Zeitlos und weltweit bekannt: Die Erfolgsgeschichte von „Stolz und Vorurteil“

Witz und feine Ironie, amüsant und scharfsinnig, humorvoll und klug. Mit nur 22 Jahren hatte Jane Austen ihren ersten Roman fertiggestellt. Der Versuch, einen Verlag zu finden, war schwierig. Heute sind ihre Bücher Meilensteine in der Weltliteratur.
Titelbild
Das Haus in Chawton, indem Jane Austen ihre letzten Lebensjahre verbrachte liegt etwa 80 Kilometer südwestlich des Londoner Zentrums. Heute beherbergt es ein kleines Jane Austen Museum.Foto: iStock
Von 28. März 2023

„Ich stelle fest, dass es letztlich kein größeres Vergnügen gibt als zu lesen“, schrieb die englische Autorin Jane Austen über ihre eigene Leseleidenschaft.

Das unvergleichlich beglückende Gefühl, in die Welt und Handlung eines Buches einzutauchen, die Zeit zu vergessen und zu hoffen, dieser Zustand möge so schnell nicht enden, hat sie selbst Generationen von Lesern geschenkt. Ihre Romane gehören seit mehr als zwei Jahrhunderten zur schönsten und geistreichsten Unterhaltung, der man Zeit und Aufmerksamkeit widmen kann.

Unvergleichlicher Auftakt

Jane Austens wohl berühmtester Roman, „Pride and Prejudice“, „Stolz und Vorurteil“ erschien am 28. Januar des Jahres 1813. Schon in den ersten Zeilen des Romans zeigt sich sein Witz und seine feine Ironie im inzwischen legendären Auftakt zu den Irrungen und Wirrungen um eine Familie aus einfachem, englischen Landadel, die mit fünf Töchtern im heiratsfähigen Alter gesegnet ist: „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“ („It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife.“)

Entwaffnend pragmatisch, gleichzeitig mit schelmischem Augenzwinkern nimmt hier eine mitreißende Geschichte vom ersten Moment an Fahrt auf. Denn: auch wenn es der neue, junge und wohlhabende Hausherr des benachbarten Landsitzes nicht ahnt: Er ist – ungefragt und unweigerlich – das begehrte Objekt sehr konkreter Heiratshoffnungen.

Millionen Menschen haben diesen faszinierenden, unverblümten Anfangssatz gelesen, der sie ohne Umschweife mitten in die gesellschaftliche Wirklichkeit und die Konventionen des englischen Landadels im späten 18. Jahrhundert führt und ihnen damit die Tür zu einer eigenen Welt und ihren Bewohnern öffnet. Dieser besondere Kosmos und seine Charaktere werden von Jane Austen mit umwerfender Aufrichtigkeit und spitzer Feder beschrieben, ohne sie jedoch jemals zu diffamieren.

„Ich kann Menschen nicht zur Hälfte lieben, das liegt nicht in meiner Natur.“ schreibt Jane Austen von sich selbst und überträgt diese Grundhaltung auch auf ihre dichterische Arbeit.

Trotz aller kleinen und großen charakterlichen Schwächen der handelnden Personen, ihrer Missverständnisse, Intrigen, Irrwege und Fehleinschätzungen ist Jane Austens Beschreibung der Geschehnisse immer von feinfühlender Zurückhaltung, klarer Vernunft, Witz, Humor und warmherzigem Verstand geprägt.

Besonders Elizabeth Bennet, die zweitälteste Tochter der landadeligen Familie, übernimmt im Roman die Rolle der zentralen Akteurin und klugen Beobachterin. Doch auch sie selbst bleibt nicht von fremden und eigenen Vorurteilen, Stolz und Enttäuschungen verschont. „Je mehr ich von der Welt sehe, umso unzufriedener bin ich mit ihr“ seufzt sie und schafft es doch in dieser unperfekten Welt, die eigenen Schwächen zu erkennen, zu überwinden und ihr Glück zu finden.

Jane Austen auf einem posthumen Stich von 1873. Foto: iStock

Sittengemälde einer Epoche und weltweites Phänomen

Ein intelligentes und amüsantes Sittengemälde einer Epoche entsteht, das nicht nur seinen Protagonisten, sondern in seiner erstaunlichen Zeitlosigkeit auch seinen Lesern wunderbar erhellende Erkenntnisse schenkt.

Es scheint also nur natürlich, dass „Stolz und Vorurteil“ seit seiner Veröffentlichung vor 210 Jahren nie mehr aus dem Buchhandel verschwand. Seit 1813 wurde es ohne Unterbrechung immer wieder verlegt und bereits damals sofort ins Französische übersetzt. Unzählige weitere Übersetzungen folgten.

