Bauzinsen auf Rekordtief: Jetzt kaufen oder abwarten?

Sinkende Bauzinsen weisen auf mögliche Veränderungen am Immobilienmarkt hin. Doch die Meinungen gehen auseinander: Wird es einen Aufschwung oder weiterhin sinkende Preise geben? Und was bedeutet das für potenzielle Käufer?
Steigende Zinsen und Preise sowie Unsicherheiten wegen des Ukraine-Kriegs machen sich auf dem Markt für Wohnimmobilien bemerkbar.
Für Immobilienkäufer haben die Bauzinsen eine große Bedeutung.Foto: Jens Büttner/dpa
Von 11. Januar 2024

Bauzinsen sinken für Immobilienkäufer mit sehr guter Kreditwürdigkeit auf teilweise unter drei Prozent. Das sind 0,36 Prozentpunkte weniger als noch am 1. Dezember.

Noch im Herbst sprangen die Bauzinsen deutlich über die Marke von vier Prozent. Der Grund für die Talfahrt der Bauzinsen ist naheliegend: Viele Experten gehen für dieses Jahr von einer Zinswende der Notenbanken aus. Der Finanzmarkt geht bereits für das Frühjahr von einer ersten Senkung der Leitzinsen aus. Das drückt die Sätze für zehnjährige deutsche Staatsanleihen, an denen sich die Bauzinsen in der Regel orientieren.

Zinssenkung keineswegs sicher

Allerdings machen die Hoffnungen auf Zinssenkungen aus ihnen keine ausgemachte Sache. „Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ist der Zinshöhepunkt erreicht“, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel in einem Interview mit dem Onlineportal „t-online“. „Allen, die deshalb gleich auf eine baldige Zinssenkung spekulieren, sage ich: Vorsicht, es haben sich schon manche verspekuliert“, warnte Nagel.

Der Bundesbankpräsident wies darauf hin, dass die Bekämpfung der Inflation kein Selbstläufer sei. So rechnet Nagel damit, dass im ersten Quartal dieses Jahres die Inflation in Deutschland noch einmal wegen Sondereffekte steigen könnte. Vor einem Jahr hatte die Ampelregierung die monatlichen Abschlagszahlungen für Gas und Fernwärme einmalig übernommen. „Diese entfällt nun, und deshalb fallen die Preise im Vergleich zu damals merklich höher aus“, sagte Nagel. Nagel rechnet daher nicht mit einer schnellen Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB).

Im Dezember waren auch Sloweniens Notenbankchef Boštjan Vasle, Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras und der Notenbankgouverneur der Slowakei Peter Kažimír ebenfalls solchen Spekulationen entgegengetreten. Auch sie rechnen nicht mit einer Zinsabsenkung im Frühjahr.

Ähnlich äußerte sich zum Jahreswechsel auch der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann. Für ihn sind Absenkungen des Leitzinses in diesem Jahr nicht ausgemacht. „Doch auch wenn wir mit zehn ununterbrochenen Zinserhöhungen eine in der Geschichte der EZB beispiellose Serie an Anhebungen hinter uns haben, gibt es auch für das Jahr 2024 noch keinerlei Garantie für Zinssenkungen“, wird Holzmann, der auch Mitglied im EZB-Rat ist, auf der Internetseite der „Oesterreichischen Nationalbank“ (OeNB) zitiert.

Die fortgesetzten Zinserhöhungen in diesem Jahr seien Teil einer Normalisierung nach der Niedrigzinsära. „Diese geldpolitische Normalisierung zeigt bereits ihre Wirkung im Rückgang der Inflation, dennoch wäre es verfrüht, bereits jetzt an Zinssenkungen zu denken“, sagte Holzmann.

„Im Euroraum werden wir unseren Zielwert von 2,0 Prozent Inflation wahrscheinlich innerhalb der nächsten beiden Jahre erreichen, wenngleich der Weg dorthin noch herausfordernd wird“, sagte Holzmann weiter. „Inflationsbekämpfung gleicht einem Marathonlauf – die letzten Meter sind die schwierigsten.“

Auf dem Markt herrscht größere Euphorie

Der Markt hingegen ist sehr viel euphorischer. „Der Markt preist aktuell nicht mehr nur eine neutrale Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB) ein, sondern geht von mindestens zwei bis drei Zinssenkungen aus“, erklärt Michael Neumann, Vorstandschef des Immobilienfinanzierers Dr. Klein. Diese Erwartung habe im letzten Jahr maßgeblich zum Rückgang der Bauzinsen beigetragen.

Ganz so optimistisch wie Michael Neumann sieht Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft beim Immobilienfinanzierungsportal Interhyp, die Sache nicht. Sie geht davon aus, dass die Zinsen in diesem Jahr um das aktuelle Niveau pendeln werden. „Immer verbunden mit Ausschlägen in beide Richtungen“, fügt sie an.

Eine Seitwärtsbewegung bei den Baufinanzierungszinsen in diesem Jahr erwartet auch Neumann. „Ich gehe davon aus, dass wir uns bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung in einem Korridor von drei bis vier Prozent bewegen“, sagt er. „Dabei werden kleinere Ausschläge meines Erachtens eher nach unten als nach oben gehen.“

Skeptischer schaut Max Herbst, Inhaber und Geschäftsführer der FMH-Finanzberatung, auf die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen. „Wer denkt, dass die Bauzinsen bald wieder bei zwei Prozent und weniger sein werden, der wird vermutlich enttäuscht werden“, sagt der Experte. „Ich sehe die Bauzinsen im Laufe der nächsten Monate wieder auf vier Prozent, vielleicht sogar auf 4,5 Prozent ansteigen.“ Eine wirklich langfristige Zinsprognose könne man erst im zweiten Halbjahr treffen, wenn die Entwicklung der Inflation und der geldpolitische Kurs der EZB bekannt seien.

Kein Ende des Preisrückgangs plausibel

Anhand der unterschiedlichen Prognosen wird deutlich, dass es eine seriöse Prognose darüber, wie sich der Immobilienmarkt in diesem Jahr entwickeln wird, im Moment nicht gibt. Was bedeutet das für potenzielle Käufer? Sollen sie kaufen oder abwarten?

In der „Wirtschaftswoche“ schreibt der Geschäftsführer des Berliner Immobiliendatendienstleisters Empirica, Reiner Braun, in einem Gastbeitrag, dass er Kapitalanlegern davon abrät, jetzt in den Wohnungsmarkt zu investieren. „Kapitalanlegern bieten sich außerhalb des Wohnungsmarktes jetzt bessere Möglichkeiten und geringere Risiken“, so Braun.

Wer allerdings als Selbstnutzer auf der Suche nach Eigentumswohnungen oder Häusern ist, dem rät der Immobilienexperte, „lieber früher als später“ zu kaufen. Voraussetzung sei allerdings ein ausreichend hohes Eigenkapital.

Wer zu wenig Eigenkapital hat, der muss im Moment abwarten. Er wird kaum eine Bank finden, die seine Immobilie finanziert.

Der Immobilienexperte widerspricht in seinem Gastbeitrag auch den Experten, die in den vergangenen Wochen einen Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt vorausgesagt haben. Braun macht eine ganz einfache Rechnung auf: Der reale Preisrückgang hat in den 1980ern sechs Jahre gedauert, zur Jahrtausendwende waren es sogar 15 Jahre. „Warum sollte der aktuelle Megazyklus mit 13-jährigem Preisanstieg nach nur einem Jahr Preisrückgang enden?“, fragt Braun. Zumal die Insolvenzen der Bauträger und Projektentwickler gerade erst an Fahrt gewinnen würden.



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