Energiegeladener Tuchel schon im Chelsea-Fieber

Dem ernüchternden Torlos-Remis zum Einstand folgte eine euphorische Ansage. Thomas Tuchel will aus dem FC Chelsea eine Mannschaft formen, «gegen die niemand gerne spielen will». Der Coach sprüht vor Energie.
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Chelseas Trainer Thomas Tuchel war an der Seitenlinie engagiert bei der Sache.Foto: Richard Heathcote/PA Wire/dpa/dpa
Epoch Times28. Januar 2021

Thomas Tuchel hüpfte mit einem großen Satz an die Seitenlinie, winkte seinen Kapitän zu sich und gab unter Zuhilfenahme seiner weit ausgebreiteten Arme taktische Anweisungen.

Der neue Chelsea-Coach rannte in seinem neuen dunkelblauen Trainingsanzug nebst passender Wollmütze an der Seitenlinie auf und ab und bog bei einer der vielen vergebenen Torchancen seinen Rücken durch, als wolle er selber zum Kopfball hochsteigen. Dem deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger rief er auf Deutsch zu, dass dieser den Ball „zu früh“ gespielt habe.

An Tuchels Engagement und Energie lag es sicher nicht, dass der FC Chelsea beim Kurzfrist-Einstand des früheren Bundesliga-Coaches nicht über ein torloses Remis hinauskam. Doch Tuchel wäre nicht Tuchel, wenn er nicht schon wenige Augenblicke nach dem Abpfiff an der verregneten Stamford Bridge typische Tuchel-Worte formuliert hätte: „Wir werden eine Mannschaft formen, gegen die niemand gerne spielen will. Das ist die Herausforderung für mich, die ich so schnell wie möglich angehen will“, sagte der 47-Jährige nach dem 0:0 gegen die Wolverhampton Wanderers.

Er wolle wieder „eine besondere Energie und Atmosphäre“ schaffen, die nötig sei, um alle drei Tage in einer Liga wie der Premier League zu gewinnen. Nicht ganz so euphorisiert wie er selber reagierte jedoch die englische Presse. Von einem „frustrierenden Unentschieden“ schrieb der „Guardian“, das Boulevardblatt „Sun“ wollte einen „zahnlosen Auftritt“ gesehen haben – doch Tuchels Optimismus ließ sich nicht erschüttern. „Wenn das unser Auftakt war, bin ich gespannt, wo wir noch landen werden“, sagte er.

Dabei hatte er die Tage und Stunden vor seinem Comeback auf der internationalen Fußball-Bühne noch ganz treffend als „skurril“ beschrieben. Kurz vor Weihnachten das wenig festliche Au revoir bei Paris Saint-Germain, am Montag die Freistellung von Frank Lampard beim Club aus London, am Dienstagabend die Verkündung des Tuchel-Engagements, eine erste Trainingseinheit nach überstandener Corona-Test-Prozedur – und am Mittwoch das Debüt auf der Bank.

Tuchel hätte es einfacher haben können. Er hätte sich Zeit erbeten können bis zum Wochenende und auf einer Interimslösung für das Spiel gegen die Wolves bestehen können. Doch der frühere BVB-Trainer ist kein Coach der Konjunktive. „Ab jetzt sehe ich nicht allzu viele Schwächen. Ich werde mich auf unsere Stärken fokussieren“, sagte Tuchel und schwärmte von der „fantastischen Mischung aus erfahrenen Spielern, großen Persönlichkeiten und jungen, hungrigen Talenten“.

Mit diesen muss er jetzt so schnell wie möglich die ehrgeizigen Vorgaben des Clubchefs Roman Abramowitsch umsetzen. Vor dem Anpfiff erblickte er im Stadion zwar ein Transparent als Hommage an Club-Ikone Lampard („In Frank we trust“), und in seiner Premieren-Startformation verzichtete er in Mason Mount auf einen von Lampards Lieblingsspielern. Aber Tuchel war bemüht, all diesen vermeintlichen Nebensächlichkeiten keine allzu große Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Überhaupt sei die Aufstellung „unfair, weil ich für niemanden im Team eine Erklärung hatte, warum er nicht spielt“, sagte Tuchel schmunzelnd nach dem kurzen Kennenlernen seiner Elf.

Gegen die Wolves setzte er auf Routine und ein 3-2-4-1, ließ Nationalspieler Timo Werner 90 Minuten auf der Bank und konnte von der Leistung von DFB-Kollege Kai Havertz nur bedingt angetan sein. Doch Zahlen wie 79 Prozent Ballbesitz, 92 Prozent Passquote oder 14:4 Torschüsse stimmten Tuchel verhalten optimistisch.

„Das gibt mir ein gutes Gefühl für die Zukunft“, sagte er. In dieser ist jedoch ein achter Platz zu wenig. Die erneute Qualifikation für die Champions League, in der Atlético Madrid im Achtelfinale der Gegner ist, gilt als Muss. Nach der Partie gegen den FC Burnley am Sonntag steht das London-Derby bei José Mourinhos Tottenham Hotspur an. Zwei richtungsweisende und im Fall des Vergleichs mit dem nicht minder charakterstarken Portugiesen auch reizvolle Duelle.

Von einer Sache jedoch wollte Tuchel allem Chelsea-Fieber zum Trotz nichts wissen. Auf die Frage, ob die Blues in dieser Saison noch den Titel holen könnten, entfuhr ihm ein langgezogenes „Ooooooh“. „Das ist sehr weit weg, wir müssen schon realistisch sein“, sagte Tuchel. (dpa)



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