Rettung der Credit Suisse: Hohe Risiken haben sich für UBS gelohnt

Die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch ihren Konkurrenten, die größte Schweizer Bank UBS, erfolgte in großer Eile. Eine umfassende Bewertung der Credit Suisse war daher nicht möglich. Die kurzfristige Rettungsaktion erfolgte auf Drängen der Schweizer Aufsichtsbehörden, die damit eine mögliche finanzielle Ansteckung eindämmen und einen systemischen Zusammenbruch verhindern wollten.
Titelbild
Logo des Schweizer Bankenriesen UBS in Zürich. Der Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse wurde in aller Eile arrangiert, um eine Finanzkrise zu verhindern.Foto: Fabrice Coffrini/AFP via Getty Images
Von 18. Mai 2023

In den am 16. Mai bei der Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA eingereichten Antragsunterlagen gab die Union de Banques Suisses (UBS) an, dass sie nur wenige Tage Zeit hatte, um eine komplexe Due-Diligence-Prüfung der Credit Suisse durchzuführen, bevor sie im März dem Kauf der kollabierenden Bank zustimmte. Die UBS ist der größte Vermögensverwalter für die Superreichen der Welt.

Die übereilte Due Diligence – im Wesentlichen eine Bewertung der Aktiva und Passiva einer Bank – bedeutet, dass das Bild der Auswirkungen der Rettungsaktion auf die UBS einschließlich ihres Wertes und ihres Aktienkurses mit einer zusätzlichen Risikoschicht belastet ist.

Dennoch deuten einige der von der UBS in ihrem Antrag genannten Zahlen darauf hin, dass die größte Schweizer Bank unterm Strich gut dastehen wird.

Begrenzte, aber „intensive“ Due Diligence

Die Credit Suisse war nach einem besonders schwierigen Jahr, in dem der Aktienkurs nach einer Reihe von Skandalen und Milliardenverlusten eingebrochen war, in große Schwierigkeiten geraten.

Am 15. März gewährte die Schweizerische Nationalbank (SNB) der Credit Suisse eine Finanzspritze in Höhe von 54 Milliarden US-Dollar, nahezu 50 Milliarden Euro, doch die Marktteilnehmer befürchteten, dass dies nicht ausreichen würde.

Dies verschaffte etwas Zeit, und die beunruhigten Aufsichtsbehörden genehmigten schließlich die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS innerhalb weniger Tage. Im Umfeld des Geschehens beherrschte eine allgemeine Vertrauenskrise den Bankensektor, nachdem die beiden Insolvenzen der Silicon Valley Bank und der Signature Bank in den Vereinigten Staaten die Anleger beunruhigt hatten.

„Um die Märkte zu beruhigen und die Möglichkeit einer Ansteckung im Finanzsystem zu vermeiden, hat die Schweizer Regierung entschieden, dass eine Entscheidung vor der Öffnung der Märkte nach dem Wochenende getroffen werden muss“, teilte UBS den Anlegern mit.

Die UBS erklärte, sie habe nur vier Tage Zeit gehabt, um eine begrenzte, aber „intensive“ Due-Diligence-Prüfung der Aktiva und Passiva der Credit Suisse durchzuführen, bevor sie entschieden habe, ob sie mit der Rettung fortfahren wolle.

Am 19. März gab die Schweizer Zentralbank bekannt, dass die UBS die Credit Suisse für rund 3,4 Milliarden Dollar (circa 3,1 Milliarden Euro) übernehmen wird.

Aufgrund der „dringenden Umstände“ der Unternehmensbewertung sei es möglich, dass „die UBS Group AG einer Rettung zugestimmt hat, die wesentlich schwieriger und risikoreicher ist, als sie es sich vorgestellt hatte“, heißt es im Antrag.

„Dies könnte die zukünftige Performance der UBS Group AG, ihren Aktienkurs und ihren Unternehmenswert beeinträchtigen“, warnte der Schweizer Bankenriese.

Ein genauerer Blick auf die Zahlen, die UBS veröffentlicht hat, lässt jedoch vermuten, dass der Deal am Ende günstiger ausfallen könnte, als es die übereilte Due Diligence vermuten lässt.

