Warten auf Neuwahlen in Israel – oder eine Einigung in letzter Minute

Das Psychodrama um Israels künftige Regierung steuert seinem Höhepunkt zu: Sieben Wochen nach seiner Wiederwahl bleiben Ministerpräsident Netanjahu nur noch wenige Stunden Zeit, Partner für eine Koalition zu finden. Die Frist endet um 23.00 Uhr MESZ.
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Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu.Foto: Ronen Zvulun/dpa
Epoch Times29. Mai 2019

Das Psychodrama um die Regierungsbildung in Israel steuert seinem Höhepunkt zu: Sieben Wochen nach seiner Wiederwahl bleiben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwoch nur noch wenige Stunden Zeit, Partner für eine Koalitionsregierung zu finden.

Um Mitternacht (Ortszeit, 23.00 Uhr MESZ) läuft die Frist zur Regierungsbildung aus, danach könnte Präsident Reuven Rivlin einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen.

Um das zu verhindern, könnten Verbündete des rechtsnationalen Regierungschefs noch am Mittwoch für eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen stimmen.

Gesetzesentwurf zur Regierungsauflösung gebilligt

Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde am Dienstag bereits in erster Lesung gebilligt, die zweite und dritte, abschließende Lesung stehen nun für den Nachmittag an.

Netanjahu strebt eine Koalition rechter und religiöser Parteien an, scheiterte aber bislang am Widerstand von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und seiner laizistisch-nationalistischen Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel).

Lieberman hält an seiner zentralen Forderung fest, dass auch ultraorthodoxe Juden wie andere jüdische Israelis den obligatorischen Wehrdienst ableisten müssen. Die ultraorthodoxen Parteien lehnen dies strikt ab.

Für eine Mehrheit in der Knesset ist Netanjahu sowohl auf Israel Beitenu als auch auf die Vertreter der Ultraorthodoxen angewiesen.

Um weitere Stimmen für eine Auflösung des Parlaments zu sichern und damit den Druck auf Lieberman zu erhöhen, stimmte Netanjahus Likud am Dienstag einer gemeinsamen Liste mit der Partei Kulanu zu, sollte es Ende August oder September Neuwahlen geben.

Netanjahu hatte Lieberman zuvor vorgeworfen, mit seinem Starrsinn „unnötige Neuwahlen“ zu riskieren, die ein Vermögen kosten und die Politik weiter lähmen würden. Allerdings zeigte sich der Ex-Verteidigungsminister weiter wenig bereit, von den „Prinzipien seiner Partei“ abzurücken.

Netanjahu droht eine Anklage wegen drei Korruptionsaffären

Zwar ist auch die Mitte-rechts-Liste Blau-Weiß als größte Oppositionspartei zu einer Koalitionsregierung der nationalen Einheit bereit – doch nur ohne Netanjahu, dem eine Anklage wegen drei Korruptionsaffären droht.

Zusammen würden der Likud und die Liste Blau-Weiß von Ex-Generalstabschef Benny Gantz über eine komfortable Mehrheit von 70 der 120 Sitze im Parlament verfügen.

Dass Netanjahu freiwillig auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichtet, ist aber nicht zu erwarten. Seine Gegner werfen ihm vor, sich mit aller Macht an sein Amt zu klammern, um im neuen Parlament ein Gesetz durchzubringen, das ihn vor Strafverfolgung schützen würde.

Zwei Optionen bleiben Netanjahu noch: Er könnte vom Präsidenten nochmals einen zweiwöchigen Aufschub erhalten oder versuchen, eine Minderheitsregierung zu bilden.

Experten gehen jedoch davon aus, dass Netanjahu lieber Neuwahlen anstrebt, als Rivlin die Wahl zwischen einem weiteren Aufschub oder einem anderen Politiker als Regierungschef zu lassen. (afp)



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