Das Karussell – von Rainer Maria Rilke

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Karussell in Paris.Foto: BERTRAND GUAY/AFP/Getty Images

Das Karussell

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht

Sich eine kleine Weile der Bestand

Von bunten Pferden, alle aus dem Land,

Das lange zögert, eh es untergeht.

Zwar manche sind an Wagen angespannt

Doch alle haben Mut in ihren Mienen;

Ein böser roter Löwe geht mit ihnen

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,

Nur dass er einen Sattel trägt und drüber

Ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge

Und hält sich mit der kleinen heißen Hand,

Dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,

Auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge

Fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge

Schauen sie auf, irgendwohin, herüber –

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,

Und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.

Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,

Ein kleines kaum begonnenes Profil -.

Und manches mal ein Lächeln, hergewendet,

Ein seliges, das blendet und verschwendet

An dieses atemlose blinde Spiel …

Rainer Maria Rilke (1875-1926)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion