Paris als Wegbegleiter – «Müssen in Alltag zurückfinden»

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Team-Manager Oliver Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw können sich die EM 2016 kaum noch als unbeschwertes Fußballfest vorstellen.Foto: Peter Steffen/dpa
Epoch Times17. November 2015
Den Jahresabschluss des Weltmeisters hatten sich alle anders vorgestellt. Und die Zukunft auch. Die Terrornacht von Paris gab dem Länderspiel in Hannover gegen die Niederlande eine politische Dimension.

Spielern, Trainern, Organisatoren und Fußballfans ist bewusst, dass die fürchterliche Anschlagsserie vom 13. November 2015 auch die Europameisterschaft prägen wird. Als unbeschwertes Fußballfest kann sich das am 10. Juni 2016 beginnende Turnier in Frankreich keiner vorstellen. Die Erlebnisse werden auch für die deutschen Spieler und das Team hinter dem Team ein ständiger Begleiter auf dem Weg zurück in jene Arena sein, wo sie vor wenigen Tagen ihren eigenen Alptraum erlebten: ins Stade de France. Dort findet am 10. Juli 2016 das EM-Finale statt.

„Natürlich macht man sich Gedanken“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Das Thema Sicherheit wird noch mehr in den Fokus rücken. „Und das wird die Europameisterschaft besonders betreffen“, weiß Bierhoff: „Es werden Maßnahmen ergriffen werden, die für Fans, Medien, die Mannschaften Veränderungen mit sich bringen werden.“

Terror und EM lassen sich nicht mehr trennen. „Ich bin mir sicher, dass die französische Regierung alles tun wird, um die Spiele und das Turnier sicher zu machen“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Eine Debatte über Frankreich als EM-Gastgeber lehnt der Bundestrainer ab: „Es macht wenig Sinn, über ein anderes Land zu diskutieren. Das, was passiert ist, kann überall passieren. Das kann auch passieren, wenn die EM in einem anderen Land stattfinden würde.“

Löw und Bierhoff sollen schon in dreieinhalb Wochen nach Paris zurückkehren. Am 12. Dezember werden im Palais des Congrès die EM-Gruppen ausgelost. Das Event war als Spektakel geplant, das die Fußballlust weiter steigern sollte. Der Ansturm auf die Eintrittskarten war schon in der ersten Verkaufphase im Sommer so groß, dass auch weiterhin mit 51 ausverkauften Spielen zu rechnen ist. Erstmals werden 24 Mannschaften um den EM-Titel spielen.

„Natürlich geht es weiter, klar. Natürlich muss man den Blick nach vorne richten“, sagte auch Löw angesichts der Aufgaben, die auf ihn und die Sportliche Leitung noch bis Weihnachten zukommen. „Wir werden alle in unseren Alltag zurückfinden müssen“, beschrieb Bierhoff den Lauf der Dinge. Hannover sollte dabei den Anfang bilden.

Ursprünglich sollten die Länderspielklassiker in Frankreich und gegen den sportlichen Erzrivalen Holland auch dem Bundestrainer wichtige sportliche Erkenntnisse liefern. Aber Löw machte schon vor den letzten 90 Länderspielminuten des Jahres am Dienstagabend deutlich, dass beide Partien nicht mehr dem Maßstab gerecht werden konnten, für den sie mal gedacht waren, „nämlich als ein Test Richtung EM“.

Erst nach der langen Winterpause der Nationalmannschaft werden sportliche Aspekte wieder in den Fokus rücken und der Konkurrenzkampf um die 23 EM-Plätze entbrennen. Am 26. März spielt der Weltmeister in Berlin gegen England, drei Tage danach folgt in München der zweite Klassiker gegen Italien. Es sind die letzten Länderspiele vor der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders. Auf das Trainingslager am Lago Maggiore in Ascona in der Schweiz hatte Löw von Anfang an „alles ausgerichtet“. Es bildet den Kern der Vorbereitung.

„Das ist alles, was zählt“, hatte Löw in Paris gesagt, am Tag vor jenen schockierenden Ereignissen, die auch die eigene Welt der Nationalmannschaft verändert hat. Löw wies in Hannover auch auf die besondere Bedeutung von Teampsychologe Hans-Dieter Hermann hin.

Elf EM-Partien werden in Paris stattfinden, sechs davon im Stade France, darunter das Eröffnungsspiel und eben auch das Endspiel. Die Rückkehr an den Ort der Angst könnte zur Bürde werden, sagte Professor Florian Holsboer, bis 2014 Chef des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München, in einem Interview der Münchner Zeitungen „tz“ und „Merkur“: „Ja, ganz bestimmt. Das werden sie im Kopf haben, daran wird man denken. Das ist so, wie man einen Spielort nicht vergisst, an dem man unglücklich verloren hat, nur in einer anderen Dimension. Es wird viel nötig sein, um das zu überwinden. Hier fängt man nicht einfach bei Null an. Man hat die Gedanken im Kopf. Da wird es eines gewissenhaften psychologischen Coachings bedürfen.“

(dpa)

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