Ein guter Deal?

Wie bei einer komplexen Abwicklung eines großen Finanzinstituts wie der Credit Suisse zu erwarten ist, entstehen der Partei – in diesem Fall der UBS –, die ihre Vermögenswerte erwirbt und ihre Verbindlichkeiten übernimmt, Kosten und Nutzen.

Die Eile der Übernahme birgt aber zusätzliche Risiken. So warnte die UBS in ihrem Schreiben davor, dass sie möglicherweise nicht in der Lage sein könnte, alle erwarteten Kosteneinsparungen aus der Transaktion zu realisieren, oder dass sich die Zusammenführung der beiden Unternehmen als schwierig oder kostspielig erweisen könnte.

„Die UBS Group AG geht derzeit davon aus, dass die Transaktion eine Reihe von Vorteilen mit sich bringen wird, unter anderem eine Steigerung des Gewinns pro Aktie der UBS Group AG“, so die Bank, die Prognose könne sich aber noch ändern.

Dennoch rechnet die UBS nach Abschluss der Transaktion Ende dieses Monats mit einem Sondergewinn von fast 35 Milliarden Dollar (gut 32 Milliarden Euro), da sie die Credit Suisse zu einem Bruchteil ihres Buchwerts übernommen hat.

UBS kaufte die Credit Suisse, die Ende letzten Jahres rund 49 Milliarden US-Dollar wert war, für rund 3,5 Milliarden US-Dollar.

Gleichzeitig schätzt die UBS, dass die Summe aller Verluste auf den Vermögenswerten der Credit Suisse und der Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten den Wert der Credit Suisse um rund 28,3 Milliarden Dollar verringern würde. Dies würde jedoch unter anderem durch eine Abschreibung auf nachrangige Anleihen der Credit Suisse in Höhe von 17,1 Milliarden Dollar gegenfinanziert.

Damit würde sich die Gesamtbelastung am ersten Tag auf etwa minus 11,3 Milliarden Dollar belaufen, was bei einem Buchwert der Credit Suisse von 48,8 Milliarden Dollar etwa 35 Milliarden Dollar für UBS bedeuten würde.

Die UBS-Aktie stieg am Mittwoch im frühen Handel um 0,61 Prozent, einen Tag nachdem die Unterlagen bei der SEC eingereicht worden waren und die Anleger die geschätzte Kosten-Nutzen-Relation der Transaktion abgewogen hatten.

Außergewöhnliche Situation

Die Credit Suisse ließ am 14. März die Bombe platzen, als sie bekannt gab, dass sie „wesentliche Schwachstellen“ in ihrer Finanzberichterstattung entdeckt habe, die zu einer erheblichen Änderung ihrer Jahresrechnung führen würden.

Am darauffolgenden Tag schloss der größte Aktionär, die Saudi National Bank, eine Aufstockung ihres Anteils an der Schweizer Bank aus regulatorischen Gründen aus.

Der Aktienkurs der Credit Suisse brach daraufhin innerhalb einer Woche um fast 20 Prozent ein, während die Aufsichtsbehörden über die wachsenden Risiken für die Finanzstabilität besorgt waren.

Die Schweizer Behörden überlegten fieberhaft, wie sie den 167 Jahre alten Bankriesen retten könnten, bevor UBS zur Rettung ins Spiel kam.

„Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wurde eine Lösung gefunden, um die Finanzstabilität zu sichern und die Schweizer Wirtschaft in dieser Ausnahmesituation zu schützen“, so die SNB in einer Mitteilung.

Im Rahmen der Vereinbarung verpflichtete sich die Zentralbank, Liquiditätshilfen in Höhe von rund 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen.

Anlässlich einer Pressekonferenz am 19. März erklärte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset: „Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist die beste Lösung, um das in letzter Zeit verloren gegangene Vertrauen in die Finanzmärkte wiederherzustellen und die Risiken für unser Land und seine Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu managen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „UBS Says Its Rescue of Credit Suisse Was a Rushed Deal With Unclear Risks“ (deutsche Bearbeitung jw)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion