Umfrage: AfD büßt Wählerstimmen ein – Regierungsbildung in zwei Bundesländern immer schwieriger

Für die Wählerschaft in Sachsen und Thüringen ist derzeit nicht abzusehen, wie ein künftiges Regierungsbündnis nach den Landtagswahlen aussehen könnte. Die CDU wäre auf das Wohlwollen der Wagenknecht-Partei angewiesen. Und mit der AfD will niemand koalieren.
Ein Wählerin wirft in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Wahlurne.
Die AfD stellt in Sachsen und Thüringen derzeit die anhängerstärkste politische Kraft dar. Zuletzt verlor die Partei in beiden Ländern allerdings an Wählergunst. Symbolbild.Foto: Uwe Anspach/dpa
Von 21. März 2024

Gut fünf Monate vor der Landtagswahl in Sachsen bleibt die Alternative für Deutschland (AfD) trotz leichter Verluste die stärkste Partei im Freistaat. Nach einer aktuellen INSA-Umfrage unter 1.000 wahlberechtigten Bürgern würden sich 34,0 Prozent für die AfD entscheiden, wenn schon am kommenden Sonntag abgestimmt würde. Den Auftrag zur Befragung hatte die „Bild“ erteilt.

Der Vorsprung zur CDU ist allerdings um zwei Prozentpunkte geschrumpft: Die AfD büßte im Vergleich zur letzten INSA-Umfrage vom 31. August 2023 einen Punkt ein, die Union gewann einen Zähler dazu. Für den amtierenden Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) würden sich damit nun genau 30 von 100 Sachsen erneut entscheiden.

Sachsen-Duell: Kretschmer vs. Urban

Bliebe es bei den aktuellen INSA-Werten, würde es im Spätsommer auf ein Duell zwischen Kretschmer und Jörg Urban hinauslaufen. Der AfD-Landesverband hatte Urban laut MDR am vergangenen Wochenende auf seinem Listenparteitag in Glauchau mit 92 Prozent der Stimmen zu seinem Spitzenkandidaten gewählt. Der 59-Jährige bekleidet bereits die Ämter des Landesverbands- und Fraktionsvorsitzenden.

Trotz des Vier-Punkte-Vorsprungs wird es für Urban aber kaum möglich sein, Ministerpräsident zu werden. Denn mit Ausnahme der Freien Wähler (FW) lehnen alle anderen Parteien in Sachsen die Unterstützung der AfD ab. Und der FW-Landesverband wird es mit seinen derzeit 3,0 Prozent wohl kaum in den Plenarsaal von Dresden schaffen.

Doch auch für Kretschmer dürfte sich die Suche nach einem Koalitionspartner schwierig gestalten. Zahlenmäßig infrage käme zurzeit das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das als einzige Kraft neben AfD und CDU zumindest auf eine Wählerschaft im zweistelligen Prozentbereich (11,0 Prozent, neu am Start) hoffen kann. Das BSW war aus den Reihen der Linken hervorgegangen, zu denen die CDU bereits im Jahr 2020 ebenfalls einen Unvereinbarkeitsbeschluss getroffen hatte (PDF-Datei).

«Energiewende, Heizungsgesetz, Flüchtlingspolitik und Russland-Embargo haben der AfD den Sieg gebracht», meint Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) liegt in Umfragen noch immer hinter der AfD. Foto: Jan Woitas/dpa

CDU Sachsen vor schwieriger Partnerwahl

Über ihre Haltung zum BSW liegt vonseiten der CDU laut „Frankfurter Rundschau“ (FR) noch kein abschließendes Urteil vor: Andrea Lindholz, Vize-Fraktionschefin der Union im Bundestag, lehnte nach Informationen der FR noch Mitte Februar 2024 ein Bündnis ab. Für alle Fälle bekäme es die Sachsen-CDU laut MDR mit Sabine Zimmermann und Jörg Scheibe zu tun, den beiden frisch gewählten BSW-Landesvorsitzenden.

Scheibe hatte nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) kurz nach seiner Wahl in die sächsische BSW-Doppelspitze für Aufregung gesorgt: Als „Demokrat“ könne man nicht davon sprechen, die „Demokratie retten“ zu wollen, dann aber nach dem Motto „Mit denen spielen wir nicht, mit denen reden wir nicht“ zu argumentieren.

In dieser Aussage hätten manche Kritiker eine Öffnung zur AfD vermutet, berichtet die SZ. Scheibe habe die Sache wenig später als Missverständnis dargestellt: Er habe eine „unglückliche“ Formulierung gebraucht und von einem ganz bestimmten Abstimmungsverhalten bei einer Richterwahl im Thüringer Landtag gesprochen. Scheibe und weitere BSW-Landespolitiker hätten betont, „dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD“ geben werde.

SPD und Grüne in Sachsen müssen um Mandate bangen

Falls CDU und BSW ebenfalls auf keinen gemeinsamen Nenner kommen würden, bliebe Kretschmers Landes-CDU beim Stand der Dinge nichts anderes übrig, als die SPD und die Grünen ins Koalitionsboot zu holen. Doch beide Landesverbände verloren der jüngsten INSA-Befragung zufolge an Wählern: Die SPD sackte um einen Punkt auf nun 6,0 Prozent ab, die Grünen verzeichnen ebenfalls ein Minus von einem Zähler und landen bei 5,0 Prozent.

