Brandbrief gipfelt in „Zeckenjagd“: Zwei Lehrer aus Burg beantragen Versetzung

Hitlergruß, Hakenkreuze auf Schulmobiliar, rechtsextreme Musik auf den Schulfluren. Nachdem zwei Lehrkräfte die täglich stattfindenden rechtsextremistischen Vorfälle an ihrer Schule in Burg im Spreewald öffentlich gemacht haben, haben sie nun die Reißleine gezogen und ihre Versetzung beantragt. Grund waren zunehmende Anfeindungen.
Der Lehrer Max Teske und seine Kollegin Laura Nickel haben einen Brandbrief über rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule veröffentlicht.
Der Lehrer Max Teske und seine Kollegin Laura Nickel haben einen Brandbrief über rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule veröffentlicht.Foto: Patrick Pleul/dpa
Von 16. Juli 2023

Angefangen hatte alles mit einem anonymen Brandbrief im April, den Max Teske mit seiner Kollegin Laura Nickel verfasst hatte. „Wir wenden uns an die Öffentlichkeit, da wir in unserem Arbeitsalltag als Schulpersonal an einer Schule im Spree-Neiße-Kreis täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert werden und nicht mehr länger den Mund halten wollen.“ Lehrer und Schüler, die offen gegen rechtsorientierte Schüler- und Elternhäuser agierten, fürchten um ihre Sicherheit, hieß es in dem Schreiben.

Und weiter: „Wir erleben eine Mauer des Schweigens und der fehlenden Unterstützung seitens Schulleitungen, Schulämtern und Politik bei der Bekämpfung demokratiefeindlicher Strukturen, sowohl in der Schüler- und Elternschaft als auch bei den Kollegen.“

Eigentlich sollte mit dem Brandbrief die Schule zu einem besseren Ort für alle werden. Doch statt der erhofften Verbesserung wurde alles nur noch schlimmer.

In sozialen Medien wurde zur offiziellen „Zeckenjagd“ auf die zwei namentlich benannten Lehrer der „Mina Witkojc“-Schule aufgerufen. Aufkleber und Plakate mit einem Foto der beiden und der Aufschrift „’pisst Euch nach Berl*in“  tauchten an verschiedenen Stellen in der brandenburgischen Gemeinde Burg auf, die um ihren guten Ruf als Touristenort fürchtete.

Der Staatsschutz nahm Ermittlungen auf und stellte die beiden Lehrer unter Polizeischutz.

Kritik aus der Elternschaft

Es gab auch Gegenwind aus der Elternschaft. Einige Elternvertreter kritisierten die Schulleitung in einem Brief dafür, dass das Thema „Rechts“ nicht intern besprochen wurde. Es gebe keine Beweise, keine bestätigten Fakten und vor allem, es sei nichts passiert.

Als Eltern seien ihnen keine Vorkommnisse dieser Art bekannt. Jedenfalls würden diese nicht die gesamte Schule widerspiegeln. In dem Schreiben forderten die Eltern die Entlassung der beiden „Lehrer“, die als Quereinsteiger „ohne große Lebenserfahrung“ bezeichnet wurden. Sie seien politisch aktiv und hätten ihr eigenes Bild von Demokratie, hieß es.

Wie die „Tagesschau“ berichtete, ist der 31-jährige Teske gelernter Erzieher. Er kam vor vier Jahren als Quereinsteiger an die Schule in Burg. Seine 34-jährige Kollegin unterrichte „seit fast zehn Jahren“. Bisher habe sie an keiner Schule mit solchen rechten Strukturen zu tun gehabt.

Bildungsminister verurteilt Anfeindungen gegen Lehrer

Nach dem Bekanntwerden des Briefes am 25. April führte das Staatliche Schulamt Gespräche mit der Schulleitung der Grund- und Oberschule Burg, wie aus einer Chronologie des Bildungsministeriums Brandenburg hervorgeht. Auch die weiterführenden Schulen des Schulamtsbezirks wurden über den Fall unterrichtet. Ende April stellte das Ministerium zwei Schulräte ausschließlich für die Prüfung der Vorgänge innerhalb der Schule ab.

Bildungsminister Steffen Freiberg sagte: „Ich bin erschrocken über die neue Qualität von Hass und Gewalt, die die gesellschaftliche Atmosphäre in der Gemeinde Burg belastet. Die Anfeindungen gegen die Lehrkräfte verurteile ich auf das Schärfste. Insbesondere unverblümte Gewaltaufrufe in sozialen Medien dürfen nicht unwidersprochen bleiben.“

Er erwartete, dass die „herabwürdigenden“ Aufkleber und Plakate entfernt werden. Das Schulamt prüfe zudem strafrechtliche Konsequenzen. Gleichzeitig bestärkte der Minister Lehrer und Schüler darin, „Extremismus nicht hinzunehmen und für unsere demokratischen Werte einzustehen“.

Teske hingegen übte an den Schulbehörden Kritik. „Niemand hat sich vor uns gestellt und ganz offen gesagt, dass sie uns unterstützen und alles Mögliche dafür tun werden, dass Rechtsextremismus keinen Platz an Schulen hat“, sagte er mit Blick auf das Schulamt in Cottbus und das Bildungsministerium. Stattdessen habe es zahlreiche Lippenbekenntnisse gegeben. „Aber das reicht nicht aus.“

Inzwischen haben die beiden Lehrkräfte einen Versetzungsantrag eingereicht.

Wenn Lehrkräfte gehen, die sich für demokratische Werte einsetzen, dann läuft hier irgendetwas schief“, so Teske.

„Noch kein Flächenbrand, aber es nimmt zu“

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hält ein konsequentes Vorgehen für nötig. „Die Vorgänge an der Brandenburger Schule sind ein Alarmzeichen“, sagte sie der „Welt am Sonntag“. Freiheit, Demokratie, Toleranz und Pluralität müssten, wenn nötig, von allen verteidigt werden.

Nach Aussage von Brandenburgs Verfassungsschutzchef Jörg Müller muss die Entwicklung in Burg mit großer Sorge betrachtet werden. Er geht aber davon aus, dass es sich dabei nicht um eine Brandenburger Besonderheit handelt.

Günther Fuchs, Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sagte gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) zu Fällen von Rechtsextremismus an Schulen: „Es ist noch kein Flächenbrand, aber es nimmt zu.“ In zunehmendem Maße würden sich Lehrkräfte in dieser Beziehung an die Gewerkschaft wenden und um Rat bitten.

(Mit Material von dpa)



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