„Zunehmende Verrohung“: Sondervermögen Innere Sicherheit gefordert

Der Deutsche Städtetag fordert schärfere Strafen, die Gewerkschaft der Polizei mehr polizeiliche Präsenz. Auch ein Sondervermögen Innere Sicherheit kommt wieder ins Spiel.
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Sollen die Strafen verschärft werden, wenn Politiker angegriffen werden?Foto: via dts Nachrichtenagentur
Epoch Times5. Mai 2024

Nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke fordert der Deutsche Städtetag schärfere Strafen. „Wir müssen politisch Engagierte besser schützen“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe der „Rheinischen Post“.

Dabei könnte auch eine Strafrechtsverschärfung helfen, die Nachstellungen, Aufmärsche vor Wohnhäusern und Drohungen gegen die Familie von Politikern verfolge.

Rechtlich neu absichern

Lewe ergänzte, man unterstütze einen entsprechenden Vorschlag Sachsens, „der Bund sollte das ins Strafgesetzbuch aufnehmen“. Angriffe auf Politiker, „egal ob Europaabgeordneter oder Stadtrat, müssen von Polizei und Justiz konsequent verfolgt und bestraft werden“, forderte Lewe.

Zugleich sagte der Präsident, man sei entsetzt „über die feigen und brutalen Angriffe“ der vergangenen Tage in Dresden, in Essen und anderswo. Auch Kommunalpolitiker seien inzwischen fast täglich Bedrohungen und sogar tätlichen Angriffen ausgesetzt. Das sei nicht nur entsetzlich für die Betroffenen selbst.

„Wenn Menschen sich nicht mehr trauen, für ein Amt zu kandidieren, weil sie Angst um ihre Gesundheit haben müssen, zerbricht unser demokratisches Gemeinwesen. Genau das ist es, was die Angreifer bezwecken. Das dürfen wir nicht zulassen“, sagte Lewe.

Verrohung der Gesellschaft

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert derweil ein deutliches Hochfahren der Polizeipräsenz und ein Sondervermögen zur Inneren Sicherheit.

„Die Gewalttat vom letzten Freitag sowie weitere ähnliche brutale Gewalttaten in der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass eine zunehmende Verrohung und zunehmende Nicht-Akzeptanz unseres demokratischen Rechtsstaates in gewissen Bereichen erfolgt“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der „Rheinischen Post“. Daher müsse die polizeiliche Präsenz deutlich erhöht werden.

Dabei forderte er auch mehr Ausstattung für die Polizei: „Die technischen Hilfsmittel wie zum Beispiel Kameraüberwachung zumindest an stark frequentieren Orten muss ausgebaut werden, die Zusammenarbeit der polizeilichen Sicherheitsbehörden weiter intensiviert werden“, sagte Roßkopf.

Und weiter: „Es kann und darf nicht sein, dass alleine die Bundespolizei in diesem Jahr mit fehlenden 500 Millionen Euro abgespeist wird.“ Dringend notwendige Anschaffungen, auch im Bereich moderner Einsatzmittel, blieben damit unmöglich.

„Wer an innerer Sicherheit spart, spart mit Sicherheit an der falschen Ecke“, so der Polizeigewerkschafter. „Wir brauchen sofort ein Sondervermögen Innere Sicherheit. Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass massive Einsparungen auf Kosten der inneren Sicherheit gemacht werden.“

Ökonomen warnen vor Imageschaden

Die allerjüngsten Angriffe auf Wahlkämpfer seien „alarmierend“, sagte die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer dem „Handelsblatt“. „Der Imageschaden für Deutschland ist groß und kann dem Wirtschaftsstandort Deutschland sehr schaden.“ Noch mehr Sorgen mache sie sich jedoch, dass solche Vorfälle mehr und mehr Menschen abschrecken werde, sich in der Politik zu engagieren.

„Darin sehe ich die größte Gefahr für unsere Demokratie“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der die Bundesregierung berät.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fürchtet, dass sich soziale und politische Konflikte noch verstärken könnten. „Deutschland verspielt zunehmend seinen Ruf als Anker der Stabilität in Europa“, sagte Fratzscher dem „Handelsblatt“. Eine zunehmende Instabilität verunsichere ausländische Unternehmen und Investoren und dürfte die eh schon gesunkenen Direktinvestitionen in Deutschland weiter schwächen.

Vor allem Regionen in Ostdeutschland, in denen der Zulauf zur AfD besonders stark und Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz besonders ausgeprägt seien, würden „einen hohen wirtschaftlichen Preis zahlen“, wenn es ihnen nicht gelinge, die offene Gesellschaft, Demokratie und Marktwirtschaft zu verteidigen.

Esken: Nicht Verharmlosen

SPD-Chefin Saskia Esken warnt nach den Angriffen unterdessen vor einer ernsthaften Gefahr für die Demokratie und jeglicher Verharmlosung. „Der Überfall auf Matthias Ecke und die wachsende Gewalt gegenüber denen, die sich für unsere Demokratie einsetzen, ist ein Alarmsignal an alle Menschen in diesem Land“, sagte Esken der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe).

„Wenn Schlägertrupps die Plakatierteams demokratischer Parteien angreifen, greifen sie die Grundfeste unserer Demokratie an. Was Matthias Ecke erleben musste, stellt ein Ausmaß an Gewalt dar, das allen klarmachen muss, womit wir es hier zu tun haben: Eine ernsthafte Gefährdung unserer Demokratie.“ Jede Verharmlosung verbiete sich.

Verurteilen, diskutieren, Sitzungen – was hilft?

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) verlangt derweil klare Konsequenzen aus den jüngsten Angriffen auf Wahlkämpfer in Dresden und Essen. „Die jüngsten Vorfälle reihen sich ein in Angriffe auf Amtsträger wie Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungskräfte und anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst“, sagte er der „Rheinischen Post“. Das sei leider Fakt.

Er frage sich aber, warum immer dann, wenn so etwas passiere, die gleiche Leier gespielt werde: „Verurteilen, diskutieren, Sitzungen veranstalten. Damit ist niemanden geholfen.“

Was nun nötig sei, wäre ein „entschlossenes, solidarisches Handeln aller staatlicher Institutionen gegen diese zunehmende Gewaltbereitschaft, eine konsequente Strafverfolgung mit wirkungsvollen Urteilen und endlich wieder ein respektvolles Miteinander in der Gesellschaft. Wir Demokraten dürfen uns nicht einschüchtern lassen, sondern müssen gemeinsam zusammenstehen.“ (dts/red)

 



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