Könnte Impfkampagne schaden: Behörden halten Daten über COVID-19 zurück

Die oberste US-Seuchenbehörde CDC hält einen Großteil der Daten zu COVID unter Verschluss: Sie könnten falsch verstanden werden und Zweifel an der Effektivität der Impfung säen. Ähnliches verkündeten schottische Behörden. Indes fordern Forscher mehr statt weniger Daten, „bis die Pandemie vorbei ist.“
Regierungen legen bei Corona teilweise mehr Wert auf hübsche statt auf vollständiger Daten.
Regierungen legen bei Corona teilweise mehr Wert auf hübsche statt auf vollständiger Daten.(Symbolbild)Foto: iStock
Von 23. Februar 2022

Die oberste US-Seuchenbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) unterschlägt der Öffentlichkeit Daten zu COVID und zur Impfung. Kritiker haben dies bereits seit mindestens Sommer 2021 befürchtet und publiziert. Die offizielle Bestätigung erschien nun in der „New York Times“.

Entscheidend seien in der aktuellen Situation vor allem Daten zu den Boostern, einschließlich der Wirksamkeit bei Jüngeren. Auf der anderen Seite fehlen Daten zu Hospitalisierungen, beziehungsweise zum Impfstatus der Hospitalisierten. Ebenfalls fehle nach wie vor vielerorts die Unterscheidung zwischen „wegen“ und „mit“ Corona im Krankenhaus.

„Zwei volle Jahre nach Beginn der Pandemie hat die Behörde, die die Reaktion des Landes auf den Gesundheitsnotstand leitet, nur einen winzigen Bruchteil der gesammelten Daten veröffentlicht“, zitiert die „Times“ Personen aus dem CDC-Umfeld, die mit den Daten vertraut sind. Zwar sammle man seit mehr als einem Jahr alle möglichen Daten über COVID-19-Hospitalisierungen, die meisten davon würden aber nicht veröffentlicht.

Die CDC erklärte gegenüber der „Times“, dass man Angst habe, „dass die Informationen falsch interpretiert werden könnten“. Außerdem seien sie „noch nicht reif“ für die Öffentlichkeit. Alles, was öffentlich wird, müsse „korrekt und verwertbar“ sein.

CDC-Datenlücke seit mindestens vier Monaten bekannt

„Die Leistung von Impfstoffen und Auffrischungsimpfungen, insbesondere bei jüngeren Erwachsenen, gehört zu den eklatantesten Auslassungen in den Daten, die die CDC veröffentlicht haben“, schreibt die „Times“ in ihrem Artikel am Sonntag. So gebe es Zahlen zur Effektivität der dritten Impfung beispielsweise nur für ältere Gruppen. Angaben aus der Gruppe der 18- bis 49-Jährigen fehlen vollständig.

Alex Berenson, langjähriger „Times“-Journalist und mittlerweile scharfer Corona-Kritiker, schreibt dazu: „Es ist seit letztem Sommer offensichtlich, dass die CDC die rohen Zahlen versteckt.“ Der erstaunlichste Teil an dieser Geschichte ist für Berenson der Umstand, dass die Geschichte in der „New York Times“ veröffentlicht wird.

Er erinnert daran, dass bis Oktober auch die Zahl der geimpften Todesfälle veröffentlicht worden war. Das habe zu jenem Zeitpunkt aufgehört, so Berenson, „als selbst ihre unsinnige Definition von ‚vollständig geimpft‘ nicht mehr verbergen konnte, was geschah“.

„Vollständig geimpft“ ist man in der USA zwei Wochen nach der zweiten Impfung mit Pfizer oder Moderna oder zwei Wochen nach einer Johnson & Johnson-Dosis. Fünf Monate später muss ein Booster erfolgen, um weiter als „vollständig geimpft“ zu gelten. In Deutschland reichen laut RKI und PEI aktuell zwei Dosen eines zugelassenen Impfstoffs. Doch auch hierzulande gelten Personen bis 14 Tage nach der zweiten Impfdosis als „nicht vollständig geimpft“, wodurch eventuelle Infektions- und Todesfälle in die Statistik der Ungeimpften eingehen.

Die entscheidende Frage für Berenson sei aber: „Warum konfrontiert die ‚Times‘ die CDC erst jetzt damit?“ Er selbst hatte bereits im November darüber berichtet, dass die CDC Daten zurückhält. Laut ihm hätten die CDC „tatsächlich sehr spezifische Daten“, die auch ausgewertet seien, aber der Öffentlichkeit strikt unterschlagen würden.

Behörden fürchten Falschdarstellung

Dabei sind die CDC kein Einzelfall. Auch im Wochenbericht der Behörde für Öffentliche Gesundheit Schottland (PHS) heißt es:

Ab dem 16. Februar 2022 wird Public Health Scotland (PHS) nicht mehr wöchentlich COVID-19-Fälle, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle nach Impfstatus melden. PHS wird weiterhin die neuesten wissenschaftlichen Analysen und Berichte über die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe zur Verfügung stellen.“

„Die schottische Gesundheitsbehörde Public Health wird die Veröffentlichung von Daten über Todesfälle und Krankenhausaufenthalte gegliedert nach Impfstatus einstellen, da sie befürchtet, dass diese von Impfpflicht-Gegnern falsch dargestellt werden“, berichtete dazu die „Glasgow Times“. Stattdessen würden sich die Beamten „auf die Veröffentlichung robusterer und komplexerer Daten zur Wirksamkeit von Impfstoffen konzentrieren“.

