neue Bundesregierung mit einer ganz heiklen Frage konfrontiert: Soll Deutschland die Olympischen Winterspiele in Peking diplomatisch boykottieren, wie die USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Litauen und sogar der Kosovo bereits angekündigt haben? 

Oder will die neue Bundesregierung im Februar Vertreter zu den Olympischen Winterspielen nach China entsenden? Die Kritik an den schweren Menschenrechtsverletzungen in China durch die Blume zu sagen, geht in diesem Fall nicht. Die Ampel-Regierung wird aufgefordert, Farbe zu bekennen.

Keine strategische Partnerschaft mehr?

Die Merkel-Ära ist vorbei. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, FDP und den Grünen ist eine Abkehr vom bisherigen Chinakurs niedergeschrieben. China wird im Koalitionsvertrag doppelt so oft genannt wie Russland – ein Zeichen dafür, dass es einen großen Handlungsbedarf gibt, um den bisherigen Chinakurs zu korrigieren. 

Früher sagte man oft: „Was geht es uns an, wenn in China ein Sack Reis umfällt?“ Dieses Sprichwort ist in den letzten Jahren definitiv aus der Mode gekommen. China steht vor der Tür, wenn es nicht schon längst mit einem Fuß in Europa ist. Es ist unausweichlich, sich mit China auf allen Ebenen – politisch, wirtschaftlich und kulturell auseinanderzusetzen.

Schon seit der Schröder-Zeit hat die deutsche Regierung das kommunistische Land China als seinen strategischen Partner angesehen. Gerhard Schröder erklärte im Dezember 2004 bei seinem Besuch in China, dass er mit dem damaligen chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao eine strategische Partnerschaft vereinbart hat.

„Strategische Partnerschaft bedeutet, dass wir unsere Beziehungen auf allen Feldern konsequent ausbauen – in der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, aber eben auch in der Kultur … Darüber hinaus beinhaltet dieser Begriff der strategischen Partnerschaft sehr konkrete Ziele, wie zum Beispiel die Verdoppelung des bilateralen Handels bis 2010.“

Den Begriff „Strategische Partnerschaft“ benutzte auch die spätere Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer ersten Chinareise 2006. In ihrer Regierungserklärung im Juni 2020 hat sie noch mal deutlich gemacht, dass China für sie nicht einfach nur ein Partner, sondern sogar ein strategischer Partner sei.

Werteorientierung der neuen Bundesregierung

Wie wird die neue Bundesregierung die Beziehungen mit China definieren? Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten.“

Hier hat man drei Dimensionen im Verhältnis zu China angesprochen: Partner, Wettbewerber und Systemrivale. Von strategischer Partnerschaft ist nicht mehr die Rede.

Der Koalitionsvertrag betont die Werteorientierung bei der neuen Chinapolitik: „Die Menschenrechte als wichtigster Schutzschild der Würde des Einzelnen bilden dabei unseren Kompass. […] Auf der Grundlage der Menschenrechte und des geltenden internationalen Rechts suchen wir die Kooperation mit China, wo immer möglich.“

Angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen in China wäre eine Kooperation mit China nach diesem Vertrag wohl erst dann möglich, wenn das Regime zusammenfallen würde. Es ist auch notiert: „Wir thematisieren klar Chinas Menschenrechtsverletzungen, besonders in Xinjiang.“

Dabei setzt die Ampel-Regierung auf eine Zusammenarbeit mit den USA und mit anderen EU-Mitgliedstaaten gegenüber China. „Um in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können, brauchen wir eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China Politik.“

Eine starke EU-China-Politik zu haben, ist mit Sicherheit wünschenswert. In der Tat schließen sich viele EU-Länder immer enger zusammen, wenn es um China geht. Allerdings gibt es innerhalb der EU Mitgliedstaaten wie Ungarn, die immer wieder gerne „Lobeshymnen“ auf Peking singen.

Eine Niederlage für Merkel und Xi Jinping

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Eine Ratifikation des EU-China-Investitionsabkommens im EU-Rat kann aus verschiedenen Gründen zurzeit nicht stattfinden.“

Genau vor einem Jahr war der Abschluss des Vertrags noch als diplomatischer Erfolg der EU gefeiert worden, der Angela Merkel zu verdanken war. Dass er nun keine Aussicht hat, vom EU-Parlament ratifiziert zu werden, ist eine Niederlage für Merkel in der Wirtschaftspolitik; es ist auch eine Niederlage für Chinas Staatschef Xi Jinping, nicht nur in der Wirtschaft, sondern vielmehr in der Geopolitik. Er hat gehofft, mit diesem Investitionsabkommen die EU-Staaten auf seine Seite zu ziehen und damit mehr Druck auf die USA aufzubauen.

Dass Taiwan im Koalitionsvertrag zweimal erwähnt wird, lässt aufhorchen. Für Peking ist Taiwan ein extrem sensibles Thema. Wer das demokratische Taiwan unterstützt, zählt in den Augen der kommunistischen Führer in Peking zu der Kategorie der „politischen Gegner“ oder sogar der „Feinde“.

Es kommt die Frage auf, was Deutschland tun würde, wenn China tatsächlich Taiwan mit Gewalt einnehmen würde? Die Lage in der Straße von Taiwan ist höchst angespannt. Der ehemalige US-Präsident Trump warnte vor Kurzem davor, dass nach den Olympischen Winterspielen Schlimmes in der Region passieren könnte, ohne den Namen China zu nennen.

Olympia: Rot bei den Grünen, Gelb oder Grün bei der SPD?

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Vergabe und Ausrichtung von internationalen Sportgroßveranstaltungen sollen strikt an die Beachtung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und Nachhaltigkeit geknüpft sein.“

Soll sich Deutschland nun anderen Ländern anschließen und die Olympischen Winterspiele in China diplomatisch boykottieren?

Wie diverse deutsche Medien berichteten, hält sich der neue Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Frage zum Olympiaboykott zurück. Die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hofft auf eine gemeinsame EU-Position.

Das zeigt eine große potenzielle Schwierigkeit innerhalb der Ampel-Regierung. Wird es vorkommen, dass das Auswärtige Amt unter der Leitung einer grünen Ministerin scharfe Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen übt, während das Kanzleramt Merkels Chinapolitik fortsetzt? 

Olaf Scholz hatte, noch bevor er zum Bundeskanzler gewählt wurde, am 5. Dezember Chinas Präsident Xi Jinping die Fortsetzung des pragmatischen Kurses seiner Vorgängerin Angela Merkel signalisiert.

Geht die Ampel auf Rot, wenn China davor steht? Oder könnten sich die Grünen mit ihrem Koalitionspartner, der FDP, gegen die Fortsetzung von Merkels Chinapolitik durchsetzen? Einfach wird es nicht sein. Olaf Scholz hat mittlerweile die Außenpolitik zur Chefsache erklärt.



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