Verarbeitet, nicht vergessen: Malanda-Tod «Tragödie»

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Junior Malanda verunglückte vor einem Jahr tödlich.Foto: Peter Steffen/dpa
Epoch Times8. Januar 2016

Wolfsburg (dpa) – Beim Flug in der Nacht auf Samstag ins Trainingslager an die Algarve wollte der VfL Wolfsburg das beklemmende Gefühl ein Jahr nach Junior Malandas Tod einfach ausblenden.

Vor allem Manager Klaus Allofs geht mit der Lebenserfahrung seiner 59 Jahre vollkommen rational mit der Situation um. „Dann müsste ich das ganze Jahr ein mulmiges Gefühl haben. Wir fahren jeden Tag von A nach B. Da kann immer was passieren“, sagt Allofs der Deutschen Presse-Agentur beim Versuch, „einige seiner“ laut Verein „dunkelsten Stunden“ zu erklären.

Am 10. Januar 2015 verunglückte Mittelfeldspieler Malanda auf dem Weg zum geplanten Abflug ins Trainingslager des Fußball-Bundesligisten nach Südafrika auf der A2 bei Porta Westfalica tödlich. Der Belgier war in seinem eigenen Auto unangeschnallter Beifahrer auf dem Rücksitz. Der inzwischen 21 Jahre alte Fahrer des Autos war offensichtlich deutlich zu schnell unterwegs und kam auf der nassen Autobahn von der Fahrbahn ab. Malanda hatte keine Chance: Er wurde aus dem Wagen geschleudert und starb noch am Unfallort.

„Es bleibt auch 365 Tage danach eine Tragödie. Auch ein Jahr später will man das nicht wahrhaben“, sagt Allofs heute. Trainer Dieter Hecking sagte der „Sport Bild“: „Diese Nachricht hat uns allen den Boden unter den Füßen weggezogen.“ Am Sonntag, dem zweiten VfL-Trainingstag im portugiesischen Lagos jährt sich das Unglück zum ersten Mal. „Im Trainingslager ist das schon ein besonderer Tag“, meint Allofs, schiebt aber bestimmt hinterher: „Aber ein besonderer Tag, an dem wir arbeiten müssen.“

Vor allem Allofs will dem Unfassbaren so normal wie möglich begegnen, schon im vergangenen Jahr war dies stets seine Devise und die des Clubs. Das heißt wahrlich nicht, dass Malandas Tod ignoriert worden wäre. „Junior war in den vergangenen 365 Tagen sehr häufig Thema“, sagt Allofs: In der Kabine, in Gesprächen der Spieler untereinander, mit Trainer Hecking oder Manager Allofs. Aber auch in einem persönlichen Trauerraum der VfL-Profis auf dem Clubgelände oder einer inzwischen eingerichteten Kapelle am VfL-Stadion, die den Fans auch am Sonntag zum Trauern offen steht. „Auch in Portugal wird es eine Möglichkeit geben, Junior zu gedenken“, verrät Allofs.

Der gesamte Club hat 2015 instinktiv offensichtlich vieles richtig gemacht: Malanda wurde gebührend gedacht, aber sein Tod nicht zur Last für das Team. Einige Experten sahen damals die Gefahr, der sportlich aufstrebende VW-Club könne daran zerbrechen. Stattdessen stürmte der VfL in die Champions League und dort inzwischen bis ins Achtelfinale. Der Club wurde Pokal- und Supercupsieger, Coach Hecking Trainer des Jahres und Malandas Kumpel Kevin De Bruyne Deutschlands Fußballer des Jahres. „Wir haben den Schritt zum normalen Alltag sehr gut hinbekommen“, befindet auch Allofs: „In dieser schwierigen Situation ist der Club zusammen gewachsen.“

In der ersten Schocksituation galt es damals zunächst zu entscheiden, ob man überhaupt ins Trainingslager fährt. Die Wolfsburger taten dies tatsächlich, mit einem Tag Verspätung und einem Psychologen dabei. „Heute wissen wir, dass es das Beste war, ins Trainingslager zu fahren“, sagt Hecking: „So hatten wir Abstand.“

Ein Schlüsselerlebnis hatte das Team und der gesamte Club recht früh nach Malandas Tod: Das erste Rückrundenspiel am 30. Januar, als Bayern München zu Gast war und Wolfsburg den Rekordmeister beim 4:1 düpierte. Danach waren viele Zweifel daran, ob das Team die Tragödie schnell verarbeiten könne, zerstreut. „Es hat sich alles entladen, auch die ganze Stimmung im Stadion, was sich in drei Wochen aufgestaut hatte“, berichtet Hecking rückblickend.

Auch wenn Malandas Tod von vielen möglicherweise bereits verarbeitet ist, juristisch abgeschlossen ist er noch nicht. Gegen den Fahrer des Unglückswagens reichte die Staatsanwaltschaft Bielefeld im vergangenen Sommer Klage beim Amtsgericht Minden ein. Dem 21-Jährigen, der noch unter das deutsche Jugendstrafrecht fällt, wird wegen der erhöhten Geschwindigkeit fahrlässige Tötung vorgeworfen. Ob die Klage angenommen wird, ist noch nicht entschieden. „Leider liegt uns ein Gutachten noch nicht vor“, sagte ein Gerichtssprecher.

Darin soll geklärt werden, ob Malanda möglicherweise überlebt hätte, wenn er denn angeschnallt gewesen wäre. In diesem Fall wäre dem Fahrer möglicherweise keine fahrlässige Tötung mehr vorzuwerfen.



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