Sonderbeihilfen verlängert: EU-Kommission sendet Signal an Landwirte und Fischer

Die EU-Kommission hat den sogenannten vorübergehenden Krisen- und Übergangsrahmen bis Ende des Jahres verlängert. Dieser wurde unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges geschaffen und erleichtert Sonderbeihilfen für Unternehmen der Landwirtschaft und Fischerei.
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Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 6. Mai 2024

Wenig überraschend hat die EU-Kommission am Donnerstag, 2. Mai, die Möglichkeiten für Sonderbeihilfen aufgrund des „vorübergehenden Krisen- und Übergangsrahmens“ verlängert. Die Subventionen, die das sogenannte Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) vorsieht, bleiben vorerst bis Dezember 2024 aufrecht.

Ursprünglich als „vorübergehender Krisenrahmen“ (TCF) im März 2022 unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges ins Leben gerufen, wurde der Mechanismus im März 2023 in den TCTF umgewandelt. Dieser soll helfen, davon in besonderer Weise betroffenen Unternehmen Erleichterung zu verschaffen.

Verlängerung betrifft Sonderbeihilfen und nicht genehmigungspflichtige Subventionen

Der Rahmen ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Agrarunternehmen Unterstützung bis zu 280.000 Euro und solche aus dem Bereich der Fischerei mit bis zu 335.000 Euro zu unterstützen. Die Regelung gilt ausschließlich für diese beiden Sektoren – und wird für die Dauer weiterer sechs Monate in Kraft bleiben.

Auch die sogenannten De-minimis-Beihilfen sollen in einem größeren Umfang als bisher zur Verfügung stehen. Bislang waren kleine Subventionen von bis zu 20.000 Euro im Agrar- und 30.000 Euro in der Fischerei für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren von der Genehmigungspflicht durch die EU-Kommission ausgenommen. Nun soll der Höchstbetrag, für den dies gilt, auf jeweils 50.000 Euro anwachsen.

Dass es zu einer Verlängerung der Sonderbeihilfen kommen würde, war wenig überraschend – und das nicht nur, weil eine Beendigung vor den EU-Wahlen politisch heikel gewesen wäre.

Auch die Staats- und Regierungschefs der Staatengemeinschaft hatten während ihres Gipfeltreffens am 17. und 18. April eine Verlängerung gefordert. Angesichts der „anhaltenden Marktstörungen“ hatte auch die Kommission den Vorschlag als plausibel erachtet, schreibt „Euractiv“.

Bei Agrarministertreffen forderten 15 Mitgliedstaaten die Beibehaltung des TCTF

Deutschlands Bundesagrarminister Cem Özdemir argumentierte, dass insbesondere die Höhe des De-minimis-Förderrahmens nicht mehr zeitgemäß sei.

Diese stamme aus dem Jahr 2019 und damit der Zeit vor Corona und Inflation. Entsprechend trage sie „der wirtschaftlichen Situation nicht Rechnung“. Eine Wettbewerbsverzerrung sei durch Subventionen in der Größenordnung von bis zu 50.000 Euro immer noch nicht zu befürchten.

Italiens Ex-Ministerpräsident Enrico Letta zeigte sich skeptisch. Er gab in einem Bericht über die Binnenmarktsituation zu bedenken, dass die Ausgabekapazitäten der Länder unterschiedlich seien. Dies schaffe durchaus Wettbewerbsverzerrungen. Hauptsächlich große und reiche Länder hätten damit mehr Spielräume für Subventionen.

Deutschland gehört dabei jedoch nicht zu den Ländern, die den Rahmen am weitesten ausschöpfen. Mit fast vier Milliarden Euro an der Spitze bei der Summe der öffentlichen Subventionen liegt Polen vor Italien (2,3 Milliarden Euro), Frankreich (eine Milliarde) und Rumänien (770 Millionen Euro).

Bei einem Treffen der Agrarminister am 29. April hatten 15 Mitgliedstaaten die Anhebung der De-minimis-Obergrenzen gefordert. Neben Deutschland waren auch Frankreich, Österreich, die Slowakei, Polen und sogar Luxemburg mit gerade einmal etwas über 2.000 Betrieben unter den Befürwortern.

Sonderbeihilfen können Höfesterben nicht aufhalten

Das Höfesterben scheint ungeachtet zusätzlicher Möglichkeiten für Sonderbeihilfen nicht abzuebben. Zwischen 1975 und 2010 war die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland von 904.700 auf 299.100 zurückgegangen. Seit 2020 ist zudem die Anzahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um sieben Prozent oder 62.000 auf 876.000 Personen gesunken.

Die bewirtschaftete Gesamtfläche blieb seit 2010 mit rund 16,6 Millionen Hektar Fläche demgegenüber nahezu unverändert. Die durchschnittliche Betriebsgröße im Verlauf der letzten 14 Jahre stieg von 56 auf 65 Hektar. Zu etwa 45 Prozent waren die Beschäftigten in dem Segment Familienangehörige.

Den Strukturwandel hatten unter anderem Entwicklungen hin zu Automatisierung, effizientere und teurere Maschinen, Abwanderung in Städte, Zusammenschlüsse von Betrieben oder Fachkräftemangel herbeigeführt.

Noch weitere Faktoren sind Umwelt- und Tierschutzauflagen, gestiegene Energiekosten, Inflation oder Kostensteigerungen bei Dünge- und Betriebsmitteln. Dazu kommen günstigere Angebote aus dem Ausland.

Die Demografie lässt nicht nur eine abnehmende Anzahl an Arbeitskräften, sondern auch an Abnehmern landwirtschaftlicher Produkte erwarten. Langfristig droht eine Beschleunigung des Sterbens kleinerer Höfe. Große, stark digitalisierte und als Allroundunternehmer auftretende Agrarbetriebe werden am ehesten als konkurrenzfähig angesehen.

 



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