Erdogans Referendum: Was passiert bei einem „Ja“?

Ein „Ja“ zu Erdogans Verfassungsreferendum ist das Ergebnis erster Prognosen in der Türkei. Was würde das für das Land bedeuten?
Titelbild
Schals mit dem Gesicht des türkischen Präsidenten Erdogan.Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images
Epoch Times16. April 2017

Laut der Prognose von 17:30 Uhr sagten 55 % der Türken „Ja“ und 45 % „Nein“ zum Verfassungsreferendum, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan neue umfassende Machtbefugnisse geben soll.

Die Befürworter Erdogans wollen das parlamentarische System durch eine Exekutivpräsidentschaft ersetzten, welche das Land modernisieren soll. Gegner befürchten, dass der türkische Staat noch autokratischer wird.

Mit einer „Ja“-Entscheidung könnte Erdogan bis zum Jahr 2029 im Amt bleiben, denn die erste Wahl nach der Verfassungsänderung wäre erst im Jahr 2019. Danach könnte er zwei Legislaturperioden bleiben – im Fall von strategischen Neuwahlen sogar noch länger.

Was ändert sich bei „Ja“?

Die Macht konzentriert sich verstärkt auf den Staatspräsidenten, denn das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft. Gleichzeitig wäre erlaubt, dass der Präsident einer Partei angehört und dieser vorsteht. Als Parteivorsitzender hätte der Präsident dann großen Einfluss auf die Besetzung der Parlamentssitze.

Der Präsident ernennt seine Stellvertreter und Minister selbst – und ohne, dass das Parlament zustimmen muss. Vertrauensfragen sind abgeschafft. Der Präsident darf außerdem bestehende Ministerien auflösen oder neue erschaffen.

Die Wahlen von Präsident und Parlament sollen am gleichen Tag stattfinden. So würde es wahrscheinlicher, dass die Partei des Präsidenten auch im Parlament die stärkste Kraft wird. Eine Legislaturperiode soll fünf Jahre dauern. Der Präsident darf nur einmal wiedergewählt werden – es sei denn, er setzt in seiner zweiten Amtszeit Neuwahlen an.

Sowohl der Präsident als auch das Parlament könnten Neuwahlen ausrufen – und das jederzeit. Das Parlament braucht dafür allerdings eine Dreifünftel-Mehrheit. Falls es zur Neuwahl käme, würden wieder Parlament und Präsident neu gewählt.

Der Präsident könnte in bestimmten Bereichen Dekrete erlassen ohne die Zustimmung des Parlaments einzuholen. Die Verordnungen des Präsidenten würden mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten. Sofern das Parlament ein Gesetz zum Thema erlässt, würde das Gesetz gelten.

Der Präsident erhielte vergrößerten Einfluss auf die Justiz, weil einen nicht unerheblichen Teil der Mitglieder zweier entscheidender Gremien ernennen dürfte, die personell verkleinert werden sollen: Das Verfassungsgericht und der Rat der Richter und Staatsanwälte, welcher das Personal des Justizapparats bestimmt.

Quelle: Spiegel Online und BBC

Siehe auch:

Türkei-Referendum im Liveticker

(rf)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion