Firmen ohne Betriebsrat und Tarifvertrag unterlaufen häufiger den Mindestlohn

In Betrieben ohne Betriebsrat und Tarifvertrag wird der Mindestlohn besonders häufig unterlaufen. Dies geht aus einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
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In Deutschland arbeiteten im vergangenen Jahr laut der Studie gut die Hälfte (56 Prozent) aller Beschäftigten auf der Grundlage eines Tarifvertrags.Foto: Arno Burgi/dpa
Epoch Times29. Januar 2018

In Betrieben ohne Betriebsrat und Tarifvertrag wird der Mindestlohn besonders häufig unterlaufen: In solchen Unternehmen würden 18,6 Prozent der Beschäftigten unterhalb des Mindestlohns bezahlt, heißt es in einer Studie des WSI-Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, aus der die „Süddeutschen Zeitung“ (Montagsausgabe) zitierte.

Ein ganz anderes Bild habe sich in Betrieben mit Arbeitnehmervertretung und Tarifvertrag ergeben: Dort habe die Quote der Mindestlohn-Umgehungen bei nur 3,2 Prozent gelegen. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016.

Verstöße gegen das Mindestlohngesetz kamen der Studie zufolge in Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs besonders häufig vor. So hätten rund 43 Prozent der Beschäftigten in privaten Haushalten weniger als den Mindestlohn bekommen – wohl deshalb, weil die Einhaltung hier kaum zu kontrollieren ist.

Im Hotel- und Gaststättengewerbe betrug die Umgehungsquote demnach 38 Prozent, im Einzelhandel 20 Prozent. Häufiger werde der Mindestlohn bei Frauen und Menschen mit geringerem Bildungsstand umgangen.

Insgesamt hätten 2016 laut Studie etwa 2,7 Millionen Beschäftigte – also 9,8 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland – nicht die damals vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde bekommen. Legale Ausnahmen vom Mindestlohn seien dabei bereits herausgerechnet. Bereits das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte 2017 festgestellt, dass 1,8 bis 2,6 Millionen Beschäftigte den Mindestlohn nicht erhielten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zeigte sich empört über die häufige Umgehung des Mindestlohns. Die Ergebnisse der Studie sollten „jenen Arbeitgebervertretern und politisch Verantwortlichen die Schamesröte ins Gesicht treiben“, die sich für weitere Mindestlohn-Ausnahmen stark machen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der „SZ“. „Kämen sie damit durch, wäre das nichts anderes als eine gesetzlich legitimierte Einladung zum Beschiss.“

Die Studienergebnisse beruhen auf einer Auswertung des sozio-ökonomischen Panels. Dabei werden jedes Jahr in Deutschland etwa 30.000 Menschen in fast 11.000 Haushalten befragt, was sie arbeiten und verdienen. (afp)



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