Immobilienpreise im Sinkflug: Kaufen oder lieber noch abwarten?

Die Preise für Wohnimmobilien sind in Deutschland gesunken. Ist jetzt eine gute Zeit zum Kauf oder Bau, oder soll man lieber noch abwarten?
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Baugeld wird teurer: Ist der Traum vom Eigenheim in Gefahr?Foto: iStock
Von 1. April 2023

In den letzten Jahren kannten die Immobilienpreise nur eine Richtung: Es ging stetig nach oben. Hunderttausende Menschen kauften aufgrund der niedrigen Zinsen Häuser und Wohnungen. Noch bevor Neubauprojekte vollständig geplant waren, wurden die Wohnungen bereits verkauft. Damit ist seit dem vergangenen Jahr Schluss.

Immobilienpreise sinken: Trendwende auf dem Immobilienmarkt

Durch den sprunghaften Anstieg der Inflation musste die Europäische Zentralbank (EZB) mit der Anhebung des Leitzinssatzes entgegensteuern. Dadurch wurde auch das Baugeld teurer und plötzlich wollten nur noch wenige Menschen finanzieren.

Der Bauherren-Schutzbund hat in einer Umfrage herausgefunden, dass jeder zweite Bauwillige im vergangenen Jahr seine Hausbaupläne aufgegeben habe: „Ein wesentlicher Grund dafür ist eine Politik, die sich zunehmend gegen das Eigenheim richtet.“ Tatsächlich ist die Politik in der Umfrage zum Buhmann der Bauwilligen geworden. Die Umfrage zeigt, dass 74 Prozent der Befragten die derzeitigen staatlichen Unterstützungen als schlecht oder sehr schlecht bewerten.

Gleichzeitig bildete sich die Trendwende auf dem Immobilienmarkt nun auch nachweisbar in Zahlen ab. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sind die Preise für Wohnraum im vierten Quartal 2022 das erste Mal seit 2010 gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken.

Laut den Angaben der Statistiker haben sich die Preise im Vergleich zum vierten Quartal 2021 um 3,6 Prozent reduziert. Die Preise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser waren zuletzt im ersten Quartal 2007 noch stärker zurückgegangen. Damals sanken die Preise um 3,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2006.

Der Umbruch am Immobilienmarkt wird noch deutlicher, wenn man die Veränderungen zum Vorquartal betrachtet. Im Vergleich zum dritten Quartal des vergangenen Jahres sind die Preise im vierten Quartal 2022 um fünf Prozent gesunken. „Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein“, heißt es von Destatis. Im Vergleich zum Jahresbeginn 2021 haben sich die Bauzinsen bis zum Herbst des vergangenen Jahres vervierfacht und schwanken seitdem teils deutlich auf dem neuen hohen Niveau.

Wie viel Geld sollte man beim Kauf oder Bau von Wohneigentum haben?

Wenn die Immobilienpreise sinken, dann stellen sich viele Menschen die Frage: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Kaufen oder Bauen oder soll man besser abwarten?

Der Geschäftsführer des Bonner Forschungsinstituts Empirica, Reiner Braun, beschäftigt sich laufend mit den Preisen für Wohnimmobilien. In einem Beitrag für die „Rheinische Post“ hat er eine eindeutige Antwort parat: „Kaufen oder bauen sollten derzeit nur diejenigen, die mindestens 25 Prozent Eigenkapital mitbringen.“

Das bedeutet, dass der Anteil des Eigenkapitals am reinen Kaufpreis mindestens 25 Prozent betragen sollte. Die entsprechenden Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Notar- und Gerichtskosten sollten zusätzlich aufgebracht werden können.

Wie viel Geld man von seinem Monatseinkommen für die Finanzierung seines Wohneigentums ausgeben sollte, dazu gibt Braun auch eine ganz klare Empfehlung: „Man sollte nicht mehr als 35 Prozent des verfügbaren Einkommens für Zins und Tilgung ausgeben‘“. Wenn das Haushaltseinkommen beispielsweise 4.000 Euro beträgt, bedeutet dies bereits 1.400 Euro. Braun schätzt, dass diese 4.000 Euro die Untergrenze darstellen. Wer weniger verdient, sollte seiner Meinung nach besser auf den Traum vom Eigenheim verzichten, da das Vorhaben sonst zum Albtraum werden könnte.

Damit man es besser einschätzen kann, einmal folgender Zahlenvergleich als Beispiel: Im Herbst 2021 musste man bei einem Zinssatz von einem Prozent pro 100.000 Euro Kreditsumme noch 1.000 Euro Zinsen im Jahr zahlen, mittlerweile sind es 4.000 Euro. Das erhöht sich im gleichen Maße bei einer Vervierfachung der Kreditsumme. Zum Beispiel fielen bei einer Kreditsumme von 400.000 Euro früher 4.000 Euro Zinsen pro Jahr an, jetzt möglicherweise 16.000 Euro – allein eine anfängliche Zinsmehrbelastung von 1.000 Euro pro Monat.

Wer allerdings gutes Geld verdient, für den könnten sich mit dem Sinken der Immobilienpreise ungeahnte Chancen ergeben. Braun rät: „Selbstnutzer, die sich das leisten können und die eine Immobilie finden, die ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht, sollten jetzt kaufen.“ Der Vorteil für Selbstnutzer, die jetzt kaufen, besteht darin, dass „man die Wohnung häufig allein besichtigen und die Verkäufer womöglich noch beim Preis drücken“ kann.

Niedrige Zinsen: Chance für Immobilienfinanzierung?

Es gibt aber auch gute Gründe, eine Immobilie zum jetzigen Zeitpunkt zu finanzieren. Nach der Rettung der Schweizer Bank Credit Suisse sind die Märkte sehr verunsichert. Das sorgt für sinkende Zinsen. „Wer sich für eine Erst- oder Anschlussfinanzierung interessiert, sollte die Chancen des derzeitigen Zinstiefs nutzen“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin beim Baugeldvermittler Interhyp dem „Handelsblatt“.

Die Zinsen für Immobiliendarlehen haben tatsächlich in den beiden Wochen nachgegeben. So sind die Zinsen für zehnjährige Darlehen um fast 0,3 Prozentpunkte auf nun 3,78 Prozent gefallen.

Allerdings profitieren nicht alle potenziellen Käufer von diesen gesunkenen Zinsen. Die Banken schauen inzwischen sehr viel genauer hin, wem sie Geld leihen.

Tilgung bei Darlehen: Auswirkungen auf die monatliche Rate und Restschuld

Die Kreditnehmer bemühen sich, die monatlichen Finanzierungskosten für ihre Immobilie so niedrig wie möglich zu halten. Seit nunmehr vier Monaten liegt der Zinssatz, zu dem bei Erstfinanzierungen zurückgezahlt wird, unter zwei Prozent. „Im Februar entschieden sich Kreditnehmer im Durchschnitt für eine Anfangstilgung von 1,93 Prozent“, sagte Michael Neumann. Der Schuldendienst sei damit so niedrig wie seit Mai 2012 nicht mehr.

Je geringer die Tilgung, desto höher ist die Restschuld am Ende der Kreditlaufzeit. Wenn beispielsweise ein Darlehen in Höhe von 500.000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Zinssatz von 3,78 Prozent mit 1,9 Prozent getilgt wird, bleiben nach zehn Jahren laut dem Baugeldrechner der FMH-Finanzberatung immer noch knapp 410.000 Euro Restschuld übrig.

Menschen mit einer von der Bank eingeschätzten niedrigeren Bonität müssen eine höhere Tilgung zahlen, was zu einer Erhöhung der monatlichen Rate führt. Wenn der Tilgungssatz im oben genannten Beispiel von 1,9 auf genau drei Prozent steigt, erhöht sich die Rate um fast 700 Euro auf 2.750 Euro. Allerdings sinkt die Restschuld in diesem Fall auf 320.000 Euro. Es überrascht nicht, dass angesichts dieser Zahlen viele Menschen derzeit ihren Traum von einem Eigenheim aufgeben.



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