Plastik aus dem Meer aufessen? Niederländer finden Pilz mit Hunger auf Müllberge

Seit Jahrzehnten steigt die Flut aus Plastik immer weiter an. Der unrecycelte Großteil landet dabei über verschiedene Wege im Meer, wo sich ganze Müllflecken bilden und Natur und Tiere schaden und töten. Niederländische Forscher können dieses Problem künftig mithilfe kleiner Helfer einfach tilgen.
Pilze essen Plastik aus dem Meer
Seit Jahrzehnten steigt die Flut aus Plastik immer weiter an. Der unrecycelte Großteil landet dabei über verschiedene Wege im Meer.Foto: Tunatura/iStock
Von 8. Juni 2024

Ein im Meer lebender Pilz kann den Kunststoff Polyethylen abbauen, wenn die Plaste zuvor wenigstens kurz der UV-Strahlung des Sonnenlichts ausgesetzt wurde. Zu dieser Erkenntnis kommen niederländische Forscher vom Königlichen Niederländischen Institut für Meeresforschung (kurz NIOZ) und gehen sogar noch einen Schritt weiter: Denn in tieferen Teilen des Ozeans könnten noch viel mehr Pilze leben, die Plastik abbauen.

Die Rede ist von dem Pilz „Parengyodontium album“, der in einer Art Film zusammen mit anderen marinen Mikroben auf den schwimmenden Müllbergen lebt. Dieser ist laut den holländischen Meeresmikrobiologen in der Lage, Partikel des Kunststoffs Polyethylen (PE) abzubauen – dem häufigsten aller Kunststoffe.

Mit dieser Entdeckung reiht sich der Pilz in eine sehr kurze Liste von Plastik abbauenden Meerespilzen ein: Bislang wurden weltweit nur vier Arten gefunden. Von einer größeren Anzahl von Bakterien war bereits bekannt, dass sie Plastik abbauen können.

UV-Licht statt Kerzenschein

Um Plastik-abbauende Lebewesen zu finden, begaben sich die Forscher in einen der Brennpunkte der Plastikverschmutzung, den großen Müllstrudel im Nordpazifik. Dort sammelten sie Plastikmüll, aus dem sie später im Labor den Meerespilz isolierten und auf speziellen Kunststoffen züchteten.

Als „Futter“ für den Pilz gab es Plastik mit einem speziellen Kohlenstoff – 13C-Isotope – um genau verfolgen zu können, was der Pilz mit dem Plastik macht. „Diese sogenannten 13C-Isotope bleiben in der Nahrungskette nachweisbar. Sie sind wie eine Markierung, mit der wir verfolgen können, wohin der Kohlenstoff geht. Wir können ihn dann bis in die Abbauprodukte zurückverfolgen“, erklärt Mikrobiologin Annika Vaksmaa vom NIOZ.

Im Labor beobachteten Vaksmaa und ihr Team, dass der Abbau des Plastiks durch den Meerespilz mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,05 Prozent pro Tag erfolgt. Und wie verarbeitet der Pilz seine Nahrung? „Der Großteil des gefressenen Plastiks wird in Kohlendioxid umgewandelt, das er wieder ausscheidet“, so Vaksmaa. Obwohl CO₂ ein Treibhausgas ist, sei dies jedoch kein Problem. „Die von den Pilzen freigesetzte Menge entspricht der geringen Menge, die der Mensch beim Atmen freisetzt“, so die Forscher.

Im Labor zeigte sich zudem, dass der Pilz das Plastik nur verspeisen kann, wenn dieses dem Sonnenlicht ausgesetzt war. „Das bedeutet, dass der Meerespilz nur Plastik abbauen kann, das zunächst nahe der Oberfläche schwimmt“, erklärt Vaksmaa.

Leckere Suppe aus Plastik

Da eine große Menge verschiedener Kunststoffe in tiefere Schichten sinkt, bevor sie dem Sonnenlicht ausgesetzt wird, kann der Pilz nicht alles Plastik abbauen. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass es noch andere, bisher unbekannte Pilze gibt, die ebenfalls in tieferen Teilen des Ozeans Plastik abbauen.

„Meerespilze können komplexe Materialien aus Kohlenstoff abbauen. Es gibt eine Vielzahl dieser Organismen, sodass es wahrscheinlich ist, dass es neben den vier bisher identifizierten Arten noch weitere gibt“, sagt Vaksmaa.

Die Suche nach Organismen, die Plastik abbauen, ist dringend notwendig, denn jedes Jahr produziert der Mensch mehr als 400 Milliarden Kilogramm Plastik. Fachleute erwarten, dass sich diese Menge – sofern kein Wandel erfolgt – bis zum Jahr 2060 mindestens verdreifachen wird.

Und da könnten die US-amerikanischen Forscher von der Universität von Kalifornien, San Diego, mit ihrer neuen Entwicklung ins Spiel kommen. Diese haben nämlich „lebendes“ Plastik erfunden, das sich in mikrobiell aktiver als auch in steriler Kompostumgebung innerhalb von fünf Monaten zu 90 Prozent abbaut. Möglich machen dies bakterielle Sporen, eine „schlafende“ Form von Bakterien im Proteinschutzschild.

Unklar ist derzeit noch, was nach Abbau zurückbleibt – etwas, das die Forscher als Nächstes untersuchen wollen. Bis dieses Produkt im industriellen Maßstab hergestellt werden kann, wird es noch etwas dauern.

Die Studie erschien im Mai 2024 in der Fachzeitschrift „Science of the Total Environment“.



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