Die Graue Passion in ihrer Zeit

Titelbild
Foto: Staatsgalerie Stuttgart
Epoch Times26. Januar 2011

Die Staatsgalerie Stuttgart präsentiert in der aktuellen Großen Landesausstellung Baden-Württemberg die erste Ausstellung nach 45 Jahren, die sich mit dem Werk des Malers Hans Holbein dem Älteren beschäftigt. Im Mittelpunkt der Schau, die noch bis zum 29.März 2011 gezeigt wird, stehen seine zwölf Tafeln umfassende „Graue Passion“ (entstanden zwischen 1494 und 1500) und im Kontext dazu themengleiche Tafelbilder und Graphikreihen bedeutender Vorläufer und Zeitgenossen wie Jan van Eyck, Hans Memling, Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Matthias Grünewald.

Ankauf und Restaurierung

Dank einer groß angelegten Spendenaktion konnte die Staatsgalerie Stuttgart die „Graue Passion“ im Jahr 2003 erwerben. Die einzelnen Tafeln der „Grauen Passion“ befanden sich aufgrund von Übermalungen und fehlenden Malschichten in höchst unterschiedlichem Zustand. Ziel einer Restaurierung war es, sie in ihrer Erscheinung wieder einheitlich präsentieren zu können. Die Untersuchung der bisher unerforschten Maltechnik Hans Holbeins d. Ä. sowie die Restaurierung der zwölf Gemälde stellten das bisher umfangreichste Restaurierungsprojekt der Staatsgalerie Stuttgart dar. Ein vom Steinbeis Transfer Zentrum an der Hochschule der Medien (Stuttgart) erstellter Film erfasst die Restaurierung in einer Langzeitdokumentation und erlaubt einen exklusiven Einblick in die Restaurierungswerkstatt der Staatsgalerie Stuttgart: Der Dokumentarfilm wird als Teil der Ausstellung präsentiert, eine kürzere Fassung des Films von rund fünf Minuten ist im Internet abrufbar. (http://www.youtube.com/watch?v=GVlqgwTVw2w)

Die Passionsgeschichte in einer ungewöhnlichen Farbgestaltung

Die Besucher erwartet in der Ausstellung eine Begegnung mit einer der künstlerisch hervorragendsten Passionsfolgen der altdeutschen Kunst. Ursprünglich bildeten die zwölf Tafeln mit Darstellungen der Leidensgeschichte Christi die Außen- und Innenseiten zweier doppelseitig bemalter Flügel eines Passionsaltars. In geschlossenem Zustand waren die „grauen“ Szenen zu sehen, die in paarweiser Anordnung von oben nach unten zu lesen sind und die Passionsszenen Christus am Ölberg, die Gefangennahme Christi, Christus vor Hannas, die Geißelung Christi, die Dornenkrönung Christi und Ecce Homo darstellen. Geöffnet präsentierten sich die ockerfarbenen Darstellungen in der Lesefolge von oben nach unten. Hier zu sehen sind die Handwaschung des Pilatus, die Kreuztragung Christi und Christus in der Rast sowie die Kreuzabnahme, Grablegung und Auferstehung Christi. In besonderem Maße wird die emotionale Dichte und kompositorische Geschlossenheit deutlich, in der Hans Holbein d. Ä. die Leidensgeschichte Christi interpretierte. Mit seinen formal beruhigten Kompositionen und seinem idealisierten Christustypus, weist der Künstler bereits auf ein Darstellungsideal der Renaissance voraus. Allein im Vertrauen auf seine eigenen künstlerischen Möglichkeiten löste sich Holbein von den tradierten Bildformen und mied die zuweilen drastischen Schilderungen des Passionsgeschehens seiner Vorgänger. Besonderes Augenmerk gilt der schon im Namen anklingenden farblichen Gestaltung der Tafeln als Halbgrisaille, die singulär innerhalb der gesamten europäischen Altarmalerei ist. Holbein entwickelte aus der Grau-in-Grau-Malerei eines Jan van Eyck und Rogier van der Weyden ein subtiles monochromes Kolorit, das in Verbindung mit der Inkarnatfarbe und wenigen, intensiv leuchtenden Farbpartikeln bei Blut, Dornenkrone, Ringen und Fackeln einzigartig ist. Die eindringliche Dramatik des dargestellten Passionsgeschehens teilt sich schon allein durch die Farbwirkung, in ihrer differenzierten Abstufung und den unterschiedlichsten Valeurs von Grau, Ocker und Grün, mit.

Internationale Leihgaben

Die Leihgaben zur Ausstellung kommen aus bedeutenden Sammlungen der Welt, wie dem Kunstmuseum Basel, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresdens, dem British Museum London, dem Museo Thyssen-Bornemisza Madrid, dem Montreal Museum of Fine Arts, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Münchens, dem Metropolitan Museum of Art New York, dem Musée du Louvre Paris, dem Kunsthistorischen Museum Wien und einigen anderen mehr. Die Bedeutung der Ausstellung „Hans Holbein d. Ä.: Die Graue Passion in ihrer Zeit“ unterstreicht eine sensationelle Leihgabe der Albertina in Wien: Die Staatsgalerie Stuttgart erhält für die Dauer der Ausstellung acht kostbare Zeichnungen der Grünen Passion von Albrecht Dürer, die nur alle 25 Jahre ausgeliehen wird. Aus konservatorischen Gründen dürfen nur jeweils vier gleichzeitig gezeigt werden; nach der Hälfte der Ausstellung müssen die Blätter ausgetauscht werden. Die Ausstellung umfasst ca. 45 Tafelbilder (teilweise beidseitig bemalt) und mehrteilige Altäre, 94 Arbeiten auf Papier, sowie einige Skulpturen und Glasbilder. (red)

Hans Holbein d. Ä.
Die Graue Passion in ihrer Zeit
Eine Ausstellung der Staatsgalerie
Stuttgart, Konrad-Adenauer-Str.
30-32, 70173 Stuttgart
noch bis zum 20.März 2011

Foto: Staatsgalerie Stuttgart

 



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