Bäume und grüne Oasen kühlen das Klima und retten Leben

Städte werden immer größer, immer voller und immer weniger grün. Insbesondere Letzteres hat nicht nur Auswirkungen auf Wetter und Wohlbefinden. Grünflächen und Bäume, so eine Studie, können Leben retten. Ihr Fehlen hingegen kann die Temperaturen sogar außerhalb von Städten um bis zu 7 °C erhöhen, so eine andere.
Bäume im Garten von Schloss Mirabell. Im Hintergrund die historische Festung Hohensalzburg, Salzburg, Österreich.
Gärten von Schloss Mirabell und Festung Hohensalzburg, Österreich. Grüne Oasen kühlen ihre Umgebung, solange es ausreichend Wasser zum Verdunsten gibt.Foto: iStock
Von 2. Februar 2024

Ist es im Sommer auf dem Land oft angenehm, ächzen Städter vielfach unter Hitzeerscheinungen. Die Luft steht. Kein Wölkchen am Himmel und wo man hinschaut, Asphalt, Beton und Stahl. Die dichte Bebauung erhöht nicht nur das Stresslevel, sie be- und verdrängt oft auch Grünflächen. Indes ist allgemein anerkannt, dass Bäume und Parks für Abkühlung sorgen können.

Obwohl Städte im Allgemeinen sowie in Verbindung mit sommerlichen Temperaturen im Speziellen die Gesundheit ihrer Bewohner beeinträchtigen, sind die Auswirkungen nur unvollständig erforscht. Forscher aus Großbritannien, Südafrika und China widmeten sich diesem Thema in gleich zwei Studien.¹²

Die Forscher um Dr. Jinglu Song, Assistenzprofessorin für Stadtplanung und -design an der Xi’an Jiaotong-Liverpool Universität in Suzhou, Ostchina, stellten unter anderem fest, dass Grünflächen die negativen Auswirkungen extremer Hitze auf die menschliche Gesundheit abmildern können. Dies treffe auch auf Bäume entlang von Straßen zu. Außerdem erkannten sie, dass dichtere Bebauung und höhere Nachttemperaturen mit einem erhöhten Risiko wärmebedingter Sterblichkeit einhergehen.

Betonwüsten als Wärmeinseln

Als Untersuchungsort wählten die Forscher Hongkong, wobei sich die Millionenmetropole gleich in mehrerlei Hinsicht eignet: Einerseits sind die Sommer heiß und feucht, andererseits sind Bebauungs- und Bevölkerungsdichte sehr hoch. Darauf aufbauend analysierten Song und Kollegen Sterbezahlen, Landnutzung und Wetterdaten, die zwischen 2005 und 2018 erhoben wurden.

Sie fanden heraus, dass Grünflächen „eine bemerkenswerte Fähigkeit“ haben, Menschen vor hitzebedingten Krankheiten zu schützen. „Grünflächen und Blattwerk entlang von Fußgängerstraßen können das thermische Wohlbefinden von Fußgängern bei heißem Wetter verbessern“, erklärte Song. Zugleich könnten Bäume die Effekte von Luftverschmutzung und Verkehrslärm mindern. Weiter sagte sie:

„Vegetation setzt bei steigenden Umgebungstemperaturen tendenziell mehr Wasserdampf frei, was zu einer besseren Kühlung der Umgebungsluft führt. Insbesondere Bäume können Anwohnern und Fußgängern auch Schatten spenden. Im Gegensatz dazu ist es in Gebieten mit einer hohen Gebäudedichte heißer, da die Betonstrukturen mehr Sonnenenergie absorbieren und die Luft zwischen ihnen blockieren, sodass sich die Wärme staut.“

Bei lang anhaltenden Hitzeperioden kühlten die Gebäude zudem nachts nicht vollständig ab. Aufgrund dessen erhöhen sich einerseits die Nachttemperaturen, andererseits „können höhere nächtliche Oberflächentemperaturen zu einem intensiveren städtischen Wärmeinseleffekt beitragen“, so Song.

Der Wärmeinseleffekt ist ein Phänomen, bei dem es in städtischen Gebieten heißer ist als auf dem Land. Bereits in kleinen Städten ist dies nachweisbar, auch in Deutschland. Der Wärmeinseleffekt kann zudem dazu führen, dass die Temperaturen in Städten länger hoch bleiben.

Senioren und Männer besonders betroffen

Bäume und Grün auf der anderen Seite kühlen ihre Umgebung durch Verdunstung. Der Effekt ist derselbe, wenn Menschen schwitzen – oder anders ausgedrückt: Wenn Bäume „schwitzen“, kühlen sie ihre Umgebung. Je heißer es ist, desto mehr schwitzen sie. Obgleich die Anzahl an Bäumen in Städten gering ist, gibt es auch andere grüne Oasen: Rasenflächen, Sträucher oder bepflanzte Wände.

Weil speziell letztere schlecht auf Satellitenbildern zu erkennen sind, werteten die Forscher zusätzlich Aufnahmen von Google Street View aus. Auf diese Weise konnten sie das „Grün in Augenhöhe“ bestimmen. Das Wissen um das sichtbare Grün in Städten setzten Song und Kollegen sodann in Relation zu den Sterbedaten. Ihre Ergebnisse sind wenig überraschend:

  • Besonders von Veränderungen in der städtischen Landschaft betroffen seien ältere Erwachsene. Personen über 65 „neigen dazu, weniger hitzeangepasste Verhaltensweisen an den Tag zu legen. […] Die täglichen Aktivitäten älterer Menschen finden oft in oder in der Nähe ihrer Wohngebiete statt. Daher sind sie anfälliger für die sie umgebende städtische Landschaft“, fasst Song zusammen.
  • Männer sind ihrerseits stärker betroffen als Frauen. Dazu sagte Song: „Männer arbeiten aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Geschlechter in den verschiedenen Industriezweigen länger im Freien und sind in bestimmten Situationen eher von Hitzewellen betroffen als Frauen.“

Forscher in die Wüste schicken

Unabhängig von Songs Arbeiten beschäftigten sich Forscher der König-Abdullah-Universität für Wissenschaft und Technologie (KAUST) in Saudi-Arabien mit den Auswirkungen von Grünflächen. Statt Betonwüsten zu untersuchen, verglichen der Klimatologe Matteo Zampieri und Kollegen die Temperaturen verschiedener bepflanzter und unbepflanzter Böden auf der arabischen Halbinsel.

Zampieris Ergebnisse belegen dabei ebenfalls „eine signifikante kühlende Wirkung der Vegetation auf die Temperatur der Landoberfläche“³. Gleichzeitig zeige sich in der Wüste jedoch noch ein zweiter Effekt: Vegetation führt zunächst zu einer Erhöhung der Temperatur. Was zunächst widersprüchlich klingt, liegt darin begründet, dass Pflanzen das Licht weniger stark reflektieren als Sand und damit mehr Sonnenenergie aufnehmen. Mehr Energie führt zu höheren Temperaturen.

„Die Ergebnisse können variieren“, warnt Zampieri in diesem Zusammenhang. In einigen Fällen könne die Begrünung der Wüste zu einer Abkühlung der Oberfläche führen, in anderen zu einer Erwärmung der Oberfläche, „je nach Verfügbarkeit von Wasser für die Pflanzen und den spezifischen physiologischen Prozessen der an Trockenheit angepassten Pflanzenarten“.

Der von Song beschriebene und von vielen Menschen erlebte Kühlungseffekt tritt also erst dann ein, wenn ausreichend Wasser zum Schwitzen und Verdunsten vorhanden ist.

Schwindende Vegetation, steigende Temperaturen

Um die Auswirkungen einer kontrollierten Begrünung zu untersuchen, verglichen die Forscher die Oberflächentemperatur von bepflanzten Flächen und nacktem Boden an vier Standorten. Sie repräsentieren die wichtigsten landwirtschaftlichen Regionen Saudi-Arabiens, liegen jedoch in unterschiedlichen Höhen über dem Meer. Ein fünfter Standort, Al-Qirw, mit künstlicher Bewässerung liefert Daten sowohl für bewachsenen als auch unbewachsenen Boden ohne Einfluss der Höhenlage.

Zwischen 2010 und 2017 lagen die Tagestemperaturen der begrünten Flächen etwa vier Grad Celsius unter dem umgebenden nackten Boden. An heißeren Tagen sorgte die Vegetation für einen zusätzlichen Kühleffekt, der sich mit zunehmender Vegetation bis auf 7 °C verstärkte. Nach 2017 ging die Vegetation in Al-Qirw plötzlich zurück. Parallel verschwand auch der Kühleffekt. Als mögliche Ursache gilt die Veränderung der Bewässerung und Wasserversorgung.

Laut Ibrahim Hoteit, Leiter des Forschungsteams um Zampieri, unterstützt die Studie frühere Ergebnisse, wonach die Etablierung von Vegetation und effektiven Wassermanagementpraktiken hohe Temperaturen in Trockengebieten abmildern.

„Unsere Studie zeigt, dass die Bewirtschaftung der Vegetation eine entscheidende Rolle bei der Abschwächung […] von Hitzewellen spielt“, sagt er. In Hinblick auf Al-Qirw ergänzt er: „Sie unterstreicht jedoch auch die Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren, denn der Zusammenbruch der Vegetation kann die kühlende Wirkung vermindern und lokale Erwärmungstendenzen beschleunigen.“

Quellen und weiterführende Literatur

[1] Song et al. (2023); doi.org/10.1289/EHP12589

[2] Song et al. (2023); doi.org/10.1007/s11783-024-1771-z

[3] Zampieri et al. (2023); doi.org/10.1016/j.ecolind.2023.110789



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion