Historischer Tiefstand: Deutsche Immobilienwerte brechen ein

Der Immobilienmarkt erlebte 2023 einen beispiellosen Absturz. Nachdem die Branche ein Krisenjahr hinter sich hat, scheinen die großen Turbulenzen nun erst einmal gestoppt zu sein. Die Gründe für den heftigsten Abstieg sei 60 Jahren liegen auf der Hand.
Berlin
Der Immobilienmarkt erlebte 2023 einen Absturz wie seit 60 Jahren nicht mehr.Foto: iStock
Von 10. Februar 2024

Die Preise für deutsche Wohnimmobilien sind im vergangenen Jahr so stark gefallen wie seit mindestens 60 Jahren nicht mehr. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW).

Eigentumswohnungen verbilligten sich um 8,9 Prozent, Einfamilienhäuser fielen im letzten Jahr um 11,3 Prozent und Mehrfamilienhäuser gaben um 20,1 Prozent nach. Berücksichtigt man bei diesen Zahlen die aktuelle Kaufkraft – also inflationsbereinigt –, fällt die Wertminderung noch höher aus. Die Studie geht davon aus, dass der Wertverlust so noch etwa fünf Prozentpunkte höher liegt.

„Die Geschwindigkeit und das Ausmaß des gegenwärtigen Preisverfalls bei Immobilien in Deutschland sind historisch einmalig“, schreiben die Experten in ihrer Studie. „Noch nie seit Beginn der Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse in den 60er-Jahren fielen Immobilienpreise so schnell, so stark.“

Allerdings verweisen die Experten auch darauf, dass diesem Verfall eine einmalige Preisrallye vorausgegangen ist, die etwa 2009 begonnen habe. Seitdem seien die Preise je nach Segment um das Drei- bis Vierfache angestiegen, bis dann ab Juni 2022 der Absturz begann.

Zinsen sind Auslöser

Ausgelöst wurde der Preisabsturz durch den rasanten Anstieg der Kreditzinsen ab Juni 2022, die Finanzierungen kräftig verteuert haben. Viele Menschen können sich daher eine Immobilie nicht mehr leisten. Großanleger, für die in den letzten Jahren ein Investment in Immobilien eine rentable Möglichkeit war, nehmen nun von einem Immobilienkauf Abstand. Für sie rechnet sich ein Immobilieninvestment nicht mehr.

Die Auswirkungen des starken Zinsanstiegs sind nicht zu unterschätzen. Im Januar lag der durchschnittliche Zinssatz bei einer Sollzinsbindung von zehn Jahren bei 3,42 Prozent. Zum Vergleich: Noch Anfang 2022 lag dieser Zinssatz bei einem Prozent. So kostet ein Immobiliendarlehen über 500.000 Euro jetzt um die 12.000 Euro mehr im Jahr, und das über zehn Jahre. Diese Mehrbelastung bedeutet im Vergleich zu Januar 2022 eine höhere monatliche Darlehensrate von um die 1.000 Euro. In zehn Jahren muss ein Immobilienkäufer für ein Darlehen über 500.000 Euro also gut 120.000 Euro an Zinsen mehr zahlen. Für Investoren nicht unbedingt eine spannende Investition.

Milliardenschwere Abwertung der Bestände

Der Preisverfall macht vor allem den großen Immobilienkonzernen zu schaffen. Sie müssen milliardenschwere Abwertungen der Bestände in ihren Bilanzen hinnehmen. Das Ende des Abwärtstrends scheint auch bisher nicht erreicht zu sein. „Wir erwarten weitere Bewertungsverluste“, hatte Martin Thiel, Finanzvorstand und Co-Chef des Konzerns TAG Immobilien, gerade erst der Nachrichtenagentur „Reuters“ gesagt. Laut Thiel müssen sich Unternehmen auf einen Verfall von bis zu 30 Prozent gegenüber dem Allzeithoch im Sommer 2022 einstellen. Der Immobilienriese Vonovia hingegen geht davon aus, dass der Markt im laufenden Geschäftsjahr seinen Tiefpunkt erreicht haben könnte.

Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel spricht von einer Preiskorrektur. „Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über zehn Jahren und einem neuen Zinsumfeld ist eine Phase der Preiskorrektur angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick.

Im vierten Quartal 2023 habe sich die Geschwindigkeit des Preisverfalls schon verringert. Im Vergleich mit dem Vorquartal hätten im letzten Abschnitt des vergangenen Jahres die Preise für Eigentumswohnungen nur noch leicht um 0,6 Prozent nachgegeben. Einfamilienhäuser fielen noch einmal preislich um 1,2 Prozent in den Keller. Bei Mehrfamilienhäusern zeigte der Trend sogar wieder nach oben: Diese verteuerten sich um 4,7 Prozent. Hier seien die Schwankungen wegen der geringen Zahl an Transaktionen aber relativ hoch, schränkt das IfW ein.

Sehr unterschiedliche Entwicklungen in Großstädten

Schaut man auf die sieben größten Städte in Deutschland, so sind die Entwicklungen sehr unterschiedlich. In Stuttgart und Köln fielen die Preise im Quartalsvergleich zum Jahresende deutlich um je 3,6 Prozent. Weniger hoch fiel der Abwärtstrend in Berlin (-0,4 Prozent) und Frankfurt (-0,2 Prozent) aus. Ein winziges Plus von 0,2 Prozent verzeichnete der Immobilienmarkt in Hamburg. Für Düsseldorf und München lagen für das vierte Quartal keine Daten vor.

Verglichen mit dem Vorjahresquartal, dem vierten Quartal 2022, lagen die Preise in allen Segmenten laut der Angaben deutlich im Minus. Offizielle Daten zu den Immobilienpreisen des Statistischen Bundesamtes für das Schlussquartal 2023 liegen noch nicht vor.



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