Demnach wird in Zukunft irgendwie eine Wirksamkeit berechnet. Die Rohdaten, mit denen die Berechnung kontrolliert werden könnte, sollen nicht mehr veröffentlicht werden.

„Our World in Data“-Chef fordert bessere Daten

Genau das – die Veröffentlichung der Rohdaten – fordern indes Forscher, die seit Beginn der Pandemie Corona-Daten zusammentragen und veröffentlichen. Einer von ihnen ist Edouard Mathieu, der laut „Spiegel“ „fast im Alleingang die weltweit führende Coronaimpfstatistik aufgebaut“ hat: Our World in Data. In einem Beitrag in „Nature“ schreibt Mathieu:

Ich befürchte, dass die Regierungen und Organisationen, die für die wichtige Datenerfassung verantwortlich sind, sich nicht auf das konzentrieren, was wirklich notwendig ist, um die Pandemie zu überwinden.“

Zu Beginn der Pandemie hätten „ein paar Leute an der Johns Hopkins University“ begonnen, die bestätigten Fälle und gemeldeten Todesfälle in jedem Land zu zählen. Mathieu selbst habe seinen Job bei einem Unternehmen für digitale Dienstleistungen gekündigt, um sich an „der akribischen Zusammenstellung von länderspezifischen Daten zu Tests“ zu beteiligen, und legte damit den Grundstein für die Datenplattform „Our World in Data“ im Bereich Corona.

In dieser Rolle fordert er daher: „Datenverlage – ob nationale Regierungen, internationale Organisationen oder Online-Publikationen – sollten sich offen dazu verpflichten, der Öffentlichkeit und der Forschung transparente Daten über die Pandemie zur Verfügung zu stellen, bis die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sie für beendet erklärt.“

Gutes Aussehen wichtiger als verlässliche Daten

In den letzten zwei Jahren habe er einen Großteil seiner Zeit damit verbracht, die offiziellen Websites und Social-Media-Konten von Hunderten von Regierungen und Gesundheitsbehörden zu durchforsten, beschreibt Mathieu seine Tätigkeit. „Einige Regierungen veröffentlichen offizielle Statistiken immer noch in Form von niedrig aufgelösten Bildern auf Facebook oder seltenen Pressekonferenzen auf YouTube – oft, weil ihnen die Ressourcen für eine bessere Berichterstattung fehlen. [Andere] Länder, darunter China und der Iran, haben überhaupt keine Daten zur Verfügung gestellt.“

Dafür gebe es aus seiner Sicht zwei Gründe: mangelndes Bewusstsein oder Unwillen. Die Veröffentlichung der ersten Daten würde eine Flut von Anfragen nach weiteren Daten bedeuten, die die Behörden nicht veröffentlichen können oder wollen.

Jedoch seien die Daten nicht nur nicht veröffentlicht, sondern teilweise noch nicht einmal auf globaler Ebene verfügbar. Beispielsweise habe sein Team im August 2021 eine Metrik für Booster hinzugefügt, sobald Länder wie Israel sie einführten. Die WHO erfasse Booster bis heute nicht. Ebenfalls deutlich untererfasst sei die Unterscheidung zwischen Krankenhauseinweisungen wegen COVID-19 und Fällen, die zufällig entdeckt wurden. Dabei sei dieser Sachverhalt gerade jetzt „von entscheidender Bedeutung, da der letztere Anteil zunimmt. Aber nur wenige Länder liefern diese Aufschlüsselung.“

Auch für den Fall, dass es Daten gibt, sieht Mathieu Defizite. Als er 2021 „mit dem Aufbau unseres globalen Datensatzes zu COVID-19-Impfungen“ begonnen hat, haben „viele Regierungen die Daten erst Wochen – manchmal Monate – nach der Einführung [geliefert], weil sie die Daten nicht verarbeiten konnten. Schlimmer noch. [Regierungen] stellten nur selten die zugrunde liegenden Daten zur Verfügung, die andere zur Erstellung eigener Analysen benötigen.“ Oft lägen die Interessen zudem auf dem „gut Aussehen“ der Dashboards statt der Verfügbarkeit von Daten.

Dabei würde „eine einfache Textdatei […] ausreichen“, so Mathieu. Datenspezialisten wie er seien „mehr als bereit, eine nützliche Website oder App zu erstellen. – Aber dazu brauchen wir das Rohmaterial.“

(Mit Material und freundlicher Genehmigung von Peter F. Mayer.)

Teile dieses Artikels erschienen im Original auf dem Blog tkp.at unter dem „Könnte Impfkampagne schaden: CDC hält Daten über Covid zurück“ sowie „Letzter nur wenig verfälschter Bericht von Public Health Scotland bestätigt neuerlich Impfdesaster“.



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