Falls es für beide Parteien bis zum Wahltag am 1. September schlecht laufen sollte, könnten sie mitsamt den Linken (5,0 Prozent, minus vier Punkte) und der FDP (2,0 Prozent, minus drei Punkte) in Sachsen in die politische Bedeutungslosigkeit fallen. Als „Königsmacher“ für Kretschmer bliebe allein das BSW übrig.

Thüringen: AfD verliert deutlich – Partei bleibt aber stärkste Kraft

Auch in Thüringen wird am 1. September gewählt. Eine aktuelle INSA-Umfrage im Auftrag der Funke-Medien Thüringen sieht die Landes-AfD laut „t-online“ derzeit bei 31,0 Prozent und damit um drei Punkte geschrumpft. Infratest dimap maß im Auftrag des MDR-Thüringentrends“ jüngst sogar nur noch 29 Prozent für die AfD – fünf Prozentpunkte weniger als Anfang Juli 2023. Beide Werte würden allerdings immer noch für einen klaren Wahlsieg ausreichen. Sogar 37,0 Prozent der Befragten gaben laut MDR an, eine AfD in Regierungsverantwortung zumindest „eher“ zu begrüßen.

In Thüringen geht Björn Höcke als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen. Nach einem Bericht von ntv hatte Wagenknecht für das BSW eine Zusammenarbeit mit Höcke bereits ausgeschlossen, weil dieser ein „Rechtsextremer“ sei. Der AfD-Landesverband gilt nach Auffassung des Verfassungsschutzes als „gesichert rechtsextremistisch“.

Ramelow beliebt – seine Regierung eher nicht

Bodo Ramelows Linke verzeichnet mit 16,0 Prozent (minus vier Punkte) bei Infratest dimap die zweitstärksten Verluste in der Thüringer Wählergunst. INSA maß laut „t-online“ allerdings 18,0 Prozent.

Seine Zeit als Ministerpräsident dürfte also auf jeden Fall demnächst vorbei sein, auch wenn er bei einer Direktwahl laut MDR die besten Chancen hätte: 44 Prozent der Wähler würden sich für ihn entscheiden. Kurios: Nach MDR-Angaben sind gemäß Infratest dimap nur noch 35 Prozent der Befragten mit der rot-rot-grünen Minderheitsregierung unter Ramelow zufrieden.

CDU & BSW: Zu wenig für Zweierbündnis

Somit kristallisiert sich für den Erfurter Landtag ein ähnliches Bild heraus wie in Sachsen: Trotz der breitesten Wählerzustimmung fehlt der AfD ein Bündnispartner und die CDU müsste als zweitstärkste Kraft (INSA: 21,0 Prozent, plus eins; Infratest dimap: 20,0 Prozent, minus eins) auf das BSW hoffen. An die Spitze des BSW-Landesverbands wurden erst kürzlich die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf und der Unternehmer Steffen Schütz gewählt.

INSA maß für den Thüringer Landesverband des BSW aus dem Stand 13,0 Prozent, Infratest dimap sogar 15,0 Prozent. Selbst wenn CDU-Landesspitzenkandidat Mario Voigt das BSW als Partner akzeptieren würde, würde es somit aktuell nicht für eine Mehrheit ausreichen.

Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt wird wohl kaum um Gespräche mit dem BSW herumkommen. Foto: via dts Nachrichtenagentur

Voigt hatte sich nach FR-Angaben Mitte Februar nicht festlegen wollen, ob er mit dem BSW koalieren würde. Viele andere Optionen stünden ihm, Stand heute, allerdings nicht zur Verfügung. Im Gegenteil: Voigt müsste wahrscheinlich auch noch bei der SPD (laut Infratest dimap 9,0 Prozent/minus ein Punkt) antichambrieren, um ein handlungsfähiges Dreierbündnis schmieden zu können. Vorausgesetzt, die CDU-Unvereinbarkeitsbeschlüsse zu AfD und Linken würden nicht gebrochen.

Ob die Grünen es überhaupt noch in den Erfurter Landtag schaffen, ist unklar: Beide Meinungsforschungsinstitute sehen die Partei bei 5,0 Prozent. Die FDP firmiert in Thüringen inzwischen mit Werten zwischen 2,0 und 3,0 Prozent unter den „Sonstigen“.

Wagenknecht legt sich nicht fest – nur „Rechtsextremisten“ sind ausgeschlossen

Ende Februar hatte sich Sahra Wagenknecht laut „ntv“ übrigens zumindest auf Bundesebene gegen eine kategorische „Brandmauer“ zur AfD ausgesprochen: Wenn es um „Sachfragen“ gehe, müsse man ungeachtet der Partei entscheiden, „ob eine Forderung richtig oder falsch“ sei. Alice Weidel, die AfD-Bundessprecherin, vertrete schließlich anders als Björn Höcke „keine rechtsextremen Positionen, sondern konservativ-wirtschaftsliberale“.

Nach Informationen der FR wäre Wagenknecht auch grundsätzlich zu einer Zusammenarbeit mit den Christdemokraten bereit, sofern sich diese zu „spürbaren“ Verbesserungen „für die Menschen“ durchringen könnten.

Umfragen wie jene von Infratest dimap oder INSA weisen immer eine gewisse Fehleranfälligkeit von bis zu plus/minus drei Prozent aus.



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