Museen digitalisieren Kulturgüter

Das kulturelle Erbe soll möglichst umfassend für alle im Netz verfügbar sein. In diesem Ziel sind sich die Manager großer Museen einig. Vielfach fehlt es aber an finanziellen Mitteln, und auch bei den Rechten für die Nutzung gibt es Klärungsbedarf.
Titelbild
Die Kunsthalle in Bremen digitalisiert in einem mehrjährigen Projekt den gesamten Bestand ihres Kupferstichkabinetts.Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Epoch Times28. Januar 2017

Das Original ist durch nichts zu ersetzen. Aber die Digitalisierung von Kunstwerken und historischen Dokumenten macht diese nicht nur weltweit zugänglich, sondern bewahrt sie auch für den Fall einer Zerstörung.

So sind etwa viele Schätze des 2009 eingestürzten Stadtarchivs Köln unwiederbringlich verloren. „Wir hätten sie noch, wenn sie rechtzeitig digitalisiert worden wären“, bedauert die Vizepräsidentin der Uni Mainz, Mechthild Dreyer, zum Auftakt eines Fachgesprächs des Mainzer Zentrums für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften (mainzed) in Mainz.

Es gibt kaum ein größeres Museum, das seine Sammlungen nicht für Betrachter im Internet zugänglich macht. Die Kunsthalle in Bremen hat mit Skulpturen und Gemälden angefangen. Jetzt werden in einem mehrjährigen Projekt auch Radierungen, Zeichnungen oder Aquarelle des Kupferstichkabinetts digitalisiert, darunter Werke von Dürer, Rembrandt und Spitzweg. Mehr als 200 000 Blätter vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart kommen so nach und nach in den Online-Katalog der Kunsthalle.

„So interessant und nützlich die digitalen Angebote auch sind, so faszinierend ist doch das Original“, sagt Chantal Eschenfelder vom Städel-Museum in Frankfurt am Main. Daher „können wir keinen Besucherrückgang feststellen, sondern eher einen Zuwachs des Interesses“. Und wenn das Museum Zuschriften etwa aus Kiew erhalte, mache dies deutlich, dass das Museum jetzt Menschen anspreche, die mit dem analogen Vor-Ort-Programm sonst kaum erreicht worden wären. 

Die Möglichkeiten der Digitalisierung reichen dabei weit über das Einscannen von Bildern hinaus. Der Museumsreferent vom Mainzer Wissenschaftsministerium, Kai-Michael Sprenger, schwärmt von rein virtuellen Museen mit faszinierenden Möglichkeiten – wie Spaziergänge durch das Venedig des 16. Jahrhunderts.

In eine mittelalterliche Bremer Kogge eintauchen können die Besucher des Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven. „Wir haben in Zusammenarbeit mit Google auch das ganze Museum digitalisiert“, sagt Museumsdirektorin Ursula Warnke. „Wir erhoffen uns davon eine größere Reichweite.“ Die Museen müssten zudem Strategien entwickeln, um den Anforderungen zu entsprechen, die eigene Forschung sichtbarer zu machen und dabei den Forderungen nach Open Data (frei verfügbare Daten) und Open Access (freier Zugang zu Forschungsergebnissen) gerecht zu werden.

Dabei gebe es allerdings noch etliche Hürden, kritisiert der Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, Alfried Wieczorek. Es fehle an finanziellen Mitteln, um die Digitalisierung voranzutreiben und auch eine „anständige rechtliche Grundlage“ dafür. Zumindest für die kommerzielle Nutzung sollten Museen weiterhin Rechte beanspruchen für die Werke in ihrem eigenen Bestand. Die Entwicklung dürfe nicht von Großunternehmen bestimmt werden. „Das Museum arbeitet für die Gesellschaft und nicht für eine Gesellschaft wie Google.“

Dabei geht es um weit mehr als um Kulturgeschichte. Das digitalisierte Kulturerbe sei auch die Grundlage für Neuschöpfungen, sagt die Geschäftsführerin der Deutschen Digitalen Bibliothek, Ellen Euler. „Was nicht im Netz ist, ist auch nicht verfügbar.“ (dpa)



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