1830 trat „Stolz und Vorurteil“ im deutschsprachigen Raum seinen Siegeszug an. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Roman schließlich gleich mehrere Male verfilmt, was seine Berühmtheit endgültig zum weltweiten Phänomen machte.

„Bei jedem Versuch mich einzuschüchtern, wächst mein Mut“

Doch die grandiose Erfolgsgeschichte dieses englischen Klassikers der Weltliteratur begann alles andere als vielversprechend. Mit nicht einmal 22 Jahren hatte Jane Austen den Roman nach nur elf Monaten des Schreibens im August des Jahres 1797 unter dem Titel „First Impressions“ fertiggestellt.

Der Versuch, das Interesse eines Verlags zu wecken, scheiterte jedoch kläglich. Thomas Cadell, ein Londoner Buchhändler und Verleger, war nicht einmal bereit, das Manuskript zu lesen. Bereits auf das Angebot einer Zusendung reagierte er postwendend ablehnend.

Doch die junge Autorin gab nicht auf. „Da ist eine Hartnäckigkeit in mir, die es niemals ertragen wird, dass der Wille anderer mich in Furcht versetzt. Bei jedem Versuch, mich einzuschüchtern, wächst mein Mut“, sagt Elizabeth Bennet, die Heldin von „Pride and Prejudice“ und intuitiv stellt sich der Gedanke ein, dass sie mit diesen Worten wohl auch den Charakter Jane Austens beschreibt.

Im Jahr 1811 – also 14 Jahre später – kommt endlich der Kontakt zum Londoner Verlagshaus Egerton zustande, das Jane Austens ersten Roman „Sense and Sensibility“ zur Veröffentlichung annimmt. Auf ihre eigenen Kosten.

Vom Verkauf aller 750 Exemplare innerhalb von zwei Jahren ermutigt, ist Thomas Egerton im Jahr 1813 dann auch bereit, den zweiten Roman Austens mit seinem, von der Autorin geänderten Titel „Pride and Prejudice“ in einer Auflage von nun bereits 1.500 Stück in Druck zu geben. Diesmal honoriert er Jane Austen mit einer einmaligen Zahlung von 110 Pfund. Mit dieser Summe gehen allerdings auch alle Urheberrechte an den Verlag über.

Jane Austen Festival in Bath, Großbritannien. Foto: iStock

„By a Lady“

Bei beiden Büchern blieb die Identität der Autorin für die Leser im Verborgenen. Eine zu dieser Zeit übliche Praxis, denn das Verfassen von Romanen galt für Damen von Stand noch als unschicklich. 1811 wurde so auf Austens Wunsch noch der kurze, aber geheimnisvolle Zusatz „von einer Dame“, „by a lady“ gewählt. Bei „Pride and Prejudice“ wird dagegen bereits der Hinweis „von der Verfasserin von Sinn und Sinnlichkeit“ „by the author of sense and sensibility“ vorangestellt.

Ein klares Zeichen für das deutlich einsetzende Interesse für die Autorin und ihre Werke. Und tatsächlich: Noch im selben Jahr geht die zweite Auflage von „Pride and Prejudice“ in Druck.

Zu Jane Austens Lebzeiten werden noch die Romane „Mansfield Park“ und „Emma“ erscheinen. Der berühmte Autor Sir Walter Scott wird ihr zu ihrem bisher „nie erlebten Talent“ gratulieren, „die Probleme und Gefühle alltäglicher Charaktere zu schildern“, was einem literarischen Ritterschlag gleichkommt.

In ihren letzten Lebensjahren bewohnt sie mit ihrer einzigen Schwester und einer guten Freundin der Familie Austen ein bescheidenes Haus auf dem Landgut eines ihrer sechs Brüder. Sie schreibt, korrespondiert und bearbeitet frühe Texte.

Janes Austens Geburtshaus, das Pfarrhaus von Steventon. Austen war das siebte von acht Kindern des Pastors William George Austen und seiner Frau Cassandra Austen. Foto: iStock

Viel zu früh stirbt sie im Alter von 41 Jahren am 18. Juli 1817. Die ihr seit frühester Kindheit nahe stehende, geliebte, ältere Schwester Cassandra schreibt am selben Tag an ihre und Janes Nichte Fanny Knight: „Ich habe einen Schatz verloren, welch eine Schwester, welch eine Freundin … Sie war die Sonne meines Lebens, die Vergolderin jeder Freude, die Trösterin jeden Kummers; nicht einen Gedanken habe ich vor ihr verborgen, und es ist, als ob ich einen Teil von mir selbst verloren hätte … Ich danke Gott, dass ich ihr bis zum letzten Moment beistehen durfte“.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion