Studie: Der Mensch entfernt sich immer weiter von der Natur

Wer mehr in der Natur ist, geht anders mit ihr um, als derjenige mit größerem Abstand zu Pflanzen und Tieren. Die moderne Gesellschaft fördert jedoch Letzteres, was sich wiederum auf die Natur und ihren Schutz auswirkt.
Der Mensch entfernt sich immer weiter von der Natur
Symbolbild.Foto: iStock
Von 9. Januar 2023

Die Menschen leben immer weiter von Naturräumen entfernt und beschäftigen sich gleichzeitig immer weniger mit der Natur. Zu diesem Ergebnis kommt eine Metastudie von Forschern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (kurz iDiv) und der Universität Leipzig. Laut den Forschern hänge die Entwicklung eines umweltfreundlichen Verhaltens maßgeblich von der eigenen Nähe zur Natur ab.

Schon länger gab es die Annahme, dass Menschen weltweit immer weniger Naturerfahrungen machen – jedoch fehlten bislang die empirischen Beweise dafür. Um Anhaltspunkte zur Naturnähe zu erhalten, untersuchten die Forscher zunächst den heutigen Lebensraum der Menschen. So ermittelten die Wissenschaftler die durchschnittliche Entfernung zwischen dem Wohnort eines Menschen und dem nächstgelegenen naturnahen Gebiet, und wie sich dies in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie Mitte Dezember in der Fachzeitschrift „Frontiers in Ecology and the Environment“.

Darin beschreiben sie, dass die Menschen im Jahr 2020 im weltweiten Durchschnitt knapp zehn Kilometer von einem Naturgebiet entfernt lebten. Dies entspricht einer Vergrößerung der Distanz um 7 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. „Auffallend ist, dass alle anderen Länder der Welt einem ähnlichen Muster folgen“, erklärt Dr. Victor Cazalis von der Universität Leipzig. In Europa ist die durchschnittliche Entfernung mit 22 Kilometern in Deutschland und 16 Kilometern in Frankreich am größten.

Durchschnittlicher Abstand zwischen Wohnort und dem nächsten Naturgebiet im Jahr 2020. Foto: Cazalis et al. (2022); doi.org/10.1002/fee.2540, (CC BY-NC 4.0)

Weiterhin zeigt sich, dass der Baumbestand in den Städten seit dem Jahr 2000 weltweit zurückgegangen ist. Dies betreffe wiederum insbesondere Zentralafrika und Südostasien. „Dieser Befund deutet darauf hin, dass auch die Möglichkeiten für die Stadtbevölkerung, Zugang zu Grünflächen zu erhalten, abnehmen“, sagt Dr. Gladys Barragan-Jason, Mitautorin der Studie. „Wir schlussfolgern, dass die Zerstörung von Naturräumen in Verbindung mit einem starken Anstieg der städtischen Bevölkerung zu einer wachsenden räumlichen Distanz zwischen Mensch und Natur führt, insbesondere in Asien, Afrika und Südamerika.“

Einfluss der Medien

In derselben Studie suchten die Forscher nach wissenschaftlichen Veröffentlichungen, in denen ein Trend zu Naturerlebnissen untersucht wurde. Allerdings fanden die Forscher lediglich 18 Studien, die sich mit Naturerlebnissen wie Wanderungen in Nationalparks oder wenigstens Naturkulissen in Zeichentrickfilmen, Computerspielen oder Büchern beschäftigten.

So zeigen die gefundenen Studien beispielsweise einen Rückgang der Besuche in Naturparks in den USA und Japan auf. Weiterhin schienen sich weniger US-Amerikaner an Campingaktivitäten zu erfreuen und japanische Kinder beobachteten immer weniger Blumenarten. Doch auch Medien wie Bücher, Musik und Filme lassen eine größer werdende Tendenz erkennen. So belegt eine Studie aus dem Jahr 2021, dass in Romanen, Kinderbüchern und Zeichentrickfilmen immer weniger Naturbilder vorkommen.

Während diese Beispiele auf einen Rückgang der Naturbezüge hindeuten, nehmen andere „Interaktionen“ zu. So erfreuen sich Dokumentationen über Wildtiere oder Videospiele mit Wildtieren größerer Beliebtheit als noch vor einigen Jahren. „Mehrere frühere Studien zeigen jedoch, dass diese ‚Naturerlebnisse‘ unser Naturverbundenheitsgefühl weniger fördern als direkte Naturerlebnisse“, so Gladys Barragan-Jason.

„Zu wissen, wie sich die Menschen mit der Natur beschäftigen, ist essenziell, denn davon hängt ab, welche Beziehung wir zur Natur haben und wie wir mit ihr umgehen“, sagt Victor Cazalis. „Wir müssen eine gute Verbindung zur Natur aufrechterhalten, um die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen möglich zu machen. Nur dann kann die Menschheit ‚bis 2050 in Harmonie mit der Natur leben‘.

(Mit Material vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung)



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