Chinesischer Manager am Flughafen München festgenommen: Chinas Medien erfinden Geschichten

Ein Manager eines chinesischen Solarunternehmens wurde am Flughafen München festgenommen. Eigentlich wollte der Mann an der Fachmesse Intersolar Europa teilnehmen. Was war geschehen?
Titelbild
Bundespolizei am Flughafen München (Symbolbild).Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images
Von 16. Juni 2023

Die Verhaftung eines chinesischen Geschäftsmanns auf dem Flughafen München zieht Kreise. Der Mann wollte als leitender Angestellter einer Solarfirma aus Changzhou an der vom 14. bis 16. Juni in München stattfindenden Intersolar Europe 2023, der größten Solarfachmesse der Welt, teilnehmen. Kurz nach der Landung mit seinem Lufthansaflug LH 727 von Shanghai nach München wurde der Mann von der Bundespolizei festgenommen und abgeführt.

Ein Sprecher der Bundespolizei am Flughafen München bestätigte der Epoch Times, dass man am 12. Juni gegen 7:30 Uhr „einen chinesischen Staatsangehörigen festgenommen“ habe.  Gegen den Mann habe ein von der Staatsanwaltschaft Augsburg beim Amtsgericht beantragter Untersuchungshaftbefehl vorgelegen. Die Person sei noch am selben Tag gegen 14 Uhr dem Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Augsburg vorgeführt worden. Allerdings: „Die Haft wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt“, wie Bundespolizeisprecher Stefan Bayer erklärte. Weitere Angaben machte Bayer „aus rechtlichen Gründen“ nicht, weder zum Tatvorwurf noch zur Person.

Was man in China so berichtet

Die chinesische „Security Times“ berichtet auf dem chinesischen Infoportal „Sina“, dass sich in der heimischen Photovoltaikszene die Nachricht verbreite, dass am 12. Juni ein leitender Angestellter eines chinesischen Photovoltaikunternehmens während der Teilnahme an der Intersolar Europe 2023 in München, Deutschland, abgeführt worden sei.

Später habe sich herausgestellt, dass der Mann nicht auf der Messe, sondern am Flughafen abgeführt worden war. Ein leitender Angestellter eines Solarunternehmens bestätigte: „Vor unseren Augen wurde er von mehreren Leuten in Uniform abgeführt.“ Der leitende Angestellte erklärte dem Reporter, dass es sich um einen leitenden Angestellten eines nicht börsennotierten Unternehmens zur Herstellung von Photovoltaikzellenmodulen in Changzhou gehandelt habe.

Nach Angaben der chinesischen Wirtschaftsseite „Shell Finance“ habe ein Reporter der Seite telefonisch mit dem abgeführten Mann Kontakt aufgenommen. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er gegen 17:30 Uhr Ortszeit am selben Abend zum Einchecken in einem lokalen Hotel angekommen war. Auf die Frage, ob es größere Probleme gebe, habe der Mann geantwortet: „Es ist in Ordnung.“

Laut „Security Times“ habe die China Photovoltaic Industry Association am frühen Morgen des 13. Juni in einem Statement klargestellt, dass sie die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Photovoltaikunternehmen wahre. Sie erinnerte jedoch die Unternehmen gleichzeitig daran, auf die Einhaltung lokaler Gesetze und Vorschriften zu achten. Bei Fragen solle man sich daher rechtzeitig an die örtliche Botschaft oder das Konsulat oder an die China Photovoltaic Industry Association wenden.

Die Zeitung erinnerte an einen Fall von 2019, in dem während der Intersolar Europe in München „mehrere Führungskräfte chinesischer Photovoltaikunternehmen von zuständigen deutschen Behörden abgeführt“ worden seien.

Nach Angaben des deutschen Photovoltaikmediums „pv magazine“ seien zwei Haftbefehle vollstreckt worden, heißt es. Es soll um eine „angebliche Beteiligung am kommerziellen Schmuggel von Solarmodulen und die illegale Umgehung des vor September 2018 durchgesetzten EU-Mindestpreises MIP“ gegangen sein. Es wurde auch daran erinnert, dass im selben Jahr fast zeitgleich mehrere Rücktrittserklärungen von Führungskräften mehrerer inländischer Photovoltaikunternehmen stattfanden, was von vielen als Zusammenhang mit den Verhaftungen in München gesehen worden sei.

Die Gerüchteküche brodelt

Die staatlich kontrollierte „China Internet Information Center“ beliefert indes die Gerüchteküche. Ein um Anonymität bittender Brancheninsider habe gegenüber der „Global Times“ Vermutungen geäußert, dass der Vorfall möglicherweise mit den Handelsstreitigkeiten zwischen China und Europa in der Solarindustrie zusammenhängen könnte.

Die „Shanghai Security News“ habe zudem anonym einen leitenden Angestellten eines börsennotierten Photovoltaikunternehmens zitiert, der erklärt habe, dass die deutschen Behörden „über eine detaillierte, lange Liste von [chinesischen Personen] verfügen könnten, die an der Grenze kontrolliert werden, und dass sie wissen, wo sie im Flugzeug sitzen und wo sie sich aufhalten, wenn sie in Deutschland angekommen sind“, berichtete die englischsprachige „Global Times“, die unter der Schirmherrschaft des Parteiorgans der Kommunistischen Partei Chinas steht, der „Volkstageszeitung“ („Renmin Ribao“).

Was die Staatsanwaltschaft Augsburg sagt

Bisher lässt sich wenig Klarheit in den Fall bringen. Allerdings erklärte auf Nachfrage der Epoch Times Oberstaatsanwalt Dr. Andreas Dobler von der Staatsanwaltschaft Augsburg, dass der Fall nicht mit der aktuellen Messe Intersolar Europe 2023 in Verbindung stehe.

Vielmehr handelt es sich um Angelegenheiten der Wirtschaftskriminalität aus den Jahren 2015 bis 2017. Da der Mann sich 2017 einem entsprechenden Verfahren entzogen hatte, erfolgte nun die Festnahme. Unter welchen Auflagen der Mann auf freien Fuß gesetzt worden war, gab der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht bekannt. Dr. Dobler geht jedoch davon aus, dass eine Abreise des Mannes nach China derzeit eher nicht infrage kommt.



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