Nach dem Abschied – Von Franz Werfel

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Ich geh herum, zusammgefaßt und scheu aus Angst vor meines Herzens Überschwellen. Im Haus versuche ich mich blind zu stellen. Denn Zeit ist treulos, aber Raum ist treu.Foto: iStock
Von 17. Februar 2020

Nach dem Abschied

Wie ich dich lieb hab, hätt‘ ich’s doch gewußt,

Bevor uns überfiel dies rasche Scheiden!
Ich bin ganz blutarm von so viel Erleiden.
Warum wird man bewußt erst durch Verlust?

Was gestern du berührtest, starrt nun leer.
Die Dinge sind wie tiefgekränkte Tiere.
Mein Leben nicht, das deine war das ihre,
Und darum haben sie kein Leben mehr.

Ich geh herum, zusammgefaßt und scheu
Aus Angst vor meines Herzens Überschwellen.
Im Haus versuche ich mich blind zu stellen.
Denn Zeit ist treulos, aber Raum ist treu.

Im Raum hier nebenan dein Leben schwang.
Hier atmetest du, singend, lachend, sprechend.
Und ich, und ich – wie ist das herzzerbrechend,
Nahms an, nahms hin, und war nicht einmal bang.

Franz Werfel  (1890 – 1945)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion