Sieben Milliarden Euro Verlust: Teurer Einkauf von Gas nach Bruch mit Russland

Die Hamsterkäufe von Gas durch Trading Hub Europe im Vorjahr drohen Milliardenverluste herbeizuführen. Das private LNG-Terminal in Lubmin ist derzeit nicht ausgelastet.
LNG-Shuttle-Tanker vor der Küste der Insel Rügen.
LNG-Shuttle-Tanker vor der Küste der Insel Rügen.Foto: Stefan Sauer/dpa
Von 4. Juli 2023

Der Bruch mit Russland und die daraus entstandene Besorgnis um einen möglichen Katastrophenwinter haben die Bundesregierung zu Hamsterkäufen veranlasst. Um eine drohende Knappheit zu vermeiden, hat Trading Hub Europe (THE) Gas um jeden Preis an den Spotmärkten erworben.

Sie kaufte sogar ein, als im Spätsommer die Megawattstunde an der niederländischen TTF-Börse zu einem Preis von etwa 300 EUR gehandelt wurde. Nun muss THE in den kommenden Jahren mangels ausreichender Verkaufserlöse Verluste von mindestens 7 Milliarden EUR befürchten.

Gas für durchschnittlich 170 EUR pro Megawattstunde eingekauft

Wie „Euractiv“ berichtet, hatte THE einen eindeutigen gesetzlichen Auftrag. Bis zum 1. November 2022 waren die deutschen Gasspeicher zu 95 Prozent aufzufüllen. Der Preis spielte dabei keine Rolle, die Bundesregierung stellte Startkapital zur Verfügung. THE durfte eine Gebühr von den regionalen Versorgungsunternehmen erheben, die diese in weiterer Folge an die Verbraucher weitergeben konnten.

Russische Gaslieferungen waren ab Mitte des Jahres als Reaktion auf die EU-Sanktionen infolge des Ukrainekrieges ausgeblieben. Zuvor hatten diese ein Volumen von bis zu 501 Terawattstunden erreicht. Es drohten Engpässe, die möglicherweise die Industrie und sogar die Wärmeversorgung von Privathaushalten gefährdet hätten.

Insgesamt waren es 50 Terawattstunden Gas, die THE auf den Weltmärkten aufkaufte, um dem Auftrag nachzukommen. Im Durchschnitt bezahlte das Unternehmen geschätzt deutlich über 170 EUR pro Megawattstunde Gas.

Speicher in Deutschland immerhin gut gefüllt

Die Gesamtausgaben für die Gasbeschaffung beliefen sich dem „Euractiv“-Bericht zufolge auf knapp zehn Milliarden Euro. Von den 50 Terawattstunden waren gemäß einer Erklärung von THE bis 31. März des Jahres erst etwa 12,5 TWh verkauft worden.

Ausschreibungen im Sinne der sogenannten „Strategic Storage-Based Options“ (SSBO) sind demnach derzeit nicht geplant. Grund seien die „für die aktuelle Jahreszeit relativ hohen Speicherfüllstände“ und die „bestehenden marktlichen Anreize zur Befüllung der Speicher“. Entsprechend verbleiben die restlichen etwa 37 Prozent in den Speichern Rehden, Katharina und Wolfersberg.

THE betrachtet es als Beitrag zur Versorgungssicherheit. Geschäftsführer Torsten Frank äußerte:

Die Speicherfüllstände liegen mit knapp 64 Prozent in Deutschland und 55 Prozent in der EU auf einem guten Niveau. Die von THE weiterhin eingespeicherten Mengen tragen hierzu bei. Die weitere Verwendung dieser Mengen werden wir eng mit den zuständigen Behörden abstimmen und dabei die weiteren Entwicklungen beobachten.“

Gebühr auf 1,45 EUR pro Megawattstunde etwa verdoppelt

Derzeit betragen die Verkaufserlöse etwa eine Milliarde Euro. Ausgehend von einem nicht über 50 EUR pro Megawattstunde liegenden Gaspreis für die kommenden Jahre sind am Ende Verluste von mehr als 7 Milliarden EUR zu erwarten.

THE muss die Verluste allerdings nicht selbst tragen, da das Unternehmen weiterhin von der Option Gebrauch machen kann, die Gebühr an die Versorger weiterzureichen. Der Energiehandelsverband EFET Deutschland stellt Endkunden bereits Mehrkosten in Aussicht:

Dies stellt für Vertriebe, Händler und Endkunden ein großes Problem dar, weil damit die Wirtschaftlichkeit mancher bestehenden Handelsgeschäfte signifikant verschoben wird.“

Seit dem 1. Juli ist der seit Ende 2022 bestehende Aufpreis sogar auf 1,45 EUR pro Megawattstunde gestiegen – das ist das Doppelte des Betrages von Ende 2022. Für einen durchschnittlichen deutschen Haushalt könnte dies Mehrkosten von etwa 120 EUR jährlich bedeuten.

Wenig Nachfrage nach Einspeisung von Gas aus Lubmin

Die Bundesregierung lobt die Gesetzgebung des Vorjahres und den raschen Ausbau von LNG-Terminals als wichtigen Beitrag zur Verhinderung einer Gasknappheit. Für den raschen Import von Flüssiggas gingen drei schwimmende LNG-Terminals in Betrieb. Drei weitere sind geplant.

Insgesamt sollen die Terminals die LNG-Importkapazität des Landes auf insgesamt 30 Milliarden Kubikmeter erhöhen. Die Kosten des Ausbaus werden insgesamt auf etwa 6,5 Milliarden Euro geschätzt.

Allerdings sind die bereits bestehenden Anlagen derzeit bei Weitem nicht ausgelastet – auch infolge der hohen Speicherbestände. Wie die Bundesnetzagentur mitteilt, hat allein das Terminal in Lubmin bis März 2023 weniger als eine Milliarde Kubikmeter in das Gasnetz eingespeist. Seine Kapazität pro Quartal liegt jedoch bei mehr als 1,6 Milliarden Kubikmetern. Bis auf Weiteres ist mit einer stärkeren Inanspruchnahme kaum zu rechnen, da die Speicher voll und die Preise niedrig sind.



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