Mikroben gegen COVID-19: Wie unsere Darmbewohner uns vor schweren Verläufen schützen

Das Mikrobiom und das Immunsystem sind untrennbar miteinander verbunden. Nun stellten Forscher fest, dass bestimme Darmbakterien einen schweren COVID-19-Verlauf verhindern können.
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Gute Darmbakterien arbeiten mit der Lunge zusammen und können uns vor Atemwegsinfekten schützen.Foto: Oleksandra Troian/iStock
Von 15. März 2024

Im Verdauungstrakt eines Erwachsenen leben etwa 100 Billionen Mikroben – zehnmal mehr als menschliche Zellen. Zusammen wiegen sie etwa zwei Kilogramm. Diese Organismen sind Wächter des Immunsystems und können bei der Beseitigung von Viren helfen.

Immer mehr Forschungsergebnisse zeigen nun, dass eine gesunde Darmflora vor einem schweren COVID-19-Verlauf und seinen Folgen schützt.

Bestimmte Darmbakterien können Atemwegsviren inaktivieren

In diesem Zusammenhang erschien kürzlich eine Studie in der Fachzeitschrift „Cell Host & Microbe“. Darin untersuchten Forscher in Tierversuchen die Auswirkungen der Zusammensetzung der Darmmikrobiota auf Virusinfektionen der Atemwege. Den Ergebnissen zufolge können segmentierte filamentöse Bakterien (SFB) im Darm Mäuse vor der Virusgrippe, dem respiratorischen Synzytialvirus (RSV) und SARS-CoV-2 schützen.

Andere Studien zeigten bereits, dass SFB, ob natürlich vorhanden oder erworben, virale Infektionen mithilfe von Alveolarmakrophagen in der Lunge bekämpfen können. Alveolarmakrophagen sind Immunzellen, die als eine der ersten Verteidigungslinien gegen Krankheitserreger der Atemwege dienen.

Bei Mäusen ohne SFB wurden diese Immunzellen mit fortschreitender Infektion rasch dezimiert. Waren die SFB im Darm der Mäuse vorhanden, veränderten sich die Alveolarmakrophagen, um den durch das Influenzavirus ausgelösten Entzündungssignalen zu widerstehen. Ferner deaktivierten sie das Influenzavirus direkt.

Die Darm-Lungen-Achse

Wie können sich Darm und Lunge beeinflussen, obwohl sie unterschiedliche Funktionen haben? Das kommt daher, dass sie aus demselben embryonalen Gewebe stammen und somit gemeinsame strukturelle Merkmale aufweisen. Sowohl der Darm als auch die Lunge sind mit Schleimhäuten bedeckt. Diese Membranen scheiden Muzine (Schleimstoffe) aus und bilden zusammen ein Schleimhautimmunsystem, das Krankheitserreger abwehrt.

Forscher stellten im Zusammenhang mit COVID-19 eine bidirektionale und komplexe Beziehung zwischen Darm und Lunge fest. So wirken von der Mikrobiota abgeleiteten Stoffwechselvorgänge auch außerhalb des Darms und spielen eine wichtige Rolle bei entzündungshemmenden Reaktionen in den Atemwegen.

Es sei wahrscheinlich, dass neben den SFB auch andere Darmmikroben die Immunzellen in der Lunge beeinflussen, sagte der Co-Autor der Studie, Dr. Andrew Gewirtz, in einer Pressemitteilung.

Sein Kollege und Co-Autor Dr. Richard Plemper fügte hinzu, dass unter den Tausenden Mikrobenarten, die den Mäusedarm bewohnten, eine häufige Begleitmikrobe einen signifikanten Einfluss auf Infektionen mit Atemwegsviren habe. Die Studienergebnisse, falls sie auf menschliche Infektionen übertragbar seien, können erhebliche Auswirkungen auf die Risikobewertung des Krankheitsverlaufs bei Patienten haben, meinte er.

Eine schwache Darmflora und virale Atemwegsinfekte

Unter diesen Umständen kann man sagen, dass Veränderungen in der Darmmikrobiota eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Schwere und des Verlaufs einer COVID-19-Infektion und der Komplikationen nach der Genesung spielen. Auch die Veränderungen spezifischer Mikrobiota-Spezies und von Mikroben abgeleiteter Stoffwechselprodukte sind dabei relevant.

So ist eine verringerte Konzentration von Metaboliten (Zwischenprodukte) des Darmmikrobioms – sekundäre Gallensäuren und Desaminotyrosin – mit einem erhöhten Risiko für Atemversagen und Sterblichkeit verbunden. Das ist das Ergebnis einer Analyse von Stuhlproben von 102 Patienten mit einer schweren COVID-19-Infektion aus dem Jahr 2022.

Einer anderen Studie zufolge zeigten Patienten, die mit COVID-19 infiziert waren, eine Abnahme von Bakterien mit immunregulierenden Fähigkeiten im Körper. Dazu gehören unter anderem Faecalibacterium prausnitzii sowie einige Bakterien aus den Familien der Laktobazillen und Bifidobakterien.

Darüber hinaus entwickeln Patienten, die sich einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation unterziehen, häufig Infektionen mit Atemwegsviren. Wie eine Analyse der Mikrobiota dieser Patienten ergab, nahm bei Personen, die weniger Butyrat-produzierende gute Darmbakterien aufwiesen, das Auftreten von viralen Atemwegsinfektionen um das Fünffache zu.

Ernährung, Darmgesundheit und Immunsystem

Eine gesunde Darmflora ist folglich für ein robustes Immunsystem unerlässlich. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Ernährung, besonders mit Probiotika.

Laut einer retrospektiven Kohortenstudie erholten sich COVID-19-Patienten nach einer Behandlung mit Probiotika schneller von der Krankheit als die Kontrollgruppe. Ihr Fieber nahm schneller ab, sie konnten schneller aus dem Krankenhaus entlassen werden und hatten weniger Virusausscheidungen. Eine weitere Studie zeigte, dass die Probiotikabehandlung die Dauer des Durchfalls bei schwer kranken COVID-19-Patienten deutlich verkürzte.

Ferner untersuchten Forscher in einer Studie aus dem Jahr 2021 die Auswirkungen der Essgewohnheiten auf die COVID-19-Infektion, die Schwere der Symptome und die Dauer der Erkrankung.

Die Studie umfasste 2.884 Angestellte des Gesundheitswesens aus sechs verschiedenen Ländern. Den Ergebnissen nach erkrankten Teilnehmer, die sich entweder hauptsächlich pflanzlich oder pescatarisch ernährten (das heißt kein Fleisch, aber Fisch), seltener als die Kontrollgruppe an einer mittelschweren bis schweren COVID-19-Infektion.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Alteration of Gut Microbiota Affects the Severity and Complications of COVID-19“. (redaktionelle Bearbeitung as